Die Schweizer Börse gemessen am Swiss Market Index (SMI) hat seit Anfang September knapp 7 Prozent verloren. Insbesondere seit dem Angriff der Hamas auf Israel hat der Leitindex deutlich korrigiert, so dass die Bilanz seit Jahresbeginn mit minus 3 Prozent rot gefärbt geworden ist. Gleichzeitig haben der grösste Teil der börsenkotierten Unternehmen Quartalszahlen geliefert - teils überraschend gute, teils geprägt von der konjunkturellen Wachstumsverlangsamung.

Gerade in dieser Marktlage bieten Management-Transaktionen einen Einblick darin, wie Verwaltungsräte oder Geschäftsleitungsmitglieder den Geschäftsgang und den Ausblick des eigenen Unternehmens beurteilen. Diese müssen der Börsenaufsicht gemeldet und danach vom Schweizer Börsenbetreiber SIX hier publiziert werden. Viele Unternehmen befinden sich vor den Quartalsabschlüssen aber in einer selbst auferlegten «Quiet Period». In dieser Phase wird nichts nach aussen kommuniziert, oft gelten auch Restriktionen beim Kauf und Verkauf von firmeneigenen Aktien.  

Wenn ein Manager Aktien der eigenen Firma kauft, ist dies in der Regel ein positives Zeichen. Das Gegenteil gilt theoretisch für den Verkauf. Trotzdem sollten Anleger bei der Interpretation kritisch sein - gerade bei Verkäufen. Es gibt viele Gründe für einen kurzfristigen Cash-Bedarf: Die Steuerrechnung, eine teure Scheidung oder eine Krankheit - oder es handelt sich um eine Management-Entschädigung. Doch auch Käufe sind trügerisch, decken sich doch gerade neue Manager aus Überzeugung und «rosaroter Brille» - unabhängig von den tatsächlichen Aussichten - mit Aktien des eigenen Unternehmens ein.

All dies hat zur Folge, dass sich genüsslich darüber spekulieren lässt, was die jeweiligen Management-Transaktionen in der Konsequenz bedeuten. Dies hat zur Folge, dass sich über Management-Transaktionen genüsslich spekulieren lässt. Sie können im positiven oder negativen Sinne zu überzogenen Ansichten über eine Aktie und deren potenzieller Rendite führen. Grundlage für eine vollumfängliche Handelsstrategie sind die Management-Transaktionen daher sicherlich nicht, sie sollten aber bei einer Gesamtbetrachtung miteinbezogen werden.

Seit Anfang September hat die Teppichetage von Schweizer Firmen dennoch mit Wertschriften im Wert von knapp 150 Millionen Franken gehandelt, wobei der grössere Teil - knapp 110 Millionen Franken - auf Käufe zurückgeht. cash.ch mit einem Überblick zu denjenigen Schweizer Aktien, bei denen Manager besonders auffällige Zu- und Verkäufe getätigt haben:

Mikron - Familie Amman-Schellenberg?

Beim Präzisionsmaschinenhersteller Mikron hat ein Verwaltungsratsmitglied Anfang dieser Woche Aktien im Wert von 15 Millionen Franken gekauft. Dabei wurde die Transaktion von einer nahestehenden juristischen Person abgeschlossen. Der Verdacht fällt dabei auf Hans-Christian Schneider, der CEO der Amman Gruppe in Langenthal ist. Die Holdinggesellschaft Ammann Group Holding AG der Familie Ammann-Schellenberg besitzt bereits 41 Prozent der Mikron-Aktien. Die vollzogene Transaktion ist mit gehörigem Abstand die grösste in den vergangenen drei Jahren und kann als Commitment zum Unternehmen interpretiert werden.

Dabei gehören die Aktien des Unternehmens aus Biel zu den Überfliegern in diesem Jahr - 53 Prozent -, was durch den starken Geschäftsgang gestützt ist. Sowohl Umsatz als auch Gewinn wurden im ersten Halbjahr kräftig gesteigert. Diese bestätigen auch die erfolgreichen Restrukturierungsmassnahmen des Jahres 2020. Mikron verfügt nun über eine optimierte Kostenstruktur und ein weniger zyklisches Engagement in den Endmärkten. 

Lindt & Sprüngli - Kein Grund zur Aufregung?

Ein oder mehrere Mitglieder der Geschäftsleitung haben seit Anfang September in zehn Transaktionen Partizipationsscheine im Wert von knapp 5,8 Millionen Franken veräussert. Dies, nachdem der Titel seit Mitte Juni an der Börse den Rückwärtsgang eingelegt hat - das Jahreskursplus ist auf 6 Prozent zusammengeschrumpft. Stehen diese Transaktionen wie oftmals in der Vergangenheit im Zusammenhang mit dem Optionsprogramm für Mitarbeitende und sind Teil unseres Vergütungsmodells?

Bis jetzt hat der Premiumschokoladehersteller die eingetrübte Konsumentenstimmung nicht zu spüren bekommen: Lindt & Sprüngli hat im ersten Halbjahr 2023 deutlich mehr Umsatz gemacht und viel mehr verdient. Analysten gehen davon aus, dass das Unternehmen über eine branchenweit einmalige Preisgestaltungmacht verfügt und die höheren Kakaopreise über Preiserhöhungen weitergeben kann.

SIG Group - Baut Verwaltungsmitglied den Einfluss weiter aus?

Beim Verpackungsspezialisten hat eine juristische Person, die einem Verwaltungsratsmitglied nahesteht, Mitte September Aktien im Wert von 10 Millionen Franken in Form von Wandelrechten übernommen. Es könnte sich dabei um CLIL Holding handeln, die mit gut 9 Prozent der grösste Aktionär des Verpackungsherstellers ist. Diese gehört dem Verwaltungsmitglied Laurens Last. Seit Juni summieren sich die im gleichen Stil erworbenen Wandelrechte auf 40 Millionen Franken. Die SIG Group wollte die Management-Transaktionen gegenüber cash.ch nicht kommentieren.

Die Aktien sind dabei bis Mitte Mai deutlich angestiegen, haben aber seither deutlich korrigiert, so dass seit Jahresbeginn ein Kursminus von 4 Prozent resultiert. Dabei hat der weltweit tätige Verpackungskonzern im dritten Quartal bei allen wichtigen Kennzahlen zugelegt und den Ausblick für das Gesamtjahr bestätigt. Insbesondere das starke organische Wachstum und das solide Margenniveau mag Analysten überzeugen, die laut Bloomberg-Daten den Titel 33 Prozent höher sehen.

UBS - Gewinnmitnahmen von Geschäftsleitungsmitgliedern?

Anfang September verkauften ein oder mehrere Mitglieder der Geschäftsleitung in acht Transaktionen Aktien im Wert von 16 Millionen Franken der Grossbank. Für einige Transaktionen kommen laut Bloomberg-Daten - per Ende 2022 - nur Edmund Koh, Sabine Keller-Busse und Robert Karofsky in Frage. Genau zum gleichen Zeitpunkt haben die Aktien der UBS den diesjährigen Höchststand bei knapp 24 Franken erreicht, um kurz danach bis heute zu korrigieren - das Kursplus seit Jahresbeginn beträgt trotzdem noch 25 Prozent. Die UBS hat auf eine entsprechende Anfrage von cash.ch nicht geantwortet.

Der Verkauf erfolgte kurz nach den Zahlen zum zweiten Quartal: Die UBS hat dank der Übernahme der Credit Suisse einen Rekordgewinn erzielt. Da der Kaufpreis für die ehemals zweitgrösste Schweizer Bank deutlich unter dem Buchwert lag, konnte die UBS einen sogenannten negativen «Goodwill» in Milliardenhöhe verbuchen. 

Der Zeitpunkt wirft Fragen auf: Insbesondere da einige Marktbeobachter weiter vor substanziellen Risiken im Zusammenhang mit dem CS-Geschäft, offenen Rechtsfälle oder der Schwäche in Asien warnen. Geht es nach der Mehrheit der Analysten war der Zeitpunkt aber trotzdem nicht optimal - Langfristig sehen diese laut Bloomberg-Daten ein durchschnittliches Aufwärtspotenzial von 27 Prozent.

Aryzta und Polypeptide - Buy low, sell high?

Mit einem Kursplus von 44 Prozent seit Jahresbeginn gehört der Backwarenkonzern Aryzta zu den Gewinnern an der Schweizer Börse. Der wichtigste Faktor für die Erfolgsgeschichte an der Börse ist die konsequente Umsetzung der Restrukturierung des Unternehmens, seit Interim CEO Urs Jordi im November 2020 die Führung übernommen hat. Das zeigt sich auch in den jüngsten Geschäftszahlen: Aryzta hat im Ende Juli abgelaufenen Geschäftsjahr 2022/23 mehr Umsatz erzielt und ist dabei deutlich profitabler geworden. Für seine Mittelfristziele bis 2025 gibt sich das Management entsprechend optimistisch.

Kurz nach der Bekanntgabe des erfreulichen Zahlenkranzes Anfang Oktober treten ein oder zwei Verwaltungsratsmitglieder als Verkäufer in Erscheinung: In zwei Transaktionen werden Aktien im Umfang von knapp 2,3 Millionen Franken verkauft. Vermutlich handelt es sich laut aktuellsten Bloomberg-Daten (Juli 2021) dabei um Heiner Kamps oder Jürg Riboni - nur diese verfügen über den notwendigen Aktienbestand.

Eine ganz andere Geschichte bei Poypeptide: Beim Pharmaauftragsfertiger haben Anfang Oktober ein oder zwei Mitglieder der Geschäftsleitung in zwei Transaktionen Aktien im Wert von 3,2 Millionen Franken gekauft. Dies zu einem Zeitpunkt, als der Titel wiederholt Jahrestiefststände erzielte - ebenfalls jüngst, so dass das diesjährige Kursminus bei 37 Prozent zu liegen kommt.

Die Nummer zwei hinter Bachem hat ein anspruchsvolles Halbjahr hinter sich. Polypeptide  bestätigte mit den Halbjahreszahlen Mitte August seine frühere Prognose, dass im Gesamtjahr 2023 unter anderem wegen der schnellen Expansion des Geschäftes ein Verlust anfallen werde. Zuletzt hat sich das Unternehmen frische Mittel gesichert.

Zwar könnte der tiefe Fall nun «mutige Jäger» auf den Plan rufen, welche auf dem aktuell gedrückten Niveau zugreifen möchten. Doch das Vertrauen scheint ramponiert und die Erholung der Profitabilität braucht nach Angabe des Unternehmens Zeit. Nach den Käufen durch das Management bleibt für jeden Investor die Gretchenfrage, ob der Zeitpunkt für einen Zukauf schon gekommen ist, ober ob es dafür noch zu früh ist.

ManuelBoeck
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