Vor drei Monaten setzte das Anlagekomitee der Credit Suisse (CS) Aktien inmitten der Omikron-Panik der Coronaviruswelle von Übergewichten auf Neutral. Nun setzen die obersten Analysten der Bank die Anlageklasse wieder zurück auf Übergewichten. "Das Sentiment scheint an einem Wendepunkt angelangt zu sein", heisst es in einer Mitteilung der Bank. Die CS spricht angesichts der dramatischen Ereignisse in der Ukraine von nicht weniger als den "Folgen fürs Anlegen in einer neuen Weltordnung". 

Die CS setzt dabei US-Aktien wieder auf Übergewichten. Noch Anfang Jahr waren die USA für viele Banken ein "Markt zum Verlassen": Die angekündigte Zinswende liess Wachstumstitel einbrechen und vermieste das Bild der US-Aktienmärkte. Die CS schreibt nun selbst, dass sie jetzt die Gelegenheit beim Schopf packe, eine "Contrarian-Entscheidung" zu treffen. 

Die Bank wagt sich in der Tat weit nach vorne. "Attraktives Aufwärtspotential" sehen die CS-Strategen ausgerechnet auch bei China-Aktien. Als Grund nennen sie tiefe Bewertungen und ein vorteilhaftes regulatorisches Umfeld. Vergangenes Jahr noch schwammen China-Aktien, vor allem im Technologiesektor, wegen stärkeren Drucks der Regierung im Verkaufsstrudel. Nun, nach dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs, löst Pekings relative Nähe zum Aggressor Russland Nervosität aus. Vor wenigen Tagen schreckten auch Corona-Ausbrüche in China und Lockdowns in wichtigen Städten wie dem Wirtschaftszentrum Shenzhen die Märkte auf. 

Nichts davon stellt laut dem CS-Anlagekomitee um Michael Strobaek derzeit ein massives Risiko dar. Untermauert wird die Entscheidung durch deutlich veränderte Bewertungsdaten. Der Nasdaq Golden Dragon Index ist laut Bloomberg am Montag auf ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 13,6 zurückgefallen. Im Juni 2021 noch betrugen die Kurse das 41-fache der Gewinne. Dies war, bevor die Staatsführung anfing, gegen die ihrer Meinung nach zu einflussreiche Tech-Branche vorzugehen. 

Die Bewertung des Nasdaq Golden Dragon Index für in den USA getradete Unternehmen mit Hauptgeschäft in China handelt zu einem historischen Tief vis-à-vis zum S&P 500 (Grafik: Bloomberg).

Die Bärenmärkte, wie sie seit Anfang 2022 wegen Zinserhöhungen der US-Notenbank Fed und wegen des russischen Einmarsches in der Ukraine entstanden sind, könnten laut der CS bald wieder der Vergangenheit angehören. Schon diese Woche hat sich das Sentiment für die Risiko-Anlageklasse Aktien verbessert. Die Märkte setzen Hoffnungen in Gespräche zwischen der Ukraine und Russland und fühlen sich durch Aussagen des Fed-Offenmarktausschusses beruhigt, die nach der Zinserhöhung am Mittwoch die Runde machten: Die US-Notenbank glaubt weiter an wirtschaftliches Wachstum, wenn auch ein abgeschwächtes. 

Die Optimisten bei des CS quittieren dies wie folgt: "Die positive Marktreaktion auf die Betrachtungen des Offenmarktausschusses legt nahe, dass die Märkte nun genug Zeit hatten, sich an den neuen Konjunkturausblick zu gewöhnen", heisst es in einer Kommentar. Auch wenn das CS-Anlagekomitee immer noch hohe Unsicherheit im Ukraine-Krieg sieht, glaubt es, "Hoffnungs-Schimmer" zu sehen. Komplettiert werden die positiven Annahmen der CS durch die Tatsache, dass die Rohstoffpreise wieder gefallen sind. Durch den Ukraine-Krieg etwa ist der Preis für ein Fass des Nordsee-Mixes Brent auf bis zu 139 Dollar gestiegen. Inzwischen notierte der Preis zwischenzeitlich wieder leicht unter 100 Dollar. Dies reduziert laut CS das Risiko eines Stagflations-Schocks. 

Der Kursanstieg der US-Techbörse Nasdaq nach der Fed-Ankündigung am Mittwoch von 3,7 Prozent deutete eine Bewegung weg vom Bärenmarkt an. Anfang März segelte der Nasdaq laut Definition ins Bärenmarkt-Territorium. 

Mit Material der Nachrichtenagentur Bloomberg.