Wenn Verwaltungsräte und Top-Manager auf privater Basis Aktien von der eigenen Firma kaufen oder veräussern, dann schauen Börsianer genau hin. Kauft die Teppichetage Wertpapiere, kann dies zur Annahme führen, dass sie ihr Unternehmen und damit den künftigen Aktienkurs in einer guten Phase sieht. Ein Verkauf dagegen kann als negatives Signal gedeutet werden - wobei ausserbetriebliche Motive eine Rolle spielen können wie etwa einen kurzfristigen Cash-Bedarf für Steuern oder den Kauf einer Immobilie.

Solche Geschäfte sind öffentlich einsehbar und müssen ab einem Volumen von 100'000 Franken monatlich bei der Swiss Exchange Regulation gemeldet werden. Was die Firmen nicht bekannt geben müssen, sind die Namen und auch nicht die Motive hinter den Transaktionen. 

In der jetzigen Phase - nachdem viele Unternehmen ihre Halbjahreszahlen veröffentlicht haben - sind die Management-Transaktionen besonders interessant. Dabei sind einige grössere Transaktionen aufgefallen.

Hier haben Schweizer Firmenverantwortliche Aktien verkauft

Seit Ende Juli kam es bei Kühne+Nagel in fünf Transaktionen Aktien im Wert von 2,88 Millionen Franken zu Aktienverkäufen. Fast die Hälfte dieser Summe ging auf das Konto eines Geschäftsleitungsmitgliedes. Ein cash-Leser vermutet Detlef Trefzger hinter den Verkäufen, der den CEO-Posten Anfang August Stefan Paul übergab und in den Verwaltungsrat wechselt.

Bei den drei anderen Verkäufen liegt die Vermutung nahe, dass Ehrenpräsident, Mehrheitsaktionär und Milliardär Klaus-Michael Kühne hinter den Geschäften stecken könnte. Er ist auch Hauptaktionär der Reederei Hapag-Lloyd, Grossaktionär der Lufthansa und stieg zum zweitgrössten Aktionär bei Signa Prime auf. Kühne könnte Finanzierungsbedarf bei diesen Engagements gehabt haben. Interessant ist, dass ein (oder derselbe Verwaltungsrat) von Kühne noch im ersten Halbjahr durchgehend und nicht zu knapp Aktien dazugekauft hatte - zu weit höheren Kursen als dem aktuellen.

Kühne+Nagel steigerte den Umsatz im ersten Halbjahr um rund 50 Prozent, der Gewinn hat sich mehr als verdoppelt. Analysten sehen beim Logistikkonzern mittelfristig allerdings eine Abflachung der Dynamik, die in den letzten Quartalen erzielt wurde.

Aktienkursentwicklung von Kühne+Nagel in den letzten drei Jahren (Quelle: cash.ch).

Ein auffälliger Dauergast bei den privaten Wertpapier-Verkäufen durch Manager und Verwaltungsräte ist Lindt & Sprüngli. Seit Ende März kam es in nicht weniger als 20 Transaktionen zu Wertpapierverkäufen von insgesamt über 25 Millionen Franken. Die Hälfte der Verkäufe im Wert von rund 10 Millionen Franken fanden von Juli bis heute statt. Dabei handelte es sich immer um Partizipationsscheine, und Ausführende(r) war immer ein Mitglied der Geschäftsleitung. 

Die Lindt-Partizipationsscheine (und auch die Namenaktien) verloren in diesem Jahr in der Spitze bis 30 Prozent, die Jahresperformance lautet jetzt noch minus 18 Prozent. Operativ spricht eigentlich nichts für Aktienverkäufe: Der Hersteller von Premiumschokolade hatte im ersten Halbjahr Umsatz und Gewinn deutlich gesteigert und über den Erwartungen abgeschnitten. Für das Gesamtjahr hob Lindt sein Wachstumsziel an. Zudem gab Lindt ein neues Aktienrückkaufprogramm von 1 Milliarde Franken bekannt.

Die Aktie des Vermögensverwalters Julius Bär fiel Anfang Juli auf den tiefsten Stand seit Oktober 2020. In diesem Umfeld verkaufte ein Verwaltungsrat in drei Schritten Aktien im Wert von fast 1 Million Franken. Julius Bär-CEO Philipp Rickenbacher sprach bei der Publikation der Halbjahreszahlen vom "schlechtesten Halbjahr seit Jahrzehnten" an den Aktien- wie auch den Anleihenmärkten. Es bescherte der Bank einen empfindlichen Gewinnrückgang. Seit Mitte Juli haben die Aktien aber wieder 20 Prozent zugelegt.

Hier haben Schweizer Firmenverantwortliche Aktien gekauft

Manager und Verwaltungsräte scheinen beim Elektronik-Komponenten-Hersteller Lem aus Fribourg besonders optimistisch zu sein. In neun Transaktionen haben sie seit Anfang Juli Aktien im Wert von rund 1 Million Franken gekauft. Das erstaunt ein wenig, gab sich das Unternehmen mit Blick auf das zweite Halbjahr doch ziemlich vorsichtig. Trotz einer Aufwärtstendenz in den letzten vier Wochen verzeichnen die Aktien noch immer eine Jahresminusperformance von rund 30 Prozent.

Zuversichtlich ist auch die Teppichetage des Reisedetailhändlers Dufry - und es wäre ein schlechtes Zeichen, wenn sie es nicht wären: Am 11. Juli gab Dufry die Übernahme der italienischen Autogrill bekannt. Seither haben ein oder mehrere Top-Manager Aktien im Wert von über 8 Millionen Franken gekauft. Die Aktien sind seit der Deal-Bekanntgabe 25 Prozent gestiegen, befeuert auch durch gute Halbjahreszahlen. Die Zürcher Kantonalbank tritt aber etwas auf die Spassbremse und warnt Investoren, dass es sich bei der Autogrill-Integration um ein "herausforderndes und zeitintensives" Projekt handle.

Aktienkursentwicklung von Dufry in den letzten drei Jahren (Quelle: cash.ch).

Bei AMS Osram bekommt ein Aktienkäufer ausnahmsweise auch einen Namen: Wolfgang Leitner, ehemaliger Andritz-Chef und Verwaltungsrat vom AMS Osram, hat Anfang August laut Agenturberichten in zwei Transaktionen börslich und ausserbörslich eine Million Aktien von AMS Osram gekauft und somit mehr als 8 Millionen Franken investiert. Das Kursminus der Aktie beträgt auf Sicht der letzten sechs Monate aber noch immer über 50 Prozent. Wenigstens hat der Titel in den letzten vier Handelswochen rund 6 Prozent zugelegt.

Wichtige Signale kommen von zwei kleineren Firmen: Beim Unterwäsche- und Lingerie-Hersteller Calida hat ein Verwaltungsrat kürzlich 1000 Aktien für 41'000 Franken erworben. Die Aktie war Anfang Juli auf ein Zwölf-Monate-Tief abgesackt und hat sich seither deutlich erholt - unter anderem auch deshalb, weil die Gründerfamilie Kellenberger ihre Beteiligung verkaufen will.

Beim Küchen- und Haushaltsgerätehersteller V-Zug hat ein Verwaltungsrat in zwei Tranchen Firmen-Anteile für 50'000 Franken gekauft. Die Aktie - nun auf das Niveau von Dezember 2020 abgerutscht - hat in den letzten zwölf Monaten 45 Prozent verloren und zeigt noch keine nachhaltigen Erholungstendenzen. Kostensteigerungen und Komponentenknappheit machten V-Zug im ersten Halbjahr schwer zu schaffen, der Betriebsgewinn brach um 90 Prozent ein. Die Aktie bietet sich nun risikofreudigen Anlegern an.