Investoren wie Nassef Sawiris sind zunehmend unzufrieden mit Private-Equity-Firmen, weil sie seit Jahren keine Ausschüttungen mehr erhalten haben. Laut Sawiris hätten die Private-Equity-Firmen grosse Schwierigkeiten, aus ihren Investitionen auszusteigen und Gewinne zu realisieren. Und seit der Pandemie hätten sich die Unternehmensverkäufe und Börsengänge verlangsamt. «Private Equity hat seine besten Tage hinter sich… Sie können nicht aussteigen. Der Ausstieg ist so schwierig», sagt Sawiris im Gespräch mit der Financial Times.
Kritik an «Fortführungsfonds»
Besonders kritisch sieht Sawiris die sogenannten «Fortführungsfonds». Dabei werden Vermögenswerte nicht verkauft, sondern in einen neuen Fonds verschoben, wobei die Private-Equity-Firma weiterhin die Kontrolle behält. Sawiris bezeichnet diese Praxis als «grössten Betrug», da die Firmen damit nur ihre Unfähigkeit verdecken, Unternehmen gewinnbringend zu verkaufen.
Diese «Fortführungsfonds» sind dennoch beliebter geworden und erreichten vergangenes Jahr einen Rekordwert von 76 Milliarden Dollar - ein Anstieg von 50 Prozent.
Sawiris' eigene Strategie mit OCI
Sawiris’ kritische Äusserungen zur Private-Equity-Branche fallen zeitlich zusammen mit der Auflösung seines in den Niederlanden notierten Chemie- und Düngermittelkonzerns OCI.
Im September vereinbarte OCI bereits den vierten grossen Verkauf. Diese strategische Entscheidung erhöhte die Vermögenswerte aus den Veräusserungen auf 11,6 Milliarden US-Dollar. Bemerkenswert ist, dass sämtliche Transaktionen mit industriellen Käufern stattfanden und nicht mit Private-Equity-Gesellschaften. Der Konzern hat sich mittlerweile von einem Grossteil seiner operativen Vermögenswerte getrennt, wie das internationale Methanolgeschäft, verschiedene Beteiligungen im Düngemittelsektor und ein innovatives, kohlenstoffarmes Ammoniakprojekt in Texas.
Die durch die Verkäufe generierten Mittel flossen direkt an die Aktionäre zurück. Inklusive einer für diese Woche geplanten Auszahlung hat OCI innerhalb der letzten vier Jahre insgesamt 6,4 Milliarden Dollar an seine Anteilseigner ausgeschüttet. Eine zusätzliche Zahlung von bis zu einer Milliarde Dollar steht noch aus und wird erfolgen, sobald die Veräusserung des Methanolgeschäfts vollständig abgewickelt ist.
Trotz erheblicher Marktschwankungen, einer allgemeinen Zurückhaltung bei Investitionen in nachhaltige Projekte und sinkender Gaspreise bezeichnete er den Zeitpunkt der Verkäufe als «grosses Glück» für sein Unternehmen.
Übernahmeangebote abgelehnt von PE-Firmen
Bereits im vergangenen Jahr deutete Sawiris in einem Financial Times-Interview an, dass OCI zu einer sogenannten «Cash-Shell» umfunktioniert werden könnte – einer Unternehmenshülle mit erheblichen Barreserven, die für Akquisitionen in verschiedenen Branchen genutzt werden könnten.
In diesem Zusammenhang offenbarte er, dass ihm zahlreiche Unternehmen zum Kauf angeboten wurden, um die Erlöse aus seinen Veräusserungen zu investieren. Ein Grossteil dieser Angebote kam von Private-Equity-Gruppen, die dringend nach Ausstiegsmöglichkeiten suchten. Sawiris' Urteil fiel jedoch vernichtend aus: Keines dieser Unternehmen erschien ihm als attraktives Übernahmeziel. «Wir haben uns im letzten Jahr etwa 70 verschiedene Unternehmen angeschaut, die mit OCI fusionieren wollten. Sie erhofften sich davon finanzielle Hebeleffekte und den Zugang zur Börse», so Sawiris. «Es handelte sich durchweg um Private-Equity-Unternehmen, die keinen Ausstieg finden konnten. Wir fragten uns: 'Warum sollten wir die Probleme anderer lösen?'»
Seine fundamentale Kritik an Private-Equity-Managern zielte besonders auf deren Prioritätensetzung ab. Nach Sawiris' Beobachtung konzentrieren sich diese Manager übermässig auf die Beschaffung neuen Kapitals für ihre Investitionsvehikel, während die operative Führung ihrer Portfoliounternehmen vernachlässigt wird. «90 Prozent ihrer Zeit verbringen sie mit Fundraising und nur 10 Prozent mit dem Management ihrer Unternehmen», kritisierte er.
Rückgang der Branche
Die Private-Equity-Branche schrumpfte im vergangenen Jahr zum ersten Mal seit Beginn der Datenerhebung im Jahr 2005. Das verwaltete Vermögen sank im Juni 2024 im Vergleich zum Vorjahr um 2 Prozent auf 4,7 Milliarden Dollar. Die Buyout-Gruppen sahen sich weiteren Herausforderungen gegenüber, da die durch die US-Zölle ausgelöste Marktvolatilität die Geschäftsabschlüsse bremste.
Investmentgruppen hatten in den letzten Jahren Schwierigkeiten, Vermögenswerte zu verkaufen, nachdem sie zu hohen Bewertungen gekauft hatten, was ihre Bemühungen um die Mittelbeschaffung erschwerte.
In Anbetracht der allgemeinen Herausforderungen, denen sich die Private-Equity-Branche gegenübersieht, so Sawiris, dass diejenigen Gruppen am besten positioniert seien, die als Finanzinstitute wie Blackstone gross genug geworden seien, um die grossen Kreditinstitute herauszufordern: «Die einzigen, die eine Zukunft haben, sind die, die eine Nische gefunden haben, um JPMorgan und der Bank of America Konkurrenz zu machen.»
Partners Group mit mehr Verkäufen
Dem gegenüber steht die am SMI kotierte Private Equity Gesellschaft Partners Group. Im zweiten Halbjahr 2024 hätten die Beteiligungsverkäufe deutliche Fortschritte gemacht, liess sich CEO David Layton in der Mitteilung zitieren. Diese seien im Gesamtjahr mit einem Wert von 18 Milliarden US-Dollar zu Geld gemacht worden - über die Hälfte mehr als im Vorjahr. Daraus resultierte für das gesamte Geschäftsjahr 2024 eine Ertrags- und Gewinnsteigerung. Zudem können sich Aktionäre über eine höhere Dividendenausschüttung freuen.
Doch seit dem 2. April, als US-Präsident Donald Trump die sogenannten «reziproken Zölle» ankündigte, befindet sich der Aktienkurs im Abwärtstrend. Am Montagmittag notierten die Titel 0,59 Prozent tiefer bei 1'092.50 Franken. In den letzten 20 Jahren hingegen ist der Aktienkurs stetig gestiegen, bis auf ein Allzeithoch im November 2021 auf 651,50 Franken pro Aktie. Im Frühling 2023 rutschte der Kurs auf ein zwischenzeitliches Tief von 750 Franken, um im Februar dieses Jahres auf ein neues Hoch von 1'422,50 Franken zu klettern.
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