Wenn Tech-Firmen an die Börse gehen, hatten Investoren zuletzt nur wenig zu lachen. Zwar ist der Hype nach wie vor gross, wenn sogenannte Einhörner – so werden Tech-Unternehmen mit mehr als einer Milliarde Dollar Marktkapitalisierung genannt – ein Initial Public Offering (IPO) wagen.

Doch zuletzt folgte nach der jeweiligen IPO-Party meist der grosse Katzenjammer. Ob die Fahrdienste Uber und Lyft oder die Büro-Chat-App Slack: Alle Titel verloren nach dem Börsengang massiv an Wert. Die Aktie von von Slack notiert derzeit rund 45 Prozent unter dem Ausgabepreis von Mitte Juni.

Vor rund einem Monat wagte nun das nächste Einhorn den Schritt an die Börse: die schwäbische Software-Firma Teamviewer. Den allermeisten Leuten dürfte der Name nicht unbedingt geläufig sein. Doch viele sind in ihrem Büroalltag schon mit der Software des Unternehmens in Berührung gekommen. Dann nämlich, wenn sich IT-Service-Mitarbeiter aus der Ferne Zugriff auf den Computer verschaffen und versuchen, IT-Probleme per Fernschalte zu beheben. Das Hauptprodukt von Teamviewer ist eine Software, die den eigenen Bildschirminhalt auf einen anderen Rechner überträgt.

Nächste Tech-IPO-Enttäuschung

Das IPO von Teamviewer verlief zunächst wie zuletzt bei Tech-Titeln gewohnt: Innerhalb von drei Wochen rutschen die Titel um fast 20 Prozent ab. Viele Anleger monierten, der Börsengang sei viel zu teuer gewesen für das, was die Firma tatsächlich leistet. Auch das klingt vertraut.

Die Zahlen scheinen tatsächlich etwas abgehoben. 2018 macht die Software-Firma aus dem schwäbischen Göppingen einen Umsatz von 230 Millionen Euro. Beim IPO Mitte September wies das Unternehmen eine Marktkapitalisierung von stolzen 5,25 Milliarden Euro aus. Damit war es das grösste IPO Europas im Jahr 2019 und und das grösste Tech-IPO jemals in Deutschland.

Kein Wunder, dass vielen Anlegern sofort die Negativerfahrungen mit Uber oder Slack in den Sinn kommen. Doch zwischen Teamviewer und den meisten anderen Einhörnern gibt es einen grossen Unterscheid: Im Gegensatz zu Uber und Co. erwirtschaftet Teamviewer Gewinne. Im ersten Halbjahr 2019 schaffte der Börsenneuling den Break Even und schrieb mit einem Gewinn von 46 Millionen Euro erstmals schwarze Zahlen. Zum Vergleich: Uber vermeldete zuletzt im zweiten Quartal einen Verlust von 5,2 Milliarden Dollar – bei einem Umsatz von 3,2 Milliarden.

Analysten sind optimitisch

Anlysten sind denn auch optimistisch, was die zukünftige Entwicklung des Unternehmens betrifft. So schreibt Stephan Klepp von der Commerzbank, dass Teamviewer noch relativ klein sei und über enormen Expansionsspielraum in einem rasant steigenden Markt verfüge. Zudem sei die Skalierbarkeit hoch, was Margen jenseits von 50 Prozent ermögliche. Für Mirko Maier von der Landesbank Baden-Württemberg hat Teamviewer eine aussichtsreiche Zukunft in den Segmenten, in denen es tätig ist. Die hohe Bewertung sei daher gerechtfertigt.

Neben all dem Lob gibt es auch Grund zur Vorsicht. Teamviewer sitzt trotz schwarzer Zahlen noch immer auf einem grossen Schuldenberg von rund 750 Millionen Euro. Die Erlöse aus dem Börsengang kamen nicht dem Unternehmen zugute, sondern flossen komplett an den Hauptaktionär Permira, einem britischen Finanzinvestor, der Teamviewer 2014 für rund 870 Millionen Euro übernommen hatte.

Und doch: Vieles spricht dafür, dass es sich bei Teamviewer nicht um eine weitere Tech-IPO-Enttäuschung handeln wird. Das Software-Unternehmen verkündete zuletzt eine Umsatzerwartung 2019 von 320 Millionen Euro, das wäre ein Plus von knapp 40 Prozent zum Vorjahr. Die Firma aus Göppingen hat gute Chancen, bald in den deutschen MDax aufgenommen zu werden, das gäbe der Aktie noch mal einen zusätzlichen Schub. Die Anleger scheinen auch nach den ersten Kursverlusten wieder zurückzukommen. In den letzten zwei Wochen zog die Aktie wieder um rund neun Prozent an.