Noch im vergangenen Oktober galt Dormakaba als der Anlegerliebling schlechthin. Die Aktie erreichte damals die 1000-Franken-Marke nach einer beeindruckenden achteinhalbjährigen Kursrallye, die im März 2009 bei nur 165 Franken begann und den Kurs mehr als versechsfachte. Doch seit dem Erklimmen dieser magisch erscheinenden 1000er-Grenze hat eine negative Trendwende eingesetzt, wie folgende Grafik verdeutlicht:

Grafik Dormakaba 10 Jahre, Quelle: cash.ch

Seit Oktober 2017 hat die Dormakaba-Aktie wieder ziemlich genau ein Viertel Ihres Wertes eingebüsst und ist nun nur noch 723 Franken wert. Im Jahr 2018 schafft es der Titel mit minus 21 Prozent gar auf die unrühmliche Liste der "Flop 10" unter den SPI-Werten (cash berichtete). Man könnte meinen, seit dem Erreichen der 1000-Franken-Marke lastet ein Fluch auf der Aktie.

Doch natürlich steckt mehr dahinter. Der Sicherheitstechniker aus Rümlang ZH, der bis September 2015 noch Kaba hiess und sich dann mit dem deutschen Konkurrenten Dorma zusammentat, kämpft aktuell gegen ein schwindendes Umsatzwachstum an. Jüngst enttäuschten die Anfang März präsentierten Zahlen zum ersten Halbjahr 2017/18. Die Gruppe wuchs organisch nur mit 2,9 Prozent.

Tiefere Wachstumsziele

Dieser niedrige Wert veranlasste das Management dazu, das Jahresziel von zuvor 4 bis 4,5 Prozent auf 3,5 Prozent Wachstum zu reduzieren. Das ist enttäuschend, zumal die grössten Konkurrenten Assa Abloy aus Schweden und Allegion aus Irland mit Werten um 4 Prozent wachsen.

Zurückzuführen ist dieser Rückschlag vor allem auf die Märkte USA und Deutschland. In Nordamerika enttäuschte das margenstarke Geschäft mit Hotelschlössern, was zum Teil durch Projektverzögerungen aufgrund von Wirbelstürmen in den Südstaaten bedingt war und sich im zweiten Halbjahr wieder etwas erholen dürfte.

In Deutschland litt Dormakaba gemäss ZKB-Analyst Andreas Müller unter Projektverzögerungen auf dem Bauplatz, die nicht im Einflussbereich der Firma liegen würden, wie er in einem Kommentar schreibt. Dies, obwohl das Bauumfeld grundsätzlich gut ist. Lassen sich diese Projekte nun bald durchführen, dann wird das logischerweise auch den Umsatz wieder etwas ankurbeln.

Protektionismus als Problem

Zwar werden künftig gewisse wachstumsbremsende Faktoren ausbleiben, doch ist Dormakaba weiterhin mit Problemen und Herausforderungen konfrontiert. Etwa ein stärkerer Protektionismus "made in USA". Einerseits verwendet Dormakaba Stahl für einige Produkte, andererseits befinden sich in Mexiko und Kanada Produktionsstätten für den amerikanischen Markt. Von den USA verhängte Strafzölle würden da an Gewinn und Umsatz nagen.

Problematisch ist auch das schwächelnde Geschäft mit Hochsicherheitsschlössern für Bancomaten. Es werden kaum mehr neue Bancomaten aufgestellt in Industrieländern, gleichzeitig kommt das Wachstum in Ländern wie Indien und China nicht wie gewünscht voran. Gemäss CEO Riet Cadonau gebe es in China einen Trend, den Bancomaten zu überspringen und auf bargeldlosen Zahlungsverkehr zu setzen, wie er Anfang März an der Bilanzmedienkonferenz anlässlich der Zahlen sagte.

Ausserdem wird sich die globale Sicherheitsindustrie weiter konsolidieren, was Dormakaba unter Akquisitionsdruck bringt. Denn wer grösser ist, hat einen Vorteil gegenüber der Konkurrenz. Etwa wegen der Möglichkeiten im Bereich der Forschung und Entwicklung oder in Bezug auf tiefere Produktionskosten. Dormakaba ist in der Branche derzeit die Nummer 3 gemessen an der Marktkapitalisierung (etwa 3 Milliarden Franken). Allegion (7,5 Milliarden Franken) und Assa Abloy (23,5 Milliarden Franken) sind deutlich grösser.

Kaufen: Ja oder Nein?

Doch neben der Fusion von Dorma und Kaba hat man sich in den vergangenen zwei Jahren mit geschickten Übernahmen in den USA (etwa Mesker und B&D Best Access Solutions) mittel- bis langfristig besser positioniert. Weitere strategisch kluge Zukäufe sind für die nächsten Jahren zu erwarten. Der grösste Player Assa Abloy liegt ausser Reichweite, doch könnte Allegion in absehbarer Zeit eingeholt werden.

Kommt (positiv) hinzu, dass alle Probleme und Sorgen von Dormakaba inzwischen im Aktienkurs eingepreist sein dürften. Das geschätzte Kurs-Gewinn-Verhältnis 2018 liegt nun bei 19, was nicht mehr so teuer ist. Die aktuellen Kursziele der Analysten reichen von 760 Franken (UBS) bis 1000 Franken (Baader Helvea). Risikofreudige Anleger können nun einsteigen. Alle anderen warten, bis die Firma wieder zu einem besseren Wachstum zurückfindet.