Im Januar berichtete Richemont von einem Rekordumsatz im dritten Quartal. Nach dem starken Weihnachtsgeschäft dürfte das letzte Quartal des Geschäftsjahres 2024/25 (per Ende März) aber wieder klar schwächer ausgefallen sein.
Für das Gesamtjahr, über welches das Management am Freitag informiert, rechnen Analysten mit einem Umsatz von 21,41 Milliarden Euro. Dabei dürfte das organische Wachstum bei 4 Prozent gelegen haben. Im Vorjahr hatte das in Genf beheimatete Luxusgüterunternehmen Verkäufe in Höhe von 20,62 Milliarden Euro verzeichnet.
Vor allem das Schmuckgeschäft dürfte sich positiv entwickelt haben. Die von AWP befragten Experten schätzen den Umsatz dieses Segments auf 15,317 Milliarden Euro, nachdem er im Geschäftsjahr 2023/24 14,242 Euro betragen hatte. Demgegenüber wird das Uhrengeschäft auf 3,313 von 3,767 Milliarden Euro geschrumpft sein.
Der operative Gewinn (EBIT) wird voraussichtlich bei 4,577 Milliarden Euro zu liegen kommen (2023/24: 4,794 Milliarden Euro). Zudem dürfte sich die operative Marge auf 21,4 Prozent von 23,3 Prozent verringert haben.
Beim Reingewinn gehen die Schätzungen von 3,584 Milliarden Euro aus, nach 3,818 Milliarden Euro im Vorjahr. Das nicht-fortgeführte Geschäft eingeschlossen, dürfte ein Reingewinn von 2,207 Milliarden Euro verbleiben (Vorjahr: 2,355 Milliarden Euro).
Divergierende Ergebnisse der Konkurrenz
Die Branche hat sich bisher sehr heterogen gezeigt: Die Umsatzzahlen der Konkurrenten, die bereits Zahlen für das erste Quartal 2025 vorgelegt haben, reichen von zweistelligem Wachstum in Lokalwährungen (Pradakonzern: +13 Prozent; Brunello Cucinelli: +10 Prozent) bis hin zu -3 Prozent bei LVMH und -14 Prozent bei Kering. Damit seien die beiden grössten Konzerne geschrumpft, was darauf hindeute, dass die Industrie insgesamt rückläufig war, kommentiert die Zürcher Kantonalbank (ZKB).
Die Bank rechnet bei Richemont mit Umsatzzahlen im oberen Drittel der Luxusgüterindustrie. J.P.Morgan erwartet sogar ein «viel stärkeres» Wachstum als bei den meisten vergleichbaren Mitbewerber. In einer insgesamt gedämpften Stimmung dürfte Richemont einmal mehr herausstechen, heisst es.
Positive Anzeichen lieferten die jüngsten Exportzahlen: Die Schweizer Uhrenhersteller exportierten im März 2025 überraschend etwas mehr Uhren als im Vorjahr, nachdem es im Februar zu einem markanten Rückgang gekommen war. Vor allem die Exporte in den USA legten kräftig zu, während es mit den Ausfuhren der Zeitmesser nach China weiter harzte.
Die Richemont-Gruppe, die bekannt für Marken wie Cartier oder IWC ist, gibt keinen finanziellen Ausblick. Allerdings dürften Aussagen zum aktuellen Geschäftsgang und qualitative Aussage für die Branche insgesamt und im Besonderen mit Blick auf die US-Zölle im Fokus stehen. Die Investoren interessieren sich für die Entwicklungen beim US-Konsum und beim Tempo der Erholung in China. Neben den Unsicherheiten durch den Zollkonflikt belasten auch negative Währungseffekte und der starke Anstieg des Goldpreises.
Richemont dürfte den vorsichtigen Blick auf die Zukunft bestätigen, schreibt die Bank Vontobel. Das Unternehmen sei zwar gut aufgestellt, mit einem Umsatzanteil von über 50 Prozent im Schmuckbereich, einer starken Preissetzungsmacht und einer robusten finanziellen Situation. Es sei allerdings dennoch nicht gefeit vor dem aktuellen volatilen Umfeld.
Richemont-Chef zu China: «Wir wissen nicht, wann sich die Nachfrage dort erholen wird»
Richemont hält sich zurück bei konkreten Geschäftszielen, etwa zur Umsatz- oder Gewinnentwicklung. Zuletzt sagte Konzernchef Nicolas Bos Anfang November, dass er keine rasche Erholung in China erwarte: «Das Konsumentenvertrauen in China ist seit längerem sehr schwach, und wir wissen nicht, wann sich die Nachfrage dort erholen wird.» Langfristig blieben die Aussichten für den chinesischen Luxusgütermarkt jedoch intakt, hiess es vom Management.
Deutlich besser präsentiere sich die Lage in den USA. Bos, der seit Juni 2024 CEO ist, zeigte sich damals zuversichtlich, dass das Wachstum von Richemont in den USA anhalten werde.
Die Richemont-Valoren haben sich vom Allzeithoch Mitte Februar bei 187,55 Franken wegen der Zollunsicherheiten auf zwischenzeitlich 120,60 Franken abgeschwächt. Mittlerweile haben sie wieder Boden gut gemacht. Aktuell kosten sie 153 Franken je Aktie und stehen damit im laufenden Jahr knapp 12 Prozent im Plus. Swatch hingegen verloren 2025 bisher 10 Prozent.
Für 14 Analysten ist Richemont ein Kauf. 8 weitere Experten stufen das Unternehmen mit «Halten» ein. Ein Analyst sagt «Verkaufen». Das durchschnittliche Kursziel von 168,10 Franken bedeutet ein Gewinnpotenzial von nahezu 10 Prozent.
(cash/AWP)