Jack Dorsey, Gründer von Twitter und dem Fintech Square, will eine neue Gesellschaft gründen, deren Geschäftsmodell auf der Kryptowährung Bitcoin und den Prinzipien von Decentralized Finance (DeFi) basieren soll. Eher noch junge Tech-Unternehmen sind generell affin auf Kryptowährungen. Dies im Gegensatz zu traditionellen Unternehmen und speziell der etablierten Finanzwelt, die weiterhin Wege sucht, den Krypto-Boom in ihr Geschäft einzubinden. 

Nach Einschätzung von Vitalik Buterin, dem Erfinder des blockchain-gestützen Open-Source-Netzwerks Ethereum, wird das Vorhaben von Dorsey aber nicht abheben. Denn für die notwendigen Funktionen sei Bitcoin nicht ausgerichtet. Der immer noch grösstkapitalisierte Coin der Welt sei im wesentlichen eine "Kryptowährung für den Hausgebrauch", sagte Buterin zu Bloomberg Television. Stattdessen rühmte er die Vorteile des Ethereum-Netzwerks, auf dem die zweitgrösste Kryptowährung Ether läuft. 

"Bei Ethereum gibt es eine inhärente Funktion, die erlaubt, im wesentlichen direkt Ether oder Ethereum-basierte Werte in Smart Contracs einzusetzen," sagte Buterin. "Also in diese gesicherten Kistchen, die beliebige Richtlinien zur weiteren Verwendung dieser Werte erlauben." Um solche Regeln anwenden zu können, müsse Dorsey wohl oder übel ein eigenes System kreieren. 

Ether entwickelt sich besser als Bitcoin

Während Bitcoin von seinen Fans als Wertspeicher und Alternative zu herkömmlichen Währungen und Gold gepriesen wird, gewinnt Ethereum nicht zuletzt dank der Netzwerk-Eigenschaften an Zustimmung. Mit der leistungsfähigen und quelloffenen Software, die verschiedene Applikationen erlaubt, habe es die Vorausetzungen, ein eigentliches Rückgrat dezentraler Transaktionssysteme zu werden.

Auf dem Ethereum-Plattform können Software-Entwickler Programme für ihre eigenen Bedürfnisse programmieren - in der Form von Smart Contracts. Ethereum wechselt zudem von proof-of-work- zu proof-of-stake-Protokollen, die deutlich weniger energieintensive Rechenleistung zu Verifizierung von Transaktionen benötigen. Proof-of-stake-Verifizierungen auf der Blockchain sind damit auch umweltfreundlicher. 

Bitcoin und Ether haben beide seit ihrem Kurs-Höchststand im April deutlich an Wert verloren. Während Bitcoin immer noch 55 Prozent mehr wert ist als Anfang Jahr, verbucht Ether ein Kursplus von gut 300 Prozent. Vom Krypto-Kurssturz vor vier Monaten hat sich Ether besser erholt als Bitcoin. 

Die Kurse von Ether (rot) und Bitcoin (grün) zum Dollar in den vergangenen zwölf Monaten (Chart: cash.ch).

Buterin sparte in seinem Bloomberg-Interview nicht an Kritik eines anderen Tech-Millionärs: Auch über Facebook-Gründer Mark Zuckerberg äusserte er sich kritisch. Zuckerberg schwebt die Weiterentwicklung der Social-Media- und Werbeplattform Facebook in eine "Metaverse Company" vor. Genaugenommen will er ein Ökosystem oder eine virtuelle Welt schaffen, in der Menschen mittels Avataren interagieren und digitale Wertgrössen einsetzen. 

Zuckerberg wolle damit klar der nächsten Phase des Internets vorgreifen, sagte Buterin - "bevor der Rest der Welt etwas anderes anstrebt und Facebook damit gewissermassen in der Bedeutunglosigkeit versinkt." Bei Kryptowährungen hat Facebook bereits 2019 von sich reden gemacht, als das Projekt Libra, heute Diem genannt, bekannt wurde. Libra löste damals ziemliche Kontroversen aus. 

«Viel Misstrauen bei Facebook»

Aus Buterins Sicht umgibt Facebook viel Misstrauen. Eine eigene Plattform zu bauen könnte scheitern. Zuckerberg wäre besser bedient, wenn er die schon existierende Blockchain verwenden würde. 

Buterin setzte im Bloomberg-Interview aber noch einen drauf: Die Blockchain ist aus seiner Sicht nicht nur eine Gefahr für althergebrachte Unternehmen und Banken, sondern auch für die Sozialen Medien Facebook und Twitter. Neuere Kommunikationsplattformen könnten diese verdrängen. Auf die Frage, wo Ethereum in zehn Jahren sei, merkte Buterin an: "Hoffentlich betreiben wir dann das Metaverse." 

Zumindest was die Bedeutung von Ether unter den Kryptowährungen betrifft, geben Experten Buterin mehr und mehr recht: Ether könnte Bitcoin mit der Zeit überholen. Ether werde sich 2021 besser entwickeln als Bitcoin und sich "möglicherweise innerhalb von fünf Jahren" als grösser kapitalisierte Kryptowährung etablieren, sagte Nigel Green vom Beratungsunternehmen deVere Group. 

Der Anteil von Bitcoin am Krypto-Markt liegt derzeit bei 44 Prozent, jener von Ether bei 19 Prozent. Allerdings umfasste Bitcoin Ende 2020 noch 73 Prozent des Marktes, während Ether die Hälfte des heutigen Marktanteils besass. Da sich die Krypto-Welt schnell bewegt, sind Prognosen über die künftige Nutzung einzelner Coins mit Unsicherheiten behaftet. 

(Bloomberg/cash)