Herr Schwitter, die geschürften Bitcoins sind über eine Billion Dollar wert. Lassen sich die Staaten das Monopol zur Herstellung von Geld wirklich aus der Hand nehmen?

Stefan Schwitter: Vor zwei Jahren hätte ich gesagt: 'Sicher nicht.' Heute ist es für ein Bitcoin-Verbot zu spät.

Wie bitte? Nigeria hat Bitcoin doch eben verboten. Zudem haben Janet Yellen und Christine Lagarde Bitcoin zuletzt heftig kritisiert.

Mit 1000 Milliarden Marktwert ist Bitcoin eine grosse Währung. Dass jetzt kritische Stimmen kommen, ist normal. Die Regulierung hinkt hinterher. Das hat sie nicht gerne, deshalb gibt es die Schüsse vor den Bug. Ich bin überzeugt, dass die USA und die EU regulieren, aber nicht verbieten. Verbote wie in Nigeria bleiben Einzelfälle.

Wäre so ein Verbot denn wirksam?

Rein technisch kann man Bitcoin als dezentrales Protokoll nicht verbieten. Es würde nicht einmal etwas nützen, das Internet abzustellen. Selbst in Nigeria haben Anbieter vier Tage nach dem Verbot ein Schlupfloch gefunden. Bitcoin wird wieder verkauft, wenn auch mit 35 Prozent Aufschlag.

Einige Bitcoin-Fans glauben, dass die Notenbanken alle Bitcoins kaufen und das Problem so lösen.

Grundsätzlich wäre das möglich. Aber sie würden eingestehen, dass Bitcoin die bessere Währung ist. Bitcoin bleibt uns als eine von vielen Währungen erhalten.

Kann sich Bitcoin als Anlageklasse etablieren?

Er ist dabei. Ich habe häufig mit Family Offices zu tun. Typischerweise wollen diese Anlagen in Gold von 5 auf 3 Prozent reduzieren und 2 Prozent in Bitcoin investieren.

Ist ein Bitcoin tatsächlich über 50'000 Dollar wert?

Der Wert ergibt sich aus der grossen Nachfrage und dem geringen Angebot. Laut unseren Berechnungen, die auf der Adoptionsrate basieren, liegt der faire Wert aktuell bei 50'000 Dollar, mit vielen Fussnoten und steigender Tendenz.

Kryptowährungen entstanden nach der Finanzkrise nicht zuletzt, um Banken auszuschalten. Braucht es die Banken noch?

Man könnte eine Grossbank mit 70 Applikationen, die auf der Ethereum-Blockchain laufen, nachbauen. Heute hätten die Dienstleistungen noch eine andere Qualität, aber alleine dass es die Puzzleteile bereits gibt, ist unglaublich. Ich staune, wie wenig sich Banken mit dieser Bedrohung auseinandersetzen.

Stefan Schwitter kommt aus dem traditionellen Banking und arbeitete zuvor für die VP Bank und LGT.

Dieser Beitrag erschein zuerst auf handelszeitung.ch unter dem Titel «Für ein Bitcoin-Verbot ist es zu spät».