Der Schweizer Aktienmarkt führt höchst selten ein Eigenleben. Und wenn, dann bestenfalls für ein paar Tage. Den Rest der Zeit orientieren sich die hiesigen Marktakteure an den Vorgaben aus New York. So auch heute, wie es scheint. Das mag auch damit zu tun haben, dass die Schweizer Börse fest in der Hand mächtiger US-Investoren wie der Fondsgesellschaft Fidelity oder den beiden Investmentbanken Merrill Lynch und Goldman Sachs ist.

Dienstagnacht gerieten in New York die tags zuvor noch festen Technologiewerte unter Verkaufsdruck. Das Branchenbarometer Nasdaq Composite Index tauchte kurz vor Börsenschluss auf unter 7000 Punkte und ging um 2,9 Prozent tiefer aus dem Handel.

Viel Aufmerksamkeit für AMS

Dabei gerieten die beliebtesten Vertreter aus diesem Titelsegment unter besonders starken Verkaufsdruck. Die Aktie von Facebook verlor 5 Prozent, Amazon und die Google-Mutter Alphabet büssten je rund 4 Prozent ein und Netflix verlor gar 6 Prozent.

Diese Vorgaben werden nun auch für die Schweizer Tech-Aktien zum Verhängnis. Denn eines haben diese mit den US-Überfliegern Facebook, Amazon, Alphabet oder Netflix gemeinsam: auch sie sind bei Anlegern sehr beliebt und haben sich in den letzten Jahren im Kurs vervielfacht. Im heutigen Handel (Stand 10.00 Uhr) geben AMS (-7,7 Prozent), Temenos (-1,7 Prozent), Logitech (-2,1 Prozent) und Sensirion (-1,1 Prozent) allesamt nach, wenn auch in unterschiedlich starkem Ausmass.

Viel Aufmerksamkeit wird hierzulande AMS zuteil, obwohl der Sensorenhersteller eigentlich im österreichischen Unterpremstätten beheimatet ist. Das Unternehmen beliefert bestens bekannte Grosskonzerne wie Samsung oder Apple. So macht die Gesichtserkennungsfunktion beim iPhone X von Apple nur ein 3D-Sensor aus dem Hause AMS möglich.

Temenos nicht über jeden Zweifel erhaben

Die AMS-Aktie ist zuletzt etwas von ihrem Rekordhoch von Anfang März bei 121,10 Franken zurückgefallen. Am heutigen Mittwoch beträgt der Verlust kurz nach Handelseröffnung nun 7,7 Prozent, die Aktie ist noch 104 Franken wert. Seit Jahresbeginn errechnet sich allerdings noch immer ein Kursplus von fast 20 Prozent. Auf Basis von Schätzungen der Zürcher Kantonalbank liegt das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) für das laufende Jahr bei 37. Angesichts der zu erwartenden Gewinnverdoppelung ist das nächstjährige KGV bei moderateren 16,5. Da sich der Aktienkurs in den vergangenen zwei Jahren mehr als verdreifacht hat, dürfte die Verlockung weiter gross sein, Gewinne mitzunehmen.

Auf einen regelrechten Höhenflug blickt die Aktie von Temenos zurück. Der Bankensoftwarehersteller ist heute an der Börse fünfmal mehr wert als noch vor fünf Jahren. Ende Januar wurden im Zuge von Übernahmespekulationen gar Kurse von bis zu 144 Franken bezahlt. Dann wurde das Genfer Unternehmen selbst vom Gejagten zum Jäger und gab ein milliardenschweres Übernahmeangebot für die britische Fidessa ab.

Beeindruckende Kursentwicklung der Temenos-Aktie über fünf Jahre (Quelle: www.cash.ch)

Die Pläne kommen an der Börse allerdings eher mässig an. Die Angst: Fidessa könnte bei Temenos in Zukunft sowohl das Wachstumstempo drosseln als auch auf die Margenentwicklung drücken. Kommt erschwerend hinzu, dass sich der umtriebige US-Hedgefonds Elliott bei Fidessa eingekauft hat. Vermutlich mit dem Ziel, einen höheren Übernahmepreis herauszuschlagen. Mit minus 1,7 Prozent im heutigen Handel hält sich der Titel deutlich besser als AMS.

Baader-Helvea beziffert das diesjährige KGV für die Temenos-Aktie auf 41 und das nächstjährige immerhin noch auf knapp 38. Ein Schnäppchen sieht anders aus.

Nachholbedarf bei Logitech

Vernünftiger bewertet scheint hingegen Logitech (Aktie heute Vormittag -2,1 Prozent). Von den Prognosen der Grossbank UBS leitet sich fürs laufende Jahr ein KGV von 29 ab. Im kommenden Jahr dürfte das KGV dann auf 24 fallen.

Seit fast einem Jahr zeigt die Kursentwicklung beim Peripheriegerätehersteller aus Lausanne nun schon mehr oder weniger seitwärts. Positive Gewinnüberraschungen und eine Erhöhung der Zielgrössen für das laufende Jahr sorgten jeweils nur für ein kurzes Aufflackern.

Das überrascht, kann Logitech doch auf einen beeindruckenden Turnaround zurückblicken. Zudem verfolgt das Unternehmen einen sehr aktionärsfreundlichen Kurs. Es schüttet eine attraktiv hohe Dividende aus und kauft nebenbei noch eigene Aktien zurück. Die Dividendenrendite lag zuletzt noch bei 1,6 Prozent.

Sensirion mit beeindruckendem Börsendebüt

Vierter im Bunde ist Sensirion. Die Aktie des in Stäfa beheimateten Sensorenherstellers wurde vergangenen Donnerstag erstmals an der Börse gehandelt. Sensirion legte ein beeindruckendes Debüt vor: Zu 36 Franken ausgegeben, stiegen die Kurse vorübergehend bis auf 47,60 Franken. Derzeit sind es noch knapp 46 Franken.

Kursentwicklung der Sensirion-Aktie seit dem Börsengang vom letzten Donnerstag (Quelle: www.cash.ch)

Noch dürfen sich Aktienanalysten so kurz nach der Publikumsöffnung nicht zum Unternehmen äussern. Ob und wie viele von ihnen die Aktie nach Ablauf der sogenannten Blackout-Period zum Kauf empfehlen, bleibt abzuwarten.

Zu aktuellen Kursen wird Sensirion mit dem vierfachen nächstjährigen Jahresumsatz sowie mit dem 25-fachen des operativen Gewinns (EBITDA) bewertet. Das ist selbst vor dem Hintergrund der überaus guten Wachstumsaussichten ziemlich viel und macht die Aktie verletzbar.