Seit Mark Schneider im Jahr 2017 bei Nestlé den Chefsessel übernahm, hat der Nahrungsmittelkonzern aus Vevey nicht weniger als 50 Bereichsverkäufe oder ergänzende Firmenübernahmen vollzogen. Nun zeichnet sich die nächste milliardenschwere Anpassung im Beteiligungsportfolio ab: Das US-Wassergeschäft soll verkauft oder in ein Joint-Venture mit einem der dortigen Rivalen eingebracht werden. 2019 setzte Nestlé in diesem Bereich 3,4 Milliarden Franken um. Als mögliche Interessenten fallen so illustere Namen wie Coca Cola oder Pepsi.

Entsprechende Spekulationen kursieren schon seit Tagen, nachdem der bekannte Nahrungsmittelanalyst von Kepler Cheuvreux von möglichen Plänen berichtete.

Kommen auch die Aktionäre im Erfolgsfall zum Handkuss?

In Analystenkreisen kommen die Neuigkeiten gut an. Die Citigroup begrüsst, dass sich Nestlé-Chef Mark Schneider den Problemen im US-Wassergeschäft endlich annimmt. In einem Interview mit der "New York Times" gibt Schneider denn auch zu, dass die etwas enttäuschende Absatzentwicklung zum Entscheid beitragen habe. Die Citigroup bewertet die auf dem Prüfstand stehenden Geschäftsaktivitäten mit rund 3 Milliarden Franken. Auf dieser Preisbasis würde ein Verkauf auf Konzernebene zu einer leichten Gewinnverwässerung führen. Die bekannte US-Investmentbank erklärt sich die zuletzt enttäuschende Absatzentwicklung mit der zunehmenden Kommoditisierung des Geschäfts mit Tafelwasser. Sie hält wie bis anhin an der Kaufempfehlung sowie am Kursziel von 117 Franken für die Nestlé-Aktie fest.

Auch J.P. Morgan rechnet mit einer leichten Gewinnverwässerung, sollte es zu einem Verkauf der Geschäftsaktivitäten kommen. Gleichzeitig sieht die US-Investmentbank ein solcher Schritt das Wachstumsprofil Nestlés jedoch schärfen. Geht es nach J.P. Morgan, dürfte der Nahrungsmittelkonzern aus Vevey einen Grossteil des Verkaufserlöses in den Ausbau rasch wachsender Produktkategorien fliessen lassen. Doch auch die Aktionäre dürften nicht zu kurz kommen und einen Teil des Erlöses in Form von Aktienrückkäufen zurückerstattet bekommen. Zur Zeit läuft noch ein 20 Milliarden Franken schweres Rückkaufprogramm. J.P. Morgan rät mit "Overweight" und einem Kursziel von 116 Franken ebenfalls zum Kauf der Aktie.

Wie man bei Société Général ergänzt, ist der sich abzeichnende Verkauf des US-Wassergeschäfts nach Buitoni und Vital Proteins bereits die dritte Transaktion Nestlés in gerade einmal einer Woche. Die französische Grossbank bezeichnet diese Häufung als ermutigend und geht bei Nestlé von weiteren Anpassungen im Firmenportfolio aus. Auch Société Générale stuft die Aktie mit "Buy" ein. Das 12-Monats-Kursziel lautet 112 Franken.

An der Börse hält sich die Begeisterung in Grenzen

Nach einem frühen Vorstoss auf 103,94 Franken verliert die Nestlé-Aktie zur Stunde gar 0,7 Prozent auf 102,82 Franken. Diese eher unterkühlte Reaktion der Börse erklärt sich damit, dass aus den Handelsräumen hiesiger Banken etwas vorsichtigere, wenn nicht gar kritische Wortmeldungen eintreffen. Es sei unklar, ob Nestlé im momentanen Umfeld den bestmöglichen Verkaufserlös erzielen könne, so heisst es.

Zudem sehen einige Händler sehen in den Plänen von Nestlé-Chef Mark Schneider einen Versuch, von einem möglicherweise enttäuschenden zweiten Quartal (der cash Insider berichtete) abzulenken. Zudem lässt man bei der US-Investmentbank Jefferies keine Zweifel daran, dass eine mögliche Abspaltung des US-Wassergeschäfts zu einem vernünftigen Preis kein einfaches Unterfangen wird. Jefferies stuft die Nestlé-Aktie deshalb auch weiterhin mit "Hold" und einem Kursziel von 94 Franken ein.