Die Trends aus dem Startquartal dürften angehalten haben. So wird die Erosion im Schweizer Telekomgeschäft weitergegangen sein. Allerdings dürfte der Preisdruck hierzulande etwas nachgelassen haben. Zudem gab der Konzern Gegensteuer mit Preiserhöhungen bei der Zweitmarke Wingo. Und in Italien beschert die Übernahme von Vodafone Italia zwar ein deutlich grösseres Geschäftsvolumen. Aber das zugekaufte Vodafone-Business ist weniger profitabel als das bisherige Geschäft der Mailänder Breitbandtochter Fastweb.
In der Summe rechnen Analysten mit einem Rückgang beim Umsatz und beim EBITDA nach Leasingkosten (EBITDAaL) im Vergleich zu den Pro-Forma-Zahlen des ersten Halbjahres 2024. Konkret rechnen die Experten mit einem Umsatz von 7,4 Milliarden Franken statt 7,6 Milliarden Franken. Der EBITDAaL wird bei 972 Millionen Franken gesehen. Daraus resultiert ein erwarteter Reingewinn von 685 Millionen Franken.
Dividendenerhöhung nach 15 Jahren
Für 2025 peilt die Swisscom inklusive Vodafone Italia einen Umsatz von 15,0 bis 15,2 Milliarden Franken und einen operativen Gewinn von rund 5 Milliarden Franken an. Wenn diese Ziele erreicht werden, will die Gesellschaft eine Dividende von 26 Franken pro Aktie bezahlen. Das wäre die erste Dividendenerhöhung des Schweizer Branchenführers seit 2010. Bis anhin waren es jeweils 22 Franken.
Geplant sind ausserdem Investitionen von 3,1 bis 3,2 Milliarden Franken, davon rund 1,7 Milliarden in der Schweiz. Damit soll unter anderem der Ausbau des Glasfasernetzes und des «5G+»-Netzes vorangetrieben werden.
Übernahme von Vodafone
Mit der Übernahme von Vodafone Italia ist die Swisscom zum zweitgrössten Telekomanbieter Italiens hinter dem Platzhirsch Telecom Italia aufgestiegen. Im laufenden Jahr will die Swisscom die ersten Synergien in Italien einfahren. Beim Mobilfunk wechseln die Fastweb-Kunden bis Ende 2025 auf das Netz von Vodafone Italia. Bisher haben sie über die Netze von Telecom Italia und Wind Tre telefoniert oder gesurft.
Die Netzbenutzungsverträge von Fastweb mit den beiden Konkurrenten werden gekündigt. Dies bringt laut dem Swisscom-Management rund 200 Millionen Euro an Einsparungen. Die gesamte Integration soll Ende 2029 abgeschlossen sein. Dann sollen sich die jährlichen Synergien auf 600 Millionen Euro summieren. Dem stehen auf der anderen Seite Integrationskosten von insgesamt 700 Millionen Euro gegenüber.
Produkte und Projekte
Kurz vor den Sommerferien hat die Swisscom ihre Roamingpreise gesenkt. Ab dem 1. Juni beträgt die Preisreduktion je nach Land bis zu 66 Prozent.
Auf der Produktseite gab die Swisscom Ende Mai eine Neuerung bekannt: Sie setzt bei der Cybersicherheit direkt am Netz an statt an Geräten der Firmenkunden. Damit sind die Handys, Computer, Tablets oder IoT-Geräte der Unternehmenskunden geschützt, sobald sie mit einer Swisscom-SIM-Karte mit dem Internet verbunden sind. Das Ganze funktioniert laut Swisscom-Chef Christoph Aeschlimann wie ein sehr grosses Unternehmensnetz.
Man verbindet die Geräte der Firmenkunden nicht mehr mit dem öffentlichen Internet, sondern mit dem Swisscom-eigenen Beemnet. Dabei durchläuft der gesamte Datenverkehr zahlreiche Sicherheitschecks, wodurch Cyberangriffe abgewehrt und schädliche Inhalte blockiert werden. Auch unterstützte Geräte in Drittnetzen oder in öffentlichen WLANs können mithilfe einer Beem-App ebenfalls geschützt werden. Damit können Mitarbeiter von Firmen auch im Ausland sicher auf Firmendaten zugreifen.
Auf der operativen Seite haben die Schweizer Mobilfunkanbieter einen Sieg errungen: Die Forderung des Bundesrats nach einer Notstromversorgung von 72 Stunden für Handyantennen ist vom Tisch. Dies haben die Chefs von Swisscom, Sunrise und Salt an einem "runden Tisch" mit Bundesrat Albert Rösti erreicht. Bei dem Treffen im letzten Herbst wurde eine Verlängerung der Notstromversorgung von einer Stunde auf vier Stunden beschlossen.
Die jetzige Lösung mit einer Notstromversorgung von vier Stunden sei mit der Installation von neuesten Batterietechnologien an den Handyantennen machbar, sagten Branchenvertreter Ende Juni im Gespräch mit AWP. Die Aufrüstung werde über die nächsten Jahre erfolgen. Der nun gefundene Kompromiss soll in die Änderung der Verordnung über die Fernmeldedienste einfliessen. Einen Entscheid über diese Änderung werde der Bundesrat voraussichtlich bis Ende Jahr fällen, sagte die Uvek-Sprecherin.
Zudem geht der Glasfaserausbau weiter: Die Swisscom und das Elektrizitätswerk Nidwalden (EWN) wollen gemeinsam alle zehn Gemeinden im Kanton Nidwalden bis Ende 2030 am Datennetz anschliessen.
Fels in der Brandung
Die Swisscom-Titel haben nach Verkündung des Zollhammers von US-Präsident Donald zwar Mitte April ihr 52-Wochen-Tief bei 491,00 Franken erreicht, sich seither aber markant erholt. Derzeit liegt der Kurs bei 581 Franken, ein Zwei-Jahres-Hoch bedeutet. Die defensive Aktie gilt in Zeiten der Börsenunsicherheiten als Fels in der Brandung.
Seit Anfang Jahr haben die Titel mit einem Plus von 15 Prozent den Gesamtmarkt SMI (plus 2 Prozent) klar abgehängt. Das durchschnittliche Kursziel kommt bei 532,07 Franken zu stehen. Drei Experten empfehlen die Titel zum Kauf, vier zum Verkauf und neun sprechen eine Halten-Empfehlung aus.
(AWP)