Zuallererst eines: Wir warnen hier weder vor einem bevorstehenden Börsen-Crash noch vor einem Zerfall der Euro-Zone. Derzeit gibt es sogar durchaus Gründe, für die Aktienmärkte vorsichtig optimistisch zu sein. Das tiefbleibende Zinsniveau sowie eine vorsichtige Stabilisierung der Weltwirtschaft deuten darauf hin, dass die lange Börsen-Hausse tatsächlich noch eine Weile andauern könnte. Auch die Tatsache, dass US-Präsident Donald Trump vor den Präsidentschaftswahlen im November keinen Börsen-Crash will, spricht für dieses Szenario.

Trotzdem kann eine grössere Korrektur an den Märkten jederzeit kommen. Wenn Börsen-Crashs prognostizierbar wären, gäbe es sie nicht. Daher bietet es sich für Anleger jederzeit an, ihre Aktien im Depot auf Krisenfestigkeit zu überprüfen. cash zeigt die wichtigsten Punkte, anhand derer Anleger testen können, ob ihre Aktien die nächste Krise einigermassen schadlos überstehen können.

1. Blick zurück: Gewinnentwicklung während der letzten Krise

Der erste Punkt klingt so naheliegend wie einfach, gibt aber grossen Aufschluss über die Krisenfestigkeit von Unternehmen. Überprüfen Sie, wie sich der operative Gewinn des Unternehmens während der grossen Wirtschafts- und Finanzkrise 2008 entwickelt hat. Dabei bietet es sich besonders an, den Vorsteuergewinn (EBIT) heranzuziehen. Wie viel der Staat vom Gewinn eines Unternehmens haben will, sagt erstmal wenig über das Unternehmen selbst aus.

Die Krise von 2008 war die heftigste seit der Weltwirtschaftskrise von 1929. Wer diese Periode bilanztechnisch einigermassen unbeschadet überstehen konnte, hat quasi den ultimativen Lackmustest bestanden. Ein Unternehmen, welches sich in der Krisenphase von 2008 als besonders standfest erwies, ist McDonald’s.


Vergleich der Aktien-Performance von McDonald's (gelb) und Richemont (weiss) zwischen 2006 und 2010, Quelle: Bloomberg. 

Ein Blick auf die Bilanz-Abschlüsse der weltgrössten Fastfood-Kette zeigt, dass der Konzern von der Krise praktisch völlig verschont blieb. Im Gegenteil: Der EBIT konnte im Jahr 2008 um 11 Prozent gesteigert werden, der Umsatz immerhin um 6 Prozent. Die eigentlich altbacken daherkommende Börsenweisheit "Gegessen wird immer" scheint zumindest hier zuzutreffen.

Negativbeispiele wären Luxusgüterkonzerne wie etwa Richemont. Die Genfer haben die Krise voll zu spüren bekommen, der Gewinn brach im Jahr 2008 um rund 31 Prozent ein. An der Börse lässt sich die unterschiedliche Krisenfestigkeit von Richemont und McDonald’s gut ablesen. Während der Luxustitel während der Finanzkrise stark korrigiert, könnte man beim Blick auf den McDonald’s-Kurs glauben, es hätte nie eine Finanzkrise gegeben.

2. Blick zurück 2: Schwankungen im operativen Geschäft während der letzten 15 Jahre

Wie Unternehmen die Finanzkrise von 2008 verkraften konnten, ist ein wichtiger Indikator für deren Stabilität. Doch neben dem absoluten Härtefall sollten Anleger auch schauen, wie sich das operative Geschäft des Unternehmens über einen längeren Zeitraum entwickelt hat. Die letzten 15 Jahre etwa geben Aufschluss über die Abhängigkeit von Wirtschaftszyklen, aber auch darüber, wie sensitiv das Unternehmen auf Ölpreisschwankungen, veränderte Zinsniveaus oder etwa Rohstoffpreisentwicklungen reagiert.

Der Zeitraum der letzten 15 Jahre schliesst die grosse Krise von 2008, den Börsenboom von 2006/2007, erhebliche Schwankungen im Ölmarkt sowie extreme Veränderungen der Zinsniveaus mit ein. Hat ein Unternehmen diese Zeitperiode gut überstanden, stehen die Chancen gut, dass die Firma auch künftige Krisen stemmen kann.

3. Gegenwart: Verschuldungsgrad, Unternehmensgrösse und Sitz

Klar ist, die Vergangenheit sagt viel über die Stabilität und Kontinuität eines Unternehmens aus. Klar ist aber auch: Natürlich darf die Gegenwart nicht völlig ausser Acht gelassen werden. Auch wenn die Aktie die Widrigkeiten der letzten Jahre gut überstehen konnte, ist es unabdingbar, sich auch die aktuelle Konstitution des Unternehmens anzuschauen. Wichtig für künftige Krisen ist etwa, dass das Unternehmen eine möglichst geringe Verschuldung aufweist und am besten eine hohe Eigenkapitalquote aufweist. Ist die Bilanz eines Unternehmens stark, ist es in Krisen handlungsfähiger.

Zudem gilt: je grösser das Unternehmen, desto krisenfester. Ab wann ein Unternehmen als gross bezeichnet werden kann, ist freilich Interpretationssache. Die Benchmark bei einem Umsatz von einer Milliarde Franken im Jahr zu setzen, wäre eine Möglichkeit.

Auch der Firmensitz bzw. der Markt, in dem das Unternehmen überwiegend operiert, ist ein wichtiger Faktor. Wer bei Unternehmen Wert auf Kontinuität und Krisenfestigkeit legt, sollte sich auf die hochentwickelten Industrieländer konzentrieren. Zwar locken hier weniger Wachstumschancen wie etwa in den sogenannten Emerging Markets. Dafür sind Anleger bei Firmen in Industrieländern weitaus weniger Risiken und einer geringen Volatilität ausgesetzt, Stichwort Rechtssicherheit.

4. Zukunft: Ist das Unternehmen verzichtbar?

Zuletzt kann es neben der Analyse und Bewertungen von nackten Zahlen auch helfen, sich bei dem Unternehmen folgende – zugegebenermassen etwas hypothetische – Frage zu stellen: Sind die Produkte des Unternehmens für mich oder einen Grossteil der Gesellschaft problemlos verzichtbar? Die Antwort auf die Frage ist zwar kaum quantifizierbar, dessen Erörterung kann aber dennoch einen gewissen Aufschluss über die Stärke und die Stellung des Unternehmens geben.

Als relativ "sichere Nummern" gelten etwa Pharmafirmen wie Roche oder Novartis. Egal wie stark eine Rezession ausfällt, Medikamente gehören zu den letzten Dingen, woran die Leute sparen. Ähnliches sagt man über Nahrungsmittelunternehmen. Doch man kann auch jenseits der Maslowschen Bedürfnispyramide überlegen, warum eine Firma auch noch morgen gut dastehen wird.

Sportausrüster wie Nike oder Adidas etwa haben ein derart starken Brand, dass sie seit Jahrzehnten omnipräsent sind und eine treue Kundengruppe hinter sich haben. Selbstverständlich gibt es andere Sportartikelhersteller, auf die Kunden ausweichen könnten. Doch Kunden gewöhnen sich an eine Marke und sind schon rein aus Bequemlichkeit oft wechselfaul. Würde Nike morgen dicht machen, wäre die Aufregung weltweit gross. Würden konkurrierende Hersteller wie Under Armour oder Asics von heute auf morgen keine Produkte mehr verkaufen, würden es die allermeisten in ihrem Alltag wohl gar nicht merken.