In den letzten sechs Monaten sind die «Magnificent 7» nicht mehr die Zugpferde des US-Leitindex S&P 500, nachdem die sieben Aktien Apple, Alphabet, Amazon, Meta, Microsoft, Nvidia und Tesla im Vorjahr noch eine Outperformance von bis zu 15 Prozent gegenüber den restlichen 493 Indexmitgliedern aufwiesen.

Die Gewinnerliste im S&P 500 Index wird dieses Jahr von Palantir (+86 Prozent), NRG Energy (+76 Prozent), Seagate Technology (+72 Prozent) oder Uber Technologies (+61 Prozent) angeführt. Erst auf den hinteren Rängen folgen Meta (+22 Prozent) sowie Nvidia und Microsoft mit einem Plus von je 18 Prozent. 

Die erfolgsverwöhnten Aktionäre von Apple (-16 Prozent), Alphabet (-7 Prozent) oder Tesla (-27 Prozent) sind in diesem Jahr gar mit Kursverlusten konfrontiert. Das hält - ähnlich wie in der Schweiz mit seinen drei Schwergewichten Nestlé, Novartis und Roche - den S&P 500 Index zurück. Hätten diese drei Unternehmen keine Kursverluste erlitten, stünde der S&P 500 Index um mindestens 140 Punkt respektive 2,1 Prozent höher. Am Mittwoch nach Börseneröffnung steht der S&P 500 Index bei 6'240 Punkten.  

Diese Divergenzen unter den einzelnen Unternehmen lassen den Glanz der ganzen Gruppe verblassen. Vor allem Apple und Alphabet wirken orientierungslos, erklärt Maurizio Porfiri, CIO bei Maverix Securities, auf Anfrage von cash.ch. «Innovationen fehlen weitgehend, während man versucht, durch Produktpflege und Verbesserungen bestehender Dienste den Rückstand zur Konkurrenz zu begrenzen. Fortschritte bei KI, neuen Geräten oder digitalen Ökosystemen bleiben bislang aus. Das widerspiegelt sich im Kursverlauf,» so Porfiri.

Dagegen baut Meta seine Vormachtstellung im Bereich Social Media konsequent aus und integriert aktiv KI-Modelle in die Plattformen. Nvidia wiederum bietet nicht nur die leistungsstärksten Chips der Welt an, sondern hat auch komplette Plattformlösungen für Rechenzentren mit unterschiedlichen Netzwerkarchitekturen entwickelt. Entsprechend dominiert Nvidia den Markt für das Training von KI-Modellen mit einem Marktanteil von über 90 Prozent, erklärt Porfiri. 

Allerdings ist Nvidia kein Trade mit viel kurzfristigem Gewinnpotenzial wie in den letzten zwei Jahren, auch wenn der Titel am Mittwoch im frühen New Yorker Handel bei der Marktkapitalisierung die Marke von vier Billionen Dollar geknackt hat. Xiadong Bao, Portfolio Manager internationale Aktien bei Edmond de Rothschild Asset Management, erklärt gegenüber cash.ch, dass Nvidia zwar immer noch mit einem hohen Wachstum zu überzeugen wisse. Allerdings sei die Häufigkeit der jährlichen Aktualisierungen für Nvidia-KI-Server im Vergleich zur geopolitischen Konstellation mit US-Zöllen und dem im Raum stehenden Reshoring noch ungeklärt. Darauf müssen Anlegerinnen und Anleger achten. Das ist die grösste Sorge, so Bao.

Ein weiterer Aspekt für den Portfoliomanager von Edmond de Rothschild ist die Kapitalrendite von Hyperscalern im Bereich generativer KI, welche zunehmend infrage gestellt wird. Unter Berücksichtigung der hohen Bewertung können Kursrückschläge bei Nvidia nicht ausgeschlossen werden, wenn man die Kluft zwischen den gestiegenen Erwartungen und der Unberechenbarkeit der technologischen Entwicklung und des Finanzmarkts bedenkt.

Microsoft und Amazon wirken dagegen wie Riesentanker – stabil, aber schwerfällig. «Überraschungen sind hier kaum zu erwarten. Zwar dürften Innovationen folgen, doch der durchschlagende Erfolg von Microsofts OpenAI-Integration oder Amazons E-Commerce-Revolution ist wohl kaum wiederholbar», meint Porfiri von Maverix.

Legen die Google-Valoren den Turbo ein?

Anlegerinnen und Anleger investieren zwar zunehmend in zyklische US-Titel sowie in Small- und Mid-Caps. Eine gewisse Abkehr von den zuvor übergewichteten Wachstumswerten ist sichtbar. Dennoch sind die Treiber im Technologie- und Kommunikationssektor als Anlagethema nicht ausblendbar. 

Die Gewichtungen der «Magnificent 7» sind zu bedeutend, ihre Investitionen über hunderte von Milliarden haben weitreichende Auswirkungen auf ganze Technologiebranchen, erklärt Porfiri von Maverix. Nach nun fast sechs Monaten der Konsolidierung kristallisieren sich bei einigen Titeln wie Nvidia, Meta oder Microsoft wieder klare Führungsansprüche heraus. Dabei geht es längst nicht mehr nur um Cloud und künstliche Intelligenz - neue Geschäftsfelder wie Robotik, Mobilität und sogar Verteidigung rücken in den Fokus, so der Experte von Maverix.

Ein unerwartetes Comeback könnte Googles Mutterkonzern Alphabet feiern. Edmond de Rothschilds Portfoliomanager Bao ist positiv gestimmt, auch wenn generative KI-basierte Suche oder agentenbasierte KI den Suchmarkt künftig möglicherweise kannibalisieren könnte. Ein Grund für die positive Einschätzung sind die «Tensor Processing Units» - kurz TPUs. Dabei handelt es sich um anwendungsspezifische Chips, die für alltägliche Inferenzaufgaben kostengünstiger und leistungsfähiger sind als Nvidias KI-GPUs.

Google ist hier nicht zu spät dran, da das Unternehmen über grosse Datenmengen verfügt, die für agentenbasierte KI, die zu Ihrem persönlichen KI-Assistenten werden soll, unerlässlich sind. Auch im Smartphone-Bereich verpasst Google mit Android nicht den Anschluss. «Apples iPhone ist sicherlich sehr gut, aber Apples Intelligenz reicht bisher nicht aus», schätzt Bao. Zudem kann Google als eines der wenigen Unternehmen, die den Programmierermarkt ansprechen, KI-Anwendungen kurzfristig monetarisieren - dank des vor wenigen Tagen eingeführten wettbewerbsfähigen Programmierassistenten Gemini CLI.

Das beste Argument für Alphabet ist jedoch die Bewertung. Der Aktienkurs liegt aktuell beim 17- bis 18-Fachen des Kurs-Gewinn-Verhältnisses. Zum Vergleich: Tesla steht bei 160, Nvidia und Amazon jeweils 36, Meta 28, Apple 27 und Microsoft 26. Bao von Edmond de Rothschild hält die Aktie daher keineswegs für teuer. «Die aktuell niedrige Bewertung von Google lässt sich durchaus rechtfertigen, da die Gefahr von Marktanteilsverlusten bei der Suchmaschine eingepreist ist. Ich frage mich jedoch, warum der Markt die Werbemarktdaten nicht einpreist, da die kurzfristigen Daten für Google weiterhin gut sind.»

Die Anzeigenklickrate ist gut, und die YouTube-Monetarisierung ist weiterhin recht stark. Das sind starke Argumente. Deshalb ist Google auch die einzige Aktie, die Bao von Edmond de Rothschild in seinem Fonds innerhalb der «Magnificent 7» übergewichtet.

Thomas Daniel Marti
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