In einer seltenen Verkaufswelle ihrer börsennotierten Aktien haben sie demnach bislang rund eine Milliarde Dollar eingestrichen. Unter ihnen ist Spotify-Mitbegründer Martin Lorentzon, der Ende Mai einen Antrag auf den Verkauf von einer Million Aktien des Audio-Giganten im Wert von rund 660 Millionen Dollar einreichte. Dies ist der grösste Aktienverkauf, den Lorentzon seit dem Börsengang des Stockholmer Unternehmens im Jahr 2018 auf einmal getätigt hat. Das geht aus von Bloomberg aus behördlichen Unterlagen zusammengestellten Daten hervor.

Auch die Spanierin Maria Del Pino, Mitglied der Ferrovial-Gründerfamilie, reduzierte am 27. Mai ihren Anteil an dem in Amsterdam ansässigen Infrastrukturunternehmen um den grössten Betrag seit mindestens neun Jahren. Sie verkaufte Anteile im Wert von 271 Millionen Euro an dem von ihrem Vater gegründeten Unternehmen.

Die Zwillinge Thomas und Andreas Strüngmann haben am 28. Mai die Veräusserung von BioNTech-Anteilsscheinen im Wert von mehr als 100 Millionen Dollar beantragt – ihre ersten Verkäufe von Aktien des Corona-Impfstoffherstellers in diesem Jahr. Die vier Unternehmer - die nach den Aktienverkäufen weiterhin bedeutende Anteile an den jeweiligen Unternehmen halten - verfügen laut dem Bloomberg-Milliardärsindex über ein Gesamtvermögen von rund 49 Milliarden Dollar.

Europäische Aktien haben sich als globale Gewinner herausgestellt, da sich die wirtschaftlichen Aussichten des Kontinents aufhellen, während der von US-Präsident Donald Trump geführte Handelskrieg die US-Finanzmärkte belastet. Der europäische Stoxx-600-Index hat den S&P 500 in diesem Jahr bis Montag in Dollar um den Rekordbetrag von 18 Prozentpunkten übertroffen, angetrieben von den gewaltigen Ausgabenplänen der deutschen Bundesregierung und einem stärkeren Euro.

Sieben der zehn Aktien mit der besten Performance im Jahr 2025 im MSCI World Index haben ihren Sitz in Europa. Auch die Aktien von Spotify und Ferrovial haben in den letzten Wochen Rekordhöhen erreicht. Die Titel von BioNTech sind in diesem Monat um etwa 14 Prozent gestiegen, nachdem Bristol-Myers Squibb am 2. Juni bekannt gegeben hatte, dass es dem Mainzer Immuntherapie-Unternehmen für die Lizenzierung eines Krebsmedikaments bis zu 11,1 Milliarden Dollar zahlen wird.

Reiche Menschen reduzieren regelmässig ihre börsennotierten Vermögenswerte

Viele der reichsten Menschen der Welt reduzieren regelmässig ihre börsennotierten Vermögenswerte aus Liquiditätsgründen und zur routinemässigen Vermögensplanung, wobei die Erlöse in der Regel in private Märkte, wohltätige Zwecke und andere Bereiche fliessen. Dennoch ist es ungewöhnlich, dass die Superreichen innerhalb weniger Tage so grosse Aktienpakete verkaufen - zumal viele von ihnen derzeit zunehmend optimistisch gegenüber den Aktienmärkten sind.

Laut einer im letzten Monat veröffentlichten Umfrage der UBS unter 317 Family Offices erhöhen Investmentfirmen für Superreiche in diesem Jahr ihre Aktienallokationen im Durchschnitt auf etwa ein Drittel ihres Portfolios - den höchsten Stand seit mindestens 2019. Weniger als 10 Prozent dieser Firmen, die durchschnittlich 1,1 Milliarden Dollar verwalten, werden voraussichtlich in den nächsten fünf Jahren ihre Aktienbestände in den Industrieländern reduzieren.

Einige Family Offices wie die des Mexikaners Carlos Slim und der schwedischen Milliardärs-Dynastie Persson stockten im April ihre Aktienbestände inmitten des durch Trumps Handelspolitik ausgelösten Marktchaos auf und erzielten so bei der Erholung der Märkte hohe Buchgewinne. Der 56-jährige Lorentzon hat sein Technologievermögen in den letzten Jahren in Startups im Gesundheitsbereich investiert - darunter auch in eines, das von seinem Spotify-Gründerkollegen Daniel Ek aufgebaut wurde. Ausserdem ist er der Ankerinvestor von Cervantes Capital, einer nordischen Private-Equity-Firma, die ihre Expansionspläne vorantreibt.

Die 69-jährige Maria del Pino, die Präsidentin der nach ihrem verstorbenen Vater Rafael del Pino benannten Stiftung, hat ihr Vermögen zuvor in amerikanische Megacap-Technologieaktien wie Microsoft, Nvidia und Amazon.com investiert. Die 75-jährigen Strüngmann-Zwillinge haben ihre Immobilienkäufe verstärkt, nachdem sie mit frühen Investitionen in BioNTech ernorme Gewinne erzielt hatten. Im Jahr 2020 war BioNTech eine Partnerschaft mit Pfizer eingegangen, um den ersten von der US-Arzneimittelbehörde FDA zugelassenen Corona- Impfstoff zu entwickeln.

(Bloomberg)