Die Aktien der einst verschlafenen deutschen AlzChem Gruppe haben sich im Jahr 2025 mehr als verdoppelt und damit ihre Gewinne der vergangenen drei Jahre auf über 560 Prozent ausgeweitet. Das ist bei weitem die stärkste Entwicklung unter den aktuellen Mitgliedern des deutschen Small-Cap-Index SDAX, dem der Chemiekonzern Ende vergangenen Jahres beigetreten ist.
Als Hersteller eines Rohstoffs, der in Treibladungen für NATO-standardisierte 155-mm-Artilleriemunition verwendet wird, ist AlzChem in den Fokus von Investoren geraten, die eine alternative Möglichkeit suchen, vom boomenden europäischen Verteidigungssektor zu profitieren. Das Unternehmen profitiert zudem von der stark steigenden Nachfrage nach muskelaufbauendem Kreatin durch eine Partnerschaft mit einem deutschen Molkereiunternehmen.
AlzChem sei «eine sehr überzeugende Wachstumsgeschichte für ein Chemieunternehmen», sagte Pierre-Olivier Essig, Forschungsleiter bei Advanced Investment Research SL. Neben dem Verteidigungsbereich sei das Unternehmen in drei Megazyklen engagiert – gesundes Altern, Bevölkerungswachstum und Klimawandel, sagte er.
Analysten sehen weiteres Wachstum im Verteidigungssegment, da AlzChem seine erste US-Fabrik zur Herstellung von Nitroguanidin plant, das in Munition verwendet wird. «Das US-Verteidigungsministerium hat bereits zugestimmt, die Anlage vollständig zu subventionieren», sagte Warburg-Research-Analyst Oliver Schwarz. Das bedeute eine Kapazitätserweiterung für sehr attraktiv bepreiste Produkte «bei minimalen Kosten für das Unternehmen», merkte er an.
Der deutsche Konzern kündigte im Oktober ausserdem eine Partnerschaft mit dem Molkereiunternehmen Ehrmann SE an, um Kreatin in Müsliriegeln und Puddings zu verwenden. Schwarz rechnet mit weiteren ähnlichen Kooperationen.
AlzChem sei der «einzige westliche Produzent von Kreatin, der einzige westliche Produzent von Nitroguanidin», so Vorstandschef Andreas Niedermaier. Alle Konkurrenzprodukte seien in irgendeiner Phase ihrer Lieferkette aus China bezogen worden, erklärte er in einem Interview.
Warburg-Research-Analyst Schwarz sagte, dass es enorme Investitionen und Skaleneffekte erfordern würde, um das Geschäftsmodell von AlzChem nachzuahmen. Um mit der Produktion dieser Chemikalien zu beginnen, «reden wir nicht von Investitionen von ein paar Millionen Euro, sondern tatsächlich von 1 oder 2 Milliarden Euro», sagte er. «Wenn man das neu aufbauen wollte, würde man im Grunde seine Marge zerstören.»
Unter den von Bloomberg erfassten Analysten kommt das Unternehmen auf fünf Kaufempfehlungen und nur eine neutrale Einschätzung, mit einem Kurspotenzial von 28 Prozent basierend auf den durchschnittlichen Kurszielen. Laut Schwarz seien das US-Projekt und weitere Kreatin-Verträge noch nicht eingepreist.
(Bloomberg/cash)
