Als die Schweizer Börse SIX am Dienstagmorgen den Handel aufnahm, sah noch alles nach einem ganz gewöhnlichen Tag für die dividendenstarke Swisscom-Aktie aus. Doch dann überschlugen sich die Ereignisse: Kurz nach 10 Uhr kündigte der Mobilfunkanbieter Salt mit Pauken und Trompeten den Einstieg ins Festnetzgeschäft an.

Prompt gerieten die Kurse bei der Schweizer Marktführerin ins Rutschen. Als die Nachrichtenagentur Bloomberg im Laufe des Nachmittags dann auch noch von einem bevorstehenden Schulterschluss zwischen Sunrise Communications und UPC Schweiz berichtete, geriet die Aktie erst recht in einen Abwärtsstrudel.

Nach Tagestiefstkursen von 473,40 Franken ging die Swisscom-Aktie um 4,6 Prozent tiefer bei 479,30 Franken aus dem Handel. Seit Jahresbeginn errechnet sich damit gar ein Minus von fast 8 Prozent. Zur Freude der Leerverkäufer, berichtete der cash Insider kürzlich doch von grossen Wetten.

Diese Reaktion überrascht, war doch bei Salt schon seit über einem Jahr die Rede von einem Vorstoss ins Festnetzgeschäft. Denn nur so kann die Nummer drei im Mobilfunkmarkt Schweiz wie die Konkurrenz Kombi-Pakete anbieten.

Hohe Surfgeschwindigkeit zu Kampfpreisen

Für gewöhnlich lassen verteidigende Analystenkommentare nicht lange auf sich warten, wenn eine Aktie derart an der Börse abgestraft wird.

Doch weit gefehlt: J.P. Morgan bekräftigt die Underweight lautende Verkaufsempfehlung. Und das obwohl das Kursziel von 480 Franken im Laufe des Dienstagnachmittags unterschritten wurde. Die US-Investmentbank zeigt sich überrascht von den Kampfpreisen und der hohen Surf-Geschwindigkeit, mit welchen Salt ins Festnetzgeschäft vorstösst.

Kursentwicklung der Swisscom-Aktie über die letzten Wochen (Quelle: www.cash.ch)

Allerdings könnten vorerst nur geschätzte 20 bis 30 Prozent der Schweizer Haushalte vom neuen Angebot profitieren. Ausserdem sei es Salt in den letzten Jahren auch im Mobilfunkbereich nicht gelungen, der Marktführerin Swisscom im grossen Stil Marktanteile abzujagen, so heisst es bei J.P. Morgan weiter.

Berechnungen der Deutschen Bank zufolge ist der Preis für das Festnetzangebot von Salt um 60 Prozent unter dem der Swisscom und immerhin um 53 Prozent unter jenem von Sunrise Communications angesetzt. Wie die Grossbank weiter schreibt, beträgt die Preisdifferenz bei den Kombi-Paketen hingegen "nur" rund 29 Prozent. Bei der Deutschen Bank wird die Swisscom-Aktie als fair bewertet bezeichnet und mit "Hold" sowie einem Kursziel von 509 Franken eingestuft.

Ist Sunrise stärker als die Marktführerin Swisscom betroffen?

Barclays macht in einem Kommentar hingegen den sich abzeichnenden Zusammenschluss zwischen Sunrise Communications und UPC Schweiz zum Thema. Dass die UPC-Mutter Liberty Global ein Joint-Venture zwischen den beiden Unternehmen und keine Übernahme von Sunrise anstrebt, deckt sich mit den bisherigen Erwartungen der britischen Grossbank. Darauf abgestützt hatte Barclays die Sunrise-Aktie erst letzte Woche auf "Underweight" heruntergestuft.

Wie es weiter heisst, dürfte der Vorstoss von Salt in den Festnetzbereich die Nummer zwei im Schweizer Mobilfunkmarkt stärker beeinträchtigen als die Swisscom. Anders als ihre Rivalin werde die Marktführerin nur wo nötig die Preise senken, um ihre Marktanteile zu verteidigen.

Dennoch empfiehlt Barclays nicht nur die Aktie von Sunrise Communications, sondern auch jene von Swisscom zum Verkauf.

Eine geballte Ladung Pessimismus

Wie Erhebungen der Nachrichtenagentur AWP zeigen, raten zehn von 19 Analysten zum Verkauf der Swisscom-Aktie. Sechsmal lautet das Anlageurteil "Halten" und nur in drei Fällen "Kaufen".

Dieser verbreitete Pessimismus überrascht, beträgt die Dividendenrendite nach dem jüngsten Kursrückgang doch attraktive 4,6 Prozent. Wäre da nicht die Aktie von Sunrise, welche gar 4,7 Prozent rentiert - und das erst noch steuerfrei aus Kapitaleinlagereserven.