Für Investoren in die risikoreichsten Staatsanleihen Europas wird es schwer sein, an das Super-Jahr 2019 anzuknüpfen. Griechische Staatsanleihen erzielten unter den Industrieländern die besten Renditen, und auch andere Anleihen aus Euroraum-Peripherieländern wie Italien fuhren zweistellige Gewinne ein.

Die Renditen wurden auf Rekordtiefs gedrückt. Die Ertragsaussichten nehmen indessen rapide ab. Sogar bisherige Optimisten wie BlackRock, Axa Investment Managers und Nomura Asset Management wollen sich nun 2020 von ihnen fernhalten. Anzeichen für einen Konjunkturaufschwung nach einer globalen Abkühlung dürften dazu führen, dass die Europäische Zentralbank und die Federal Reserve nach ihren Zinssenkungen pausieren, was die Aussichten auf eine Fortsetzung der Bondrally dämpft.

Eine volatile Politik ist eine weitere Sorge angesichts zerbrechlicher Regierungen in Italien und Spanien. Zudem kann es aus Liquiditätsgründen - insbesondere in Griechenland - schwierig werden, Papiere abzustoßen, wenn sich die Lage verschlechtert. „Die Zeit der Erträge auf dem europäischen Rentenmarkt ist größtenteils vorbei”, sagte Richard Hodges, Leiter des Bereichs Total Return Fixed Income der Vermögensverwaltungssparte der Nomura. Ihr Fonds erzielte einen Ertrag von 17% mit Wetten auf Italien und Portugal und rangiert damit unter den Top-1% unter den Pendants. „Wenn Sie im nächsten Jahr Glück haben, kommen Sie auf 2-3% und mehr nicht.”

"Staatsanleihen der Euroraum-Peripherie herabgestuft”

Griechische und italienische Anleihen haben laut den Bloomberg Barclays-Indizes in diesem Jahr eine Rendite von 31% bzw. 11% erzielt. BlackRock bezeichnete italienische Bonds als das viertbeste Investment 2019 nach US-Aktien und Brent-Rohöl. Die Renditen von zehnjährigen spanischen und portugiesischen Staatsanleihen sind im Sommer, vor der Wieder-Aufnahme des EZB- Anleihekaufprogramms, auf knapp über 0% gefallen. „Wir haben Staatsanleihen der Euroraum-Peripherie herabgestuft”, schrieben BlackRock-Strategen um Scott Thiel in einer Notiz an die Kunden in dieser Woche. “Wir sehen die Renditen und Spreads als unzureichend an, um Anleger für die unterschätzten politischen Risiken in der Region zu entschädigen.”

Auch bei den meisten Banken sind die Strategen vorsichtig geworden. Bessere Erträge lassen sich erzielen, wenn die relative Performance von Staatsanleihen des Euro-Währungsgebiets angepeilt wird, sagt Christoph Rieger, Leiter der Zinsstrategie bei der Commerzbank. Er rät zu Käufen von spanischen und portugiesischen Anleihen gegenüber Verkäufen von belgischen Papieren. In Spanien blieben die Sozialdemokraten bei den Wahlen im vergangenen Monat die größte Partei im Parlament, verfehlten jedoch deutlich eine absolute Mehrheit.

Chris Attfield, Stratege für Festverzinsliche bei HSBC, zieht es vor, zehnjährige italienische Anleihen zu verkaufen und längere 30- jährige Anleihen zu kaufen, statt Schuldverschreibungen mit längerer Laufzeit direkt zu halten. Dies sei angesichts des Volatilitätspotenzials zu riskant. Das zeigte sich in dieser Woche angesichts eines möglichen Referendums im nächsten Jahr über die Zahl der Sitze im italienischen Parlament, das vorgezogene Neuwahlen in der jüngsten Koalitionskrise auslösen könnte. Italienische und griechische Anleihen führten nach den Nachrichten die Verlierer in der Region an.

Italien - Angst vor Rückkehr Salvinis

Die derzeitige marktfreundliche Koalition in Rom ist krisenanfällig und die Alternative - ein vom Euroskeptiker Matteo Salvini angeführtes Bündnis - ist unpopulär. Die Anleger befürchten eine mögliche Rückkehr von Salvini in die Regierung und einen erneuten Streit mit Brüssel über die Haushaltsdefizite. Und für viele am Markt ist der 2018 erfolgte Abverkauf wegen dieser Problematik immer noch ein Grund, nicht zu kaufen. „Wir handeln sie auf der kurzen Seite”, sagte Alessandro Tentori, Chief Investment Officer bei Axa, der in der ersten Jahreshälfte die kurzfristigen Papiere des Landes kaufte. „Die Koalitionsregierung ist fragil - sie scheint Probleme mit fast jedem Gesetz zu haben - und die Wirtschaftslage ist mit Sicherheit nicht besser geworden.”

Ein großer Ausverkauf in der südlichen Euroraum-Peripherie ist nach Ansicht der meisten Analysten indessen nicht zu erwarten. Die Papiere dürften ihr Niveau in etwa halten. Langfristige Anleihen aus dem Mittelmeerraum bieten nach wie vor positive Renditen, während Investoren für das Ausleihen von Geld vielen Staaten in der Region etwas zahlen müssen. Um jedoch die gleiche Art von saftigen Erträgen zu erzielen wie im vergangenen Jahr, müssen Händler wohl kreativer werden oder sich anderen riskanteren Schuldtiteln zuwenden.

(Bloomberg)