Mindestens zwei Kantonalbanken haben in Ausnahmefällen bereits Minuszinsen bei Hypothekarkrediten gewährt, schreibt der "Tages Anzeiger" in seiner Dienstagsausgabe. Konkret soll es sich dabei um die Zuger und Graubündner Kantonalbank handeln.

Während sich erstere über die Einzelheiten zugeknöpft zeigt, gibt Thomas Müller von der Graubündner Kantonalbank dem Tages Anzeiger etwas mehr Details preis: "Bei institutionellen Kunden mit sehr grossem und gleichzeitig sehr kurzfristigem Finanzierungsbedürfnis können bei der GKB, je nach aktueller Refinanzierungssituation, Minuszinsen zur Anwendung kommen."

Bisher waren nur in Dänemark Fälle von Immobilienfinanzierungen mit negativen Verzinsungen bekannt. Dort aber nicht nur für auserwählte Institutionelle, sondern auch für Privatpersonen (cash berichtete). Variable Hypotheken in Dänemark sind teilweise mit einem Zins von minus 0,3 Prozent erhältlich - allerdings fressen Gebühren diese Einnahmen wieder weg. So betrachtet trifft es demnach nicht zu, dass Hypothekarnehmer in Dänemark für ihren Hauskredit von der Bank noch Geld bekommen.

Kommen jetzt die flächendeckenden Negativzinsen?

Derzeit kosten zehnjährige Schweizer Festhypotheken im Schnitt noch knapp unter 1,1 Prozent, fünfjährige sogar nahe bei 0,9 Prozent - das ist günstig wie nie. Der jüngste Tabubruch in der Immobilienfinanzierung wirft nun unweigerlich die Frage auf, ob auch in der Schweiz Hypotheken bald flächendeckend mit negativen Verzinsungen erhältlich sind.

Ein Szenario, vor welchem Donato Scognamiglio warnt: "Wenn Banken das Businessmodell mit Negativzinsen im Hypothekarbereich durchziehen würden, müssten sie umgekehrt auch Sparguthaben von Retailkunden mit Guthaben unter 500'000 Franken negativ verzinsen", sagt der Immobilien-Experte auf cash-Anfrage. Mit fatalen Konsequenzen: "Kunden würden dann ihr Geld abheben, ein Bankrun wäre die Folge."

Bisher ist die Alternative Bank das einzige Finanzinstitut, das Negativzinsen von 0,75 Prozent für Retailkunden eingeführt hat. Andere sind zurückhaltender, geben diese direkt nur an Kunden mit einem Vermögen ab 500'000 oder gar 1 Million Franken weiter. Kunden bekommen jedoch die Tiefzinssituation mit Nullverzinsungen und höheren Gebühren indirekt zu spüren.

Scognamiglio glaubt nicht, dass es tatsächlich zu negativen Hypozinsen für Privatkunden kommen wird. Vielmehr handle es sich bei den aktuell gewährten negativen Hypothekarzinsen um vereinzelte Spezialsituationen, in denen Banken kurzfristig über zu viel Liquidität verfügten. Anstatt diese bei der Schweizerischen Nationalbank zu Negativzinsen von minus 0,75 Prozent zu hinterlegen, würden diese für kurze Zeit an Insitutionelle ausgeliehen.

In einer Analyse erhob auch der Hypothekenvermittler Moneypark grosse Zweifel, dass ein solches Negativzins-Szenario bei Hypotheken eintreffen wird. Eine Reduktion der Hypothekenzinsen sei schlicht und einfach mit zu hohen Margenbussen verbunden. Und: "So lange auf den Sparguthaben bei Schweizer Banken keine Negativzinsen auf breiter Front verlangt werden, können die Hypothekarzinsen nicht unbegrenzt sinken", so die Analysten von Moneypark.