Immer mehr Zulieferer fordern eine Neuverhandlung ihrer Verträge, um die hohen Kosten aufzufangen, wurde auf einer Lieferantenmesse in Wolfsburg deutlich. Sonst müssten sie gegebenenfalls ihre Produktion einschränken oder sogar ganz stoppen, hiess es etwa bei Kron Solingen, einem vor 112 Jahren gegründeten Spritzgussunternehmen für Metalle und Kunststoffe. Das Unternehmen habe zwei Wochen Zeit, um seinem Versorger mitzuteilen, ob es eine Verzehnfachung der Strompreise zum 1. Januar akzeptieren kann, beschrieb Vertriebsleiter Christian Hofmann die Lage. "Wenn die Kunden nichts dazu beitragen, können wir nicht weitermachen", sagte er zu Reuters. "Dann kündigen wir selbst die Verträge."

Sein Team berechne gerade, wie viel Strom in jedes der Produkte fliesse, um festzustellen, was mit weniger Strom weiter produziert werden könnte, erläutert Hofmann. Dann habe man auch eine Basis für Preisverhandlungen mit den Kunden, zu denen vor allem grössere Zulieferer in der Lieferkette gehören, etwa Bosch. Max Schumacher, Vorsitzender des Verbands Deutscher Giessereien, warnt, dass kleinere Zulieferer nicht die nötige Liquidität hätten, um die Energierechnungen zu begleichen, bevor die Kundenzahlungen eingegangen sind. "Es gibt keine guten Optionen", sagte er.

Ein fehlendes Teil kann Produktion stoppen

Deutschlands Top-Automobilhersteller BMW, Volkswagen und Mercedes-Benz haben uni sono erklärt, ihre Gasversorgung sei diesen Winter gesichert. Aber sollten ihre Zulieferer in Schieflage geraten und das Lieferantennetzwerk bröckeln, bedroht das auch die eigene Produktion. Wie schnell das gehen kann, hat schon die Halbleiterknappheit gezeigt. "Wenn wir wegen eines fehlenden Teils kein Auto bauen können, trifft uns das alle", sagte Geng Wu, Einkaufsleiter bei Volkswagen, auf der Lieferantenmesse.

Zu laufenden Verhandlungen mit ihren Zulieferern wollen sich die Konzerne nicht äussern. Ein Sprecher von Volkswagen sagte lediglich, man sei in Gesprächen über gemeinsame Lösungen. "Unser oberstes Ziel ist eine Aufrechterhaltung der Produktion und die Vermeidung von negativen Auswirkungen auf den Geschäftsbetrieb." BMW und Bosch lehnten einen Kommentar ab, Von Mercedes-Benz war keine Stellungnahme zu erhalten.

Neue Klauseln in den Verträgen

In Verträgen zwischen Zulieferern und ihren Kunden sind zwar oft Klauseln enthalten, die die Preise an die Kosten für Rohstoffe anpassen. Energiekosten werden aber nur sehr selten berücksichtigt. Christian Hennerkes, Chef des Herstellers von Wärmeschutz für Batterien Von Roll, hat es in einigen Fällen geschafft, solche Klauseln in die Verträge aufzunehmen. "Die Autobauer waren in der Vergangenheit nicht bereit dazu, aber sie sind es jetzt, wenn auch nur für eine begrenzte Zeit", sagte Hennerkes. "Es ist nicht in ihrem Interesse, dass das Zuliefernetzwerk kollabiert."

Manche Auto-Konzerne schauen sich offenbar bereits im Ausland nach neuen Zulieferern um. Bei der portugiesischen Soplast hiess es, das Unternehmen erhalte mehr als üblich Anfragen von deutschen Autobauern. Dabei müssen die Hersteller rasch zu Einigungen kommen. Für den Aufbau neuer Lieferantenbeziehungen würden mindestens sechs Monate benötigt, sagte Mauricio Morales, Senior Purchasing Director bei Würth Industrie Service – einem der weltweit grössten Anbieter von Schrauben, Muttern und Bolzen für Autohersteller. Selbst für eine so kleine Komponente wie eine Schraube müssten Autobauer möglicherweise eine Mustermenge beim Lieferanten bestellen, um Crashtests an Autos durchführen und so die Sicherheit der Komponenten sicherzustellen.

(Reuters)