Folgende Branchen und Wirtschaftszweige der Schweiz profitieren von einem hohen Euro-Franken-Kurs:

Das Schweizer Gastgewerbe

Bereits im Februar titelte die Dachorganisation Schweiz Tourismus in einer Medienmitteilung: "Frankenstärke ausgestanden: Der sanfte Aufschwung aus Europa kommt." Wenn nun die Schweiz als Reiseland für Deutsche, Franzosen oder Holländer mehr als 7 Prozent günstiger ist als zu Jahresbeginn, sorgt das für zusätzlichen Rückenwind im gebeutelten Gastgewerbe. Der starke Franken hatte den Schweizer Tourismus von zwei Seiten getroffen: Ausländische Gäste mieden die Schweiz, während Einheimische vermehrt ins billige Ausland reisten. 2016 war der Saldo der Fremdenverkehrsbilanz gar erstmals in seiner Geschichte negativ, wie die folgende Grafik zeigt. Das könnte sich nun wieder ändern.

Die vielen Exportunternehmen

Die Schweizer Wirtschaft ist geprägt von kleineren Unternehmen, die ihre Produkte und Dienstleistungen ins (europäische) Ausland verkaufen. Diese werden nun ein willkommenes Stück günstiger. Nach dem Frankenschock durch die Schweizerische Nationalbank gerieten viele von ihnen unter Kostendruck, weil sich ihre Angebote schlagartig verteuerten. An der Börse purzelten die Kurse, in der Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie gingen seit Januar 2015 rund 12'600 Stellen verloren. Weil viele dieser Firmen mittlerweile ihre Effizienz gesteigert haben, ist der schwache Franken ein zusätzlicher Antrieb. An der Börse dürfte das für steigende Kurse sorgen (cash berichtete).

Die Stellensuchenden

Verbessert sich die Ertragslage vieler Schweizer Unternehmen, können sie viel eher neue Jobs schaffen. Oder zumindest weniger Stellen ins Ausland verschieben – eine Massnahme, mit der vielerorts auf die Frankenstärke reagiert wurde. Ein zweiter Punkt kommt hinzu: Läuft es Europa und der Euro-Zone wirtschaftlich besser, bremst das tendenziell die Arbeitsmigration in die Schweiz. Auch das nimmt etwas Druck vom Arbeitsmarkt.

Die Schweizerische Nationalbank

Ob Thomas Jordan und sein Team den Franken in den letzten Wochen mit Währungskäufen schwächten, bleibt unklar. Beobachter gehen eher davon aus, dass der Franken allmählich seine Funktion als sicherer Hafen verliert: Die verbesserte konjunkturelle Situation in Europa lässt Investoren vermehrt nach Finanzanlagen in Euro Ausschau halten. Das nimmt vorerst etwas Druck von der SNB weg. Die Interventionen am Devisenmarkt liessen ihre Bilanz auf über 770 Milliarden Franken anschwellen – deutlich mehr als das Schweizer Bruttoinlandsprodukt. Fakt ist: Der Franken bleibt hoch bewertet. Und solange das so bleibt, kann sich Thomas Jordan nicht zurücklehnen. Auch die Negativzinsen werden noch einige Zeit in Kraft bleiben.

Und ihnen kommt die Frankenschwäche weniger gelegen:

Schweizer Ferienreisende

Für ein so reisefreudiges Land wie die Schweiz bedeutet eine schwächere Währung statistisch weniger Reichtum. Urlaub  in den 19 Euro-Ländern wird wieder teurer. Die Stärke des Euros ist auch in Ländern zu spüren, die an den Euro gekoppelt sind, wie Dänemark oder eine grössere Zahl west- und zentralafrikanischer Länder. Wer einen weiteren Euro-Anstieg erwartet, sollte jetzt Euros wechseln. Gegenüber anderen Ländern und Währungsräumen ist der Franken immer noch stark: Dazu gehören Länder, in denen mit US-Dollar bezahlt wird, oder auch Mexiko, Thailand, die Dominikanische Republik, Brasilien genauso wie Südafrika, Australien und Neuseeland.

Importeure

Als Absicherung gegen den erstarkenden Franken verlagerten viele Schweizer Unternehmen einen Teil ihres Einkaufs in Euro-Länder. Eine starke Währung ist für den Import grundsätzlich gut. 2016 führte die Schweiz für 173,5 Milliarden Franken Waren ein, gegenüber 166,4 Milliarden im Jahr davor. Diese Importe verteuern sich nun wieder. Ein grösseres Problem kann der erstarkende Euro unter Umständen für Geschäfte sein, die hauptsächlich Waren aus dem Ausland importieren, beispielsweise kleingewerbliche Läden. Bei dünnen Margen auf den verkauften Produkten kann eine Währungsschwankung erhebliche Folgen haben – Preisaufschläge werden dann zum Thema.

Grenzgänger

Im grenznahen Ausland zu wohnen, beispielsweise in Annecy bei Genf, Weil am Rhein bei Basel oder Waldshut nahe dem Grossraum Zürich, lohnte sich schon immer. Das hohe Lohnniveau gemessen an tieferen Lebenshaltungskosten hat konkrete Auswirkungen auf den Lebensstandard von Grenzgängern. Der schwache Euro erhöhte die Löhne real noch einmal deutlich, sofern Unternehmen im Ausland wohnhafte Mitarbeiter nicht in Euro zu bezahlen begannen, was rechtlich aber umstritten ist. Nun aber wendet sich das Blatt: Die Abwertung des Frankens seit Jahresanfang von 7 Prozent bedeutet bei einen Median-Monatslohn von rund 6200 Franken in Euro umgerechnet 434 Franken weniger im Monat

Einkaufstouristen

Auch die Schnäppchen-Tour ins grenznahe Ausland verteuert sich, wenn auch im Verhältnis überschaubar. Ein Einkaufskorb im Wert von 100 Euro entsprach – gemäss dem Wechselkurs für normale Bankkunden – Anfang Jahr etwa 109 Franken. Aktuell sind dies circa 116 Franken. Diese Differenz wird den Einkaufstourismus zumindest für Lebensmittel wenig dämpfen, wie auch aus dem durch den Einkaufstourismus benachteiligten Schweizer Detailhandel zu vernehmen ist. Anders könnte sich der Schwächeanfall des Frankens im Auto- oder Möbelhandel auswirken, wo es um wesenlich höhere Beträge geht. Dort reagierten Schweizer Händler bisher mit Euro-Rabatten, um Kunden zu behalten.