Ein solch deutliche Abwertung des Schweizer Franken gegenüber dem Euro hat es schon lange nicht mehr gegeben. In den letzten Handelstagen ist der Euro-Franken-Kurs von 1,10 bis über 1,14 geklettert – so schwach war der Franken seit der Aufhebung des Mindestkurses nie. Am Dienstagmittag stand der Euro-Franken bei 1,142.

Dahinter steckt vor allem ein Erstarken des Euro. Die Gemeinschaftswährung profitiert von der Beschleunigung der Konjunktur in der Euro-Zone, von der beginnenden Diskussion über eine Normalisierung der EZB-Geldpolitik und von eher zögerlichen Zinssignalen aus den USA. Auch zum Dollar hat sich der Euro jüngst merklich aufgewertet.

Hier gehts zu den aktuellen Devisenkursen auf cash.ch

Gut möglich, dass die Schweizerische Nationalbank (SNB) dieses für sie freundliche Umfeld mit Währungskäufen zusätzlich ausgenützt hat. Besonders auffällig sind auf jeden Fall die grossen Kurssprünge im Euro-Franken-Kurs, die letzte Woche am Mittwoch, Donnerstag und Freitag beobachtet werden konnten (grüne Pfeile auf dem Chart).

Hat die SNB interveniert? Euro-Franken-Kurs zwischen 21. und 28. Juli 2017 (Quelle: cash.ch)

Euro-Opfer werden zu Gewinnern

Hört man sich bei Marktexperten um, bietet der schwache Franken gute Voraussetzungen für die Schweizer Börse. Denn nach der Aufhebung des SNB-Mindestkurses und der ruckartigen Aufwertung des Frankens im Januar 2015 ging es mit vielen Schweizer Aktien steil bergab. Davon betroffen waren vor allem kleinere Firmen mit einem hohen Kostenanteil in der Schweiz und grossem Exportvolumen in den Euro-Raum. Beispiele sind SFS, Geberit, Straumann, Bobst oder Sonova.

"Mittlerweile haben diese Firmen aber ihre Hausaufgaben mehrheitlich gemacht und insbesondere bei den Kosten einiges eingespart", sagt Martin Lehmann, Fondsmanager bei 3V Asset Management in Zürich. Wenn sich nun der Euro aufwerte, sorge das für zusätzlichen Rückenwind. "Auch für den Schweizer Gesamtmarkt sind das geradezu 'bullishe' Verhältnisse", so Lehmann.

Für die Schweizer Unternehmenslandschaft ist aber nicht nur der Wechselkurs zum Euro entscheidend. Wichtig ist auch das Verhältnis zum Dollar. Und weil der Dollar in den letzten Monaten schwächelte, dürften insbesondere grosse Schweizer Unternehmen mit Dollar- sowie Euro-Exposure die Währungsverschiebungen weniger spüren.

Laut einer Studie der US-Grossbank Morgan Stanley sind es vor allem Schweizer Unternehmen aus den Bereichen Gesundheit und Finanzen, die besonders hohe Kosten im Dollar-Raum verursachen. Konkret nennt Morgan Stanley Actelion, Novartis, Roche, Swiss Re, UBS und Zurich.

Sven Bucher, Leiter Aktienresearch bei der Zürcher Kantonlbank, meint deshalb auch: "Unter dem Strich dürften es die kleinen bis mittelgrossen Schweizer Firmen sein, die von der aktuellen Währungssituation profitieren." Bucher rechnet ebenfalls damit, dass die Schweizer Börse vom aktuellen Währungsumfeld positiv beeinflusst wird.

Die «Ausländer» unter Druck

Auf der anderen Seite ist der starke Euro allgemein schlecht für Firmen, deren Kosten zu einem grossen Teil im Euro-Raum anfallen oder die viele Waren aus dem Euro-Raum beziehen. Ablesbar ist das am Kurs des EuroStoxx 50. Der Börsenindex verlor zuletzt in ähnlichem Ausmass wie der Euro gegen den Dollar zulegen konnte.

In der Schweiz gibt es wenige Aktien, die beispielsweise hauptsächlich im Euro-Raum produzieren. Am ehesten dazugezählt werden können ausländische Firmen mit Kotierung an der hiesigen Börse: AMS, Cosmo oder KTM. Insbesondere der österreichische Chiphersteller AMS und das italienische Pharmaunternehmen Cosmo haben jüngst an Börsenwert verloren. 

Ob das vor allem am starken Euro lag, ist aber fraglich. Beim Börsenüberflieger AMS strichen viele Investoren nach den Halbjahreszahlen ihre Gewinne ein. Cosmo hingegen kämpft mit hohen Kosten und ist wieder in die roten Zahlen gerutscht.