Nach einem jähen Absturz zu Jahresbeginn hat sich der Markt für Kryptowährungen in den letzten Monaten wieder etwas beruhigt. Auch der Kurs von Bitcoin, gemessen wie üblich am Dollar, hat sich stabilisiert. Seit dem massiven Fall vom Peak bei 19‘300 Dollar kurz vor Weihnachten zeigt der Kurs seit Mitte Februar deutlich weniger Ausschläge.

Grundsätzlich hilft es dem Kryptomarkt, wenn die Volatilität abnimmt. Gut wäre aber, wenn die Preise dabei wieder ansteigen würden. Aber Bitcoin tendiert nach unten. Seit März hat sich der Kurs grosso modo zwischen 9000 und 6000 Dollar bewegt. Bei 6630 Dollar zeigt sich der Kurs aktuell im unteren Bereich dieses Kursbandes. Kann man also bereits von einer Konsolidierung sprechen oder täuscht die Ruhe am Kryptomarkt?

"Die Kursstruktur von Bitcoin zu Dollar sieht nach einer Bodenbildung aus", sagt Patrick Heusser, Trader beim Finanzdienstleister Crypto Broker. Die grössten Markttreiber seien derzeit regulatorische Veränderungen und ein gewisses Herdenverhalten.

Für eine nachhaltige Konsolidierung bräuchte es laut Marktbeobachtern allerdings mehr Liquidität im Markt, was momentan nicht der Fall ist. So können einzelne Geschäfte einen grossen Effekt auf den Kurs haben. Bereits seit den Bitcoin-Höchstständen im vergangenen Dezember und Januar hat die Liquidität abgenommen. Zurückgeführt wird dies auch auf die Abkehr von vielen Kleinanlegern.

Wertveränderungen der grössten Kryptowährungen

CoinKapitalisierung*Performance 3 Monate (%)Perf. 52 Wochen (%)
Bitcoin114,2+5,7+68,2
Ethereum23,8-48,9-20,6
Ripple20,8+10,2+192,9
Bitcoin Cash8,1-37,8+4,2
EOS5,1-30,5-48,9
Stellar4,9+35,1-65,9
Litecoin3,4-28,7+11,5
Tether2,8-0,1-0,6
Cardano2,2-37,5-93,1
Monero1,9-7,2+24,4

*in Mrd. Dollar; Quellen: coinmarketcap.com, Business Insider (Stand 24.09.18)

Auch Ethereum, Bitcoin Cash und EOS, die zu den fünf grösstkapitalisierten Kryptowährungen gehören, sind unter Druck. Bei Ethereum, der Nummer zwei nach Bitcoin, zeichnete sich in den vergangenen  Monaten ein deutlicher Kurszerfall ab. Von 830 Dollar im Mai hat sich der Kurs auf 230 Dollar um mehr als zwei Drittel reduziert. Ripple indessen tanzt aus der Reihe. Auch Ripple fiel nach einem Peak Anfang Jahr kontinuierlich zurück. Innerhalb der vergangenen sieben Tage verdreifachte sich der Kurs des "Bitcoin der Banken" aber zwischenzeitlich.

Ripple ist selbst ein Unternehmen und ermöglicht über ein Echtzeitprotokoll, dass Teilnehmer Zahlungen in verschiedenen Währungen und anderen Werten durchführen können. Ripple oder XRP ist der Token. Konkrete Anwendungen können sich durchaus positiv auf den Kursverlauf auswirken: Auch bei Anlegern schafft dieser Hintergrund offenbar Vertrauen.

Was aber hat Ripple in den letzten Tagen solchen Schub gegeben? "Ripple ist unter den Kryptowährungen eher ein Sonderfall, da hier eine enge Kooperation mit der traditionellen Finanzwelt Teil des Geschäftsmodells ist", sagt Sören Hettler, Analyst bei der deutschen DZ Bank. Hinweise darauf, dass Ripple künftig an Bedeutung für Transaktionen zwischen Finanzunternehmen gewinne, stützten den Kurs. "Dies war auch in den vergangenen Tagen der Fall", sagt Hettler.

Spekuliert wurde auch, dass die Ankündigung neuer, blockchain-basierter Zahlungs-Tools die Fantasien beflügelte. Und, wie bei Kryptowährungen oft der Fall, könnte angesichts steigender Kurse auch "FOMO" seine Rolle gespielt haben: "Fear of Missing Out" oder: Kaufen, weil man sonst etwas verpassen könnte. 

Allerdings gebe der Kursanstieg wenig Grund zur Annahme, dass der Ripple-Kurs weiter klettern werde. Auch da sei schon viel Hoffnung eingepreist. Hettler ist bei Kryptowährungen allgemein skeptisch: "Obwohl es bei den einzelnen Kryptowährungen deutliche Unterschiede in der Ausgestaltung und der Zielsetzung gibt, werden sie von Anlegern letztlich immer noch in den gleichen Topf geworfen und folgen Bitcoin." Nachdem sich die Hoffnungen bei den Kryptowährungen auf einen raschen Durchbruch nach den Kurshöchstständen Ende vergangenen Jahres nicht erfüllt hätten, habe sich der Hype verflacht.

Neben Ripple können seit ein paar Tagen auch bei anderen Coins grössere Kurssprünge beobachtet werden. Dazu gehören Stellar oder Cardano. Krypto-Trader Patrick Heusser sieht darin vor allem die Folge von Rotationen weg von Bitcoin. Bitcoin-Niveaus, wie sie im vergangenen Dezember verzeichnet wurden, erachtet er in absehbarer Zeit als wenig wahrscheinlich.

Aus der Sicht von Philipp Sander, Professor am Frankfurt School Blockchain Center, liegt der Seitwärtsbewegung bei Kryptowährungen ein Ausbleiben von wesentlichen Impulsen weder positiver noch negativer Natur zugrunde. "Die Volatilität dürfte aber zurückkehren, weil demnächst regulatorische Schritte in verschiedenen Ländern erwartet werden können und auf der anderen Seite möglicherweise institutionelle Investoren investieren werden", sagt er. Gut möglich also, dass es mit der Ruhe am Kryptomarkt bald wieder vorbei ist.