Die Erwartungen an die Quartalszahlen von Nvidia sind hoch - so, wie schon in den vergangenen Quartalen. Analysten rechnen für das abgelaufene Quartal mit einem Umsatzsprung von knapp 60 Prozent auf 55,27 Milliarden Dollar. Der Gewinn sei voraussichtlich ähnlich stark auf 1,25 Dollar je Aktie gestiegen. Damit wird die nach Börsenschluss am Mittwoch folgende Zahlenvorlage zur Nagelprobe.
Die Aktie des weltgrössten Anbieters von KI-Prozessoren könnte unmittelbar nach Veröffentlichung der Geschäftszahlen um bis zu sieben Prozent steigen oder fallen. Darauf deuten die bislang platzierten Termingeschäfte auf diese Papiere hin, teilte das Analysehaus Option Research & Technology Services mit. Bei einer Marktkapitalisierung von derzeit etwa 4,6 Billionen Dollar würde sich der Börsenwert von Nvidia um den Rekordwert von bis zu 320 Milliarden Dollar verändern. Allein diese Veränderung entspricht rund 30 Prozent der Schweizer Wirtschaftsleistung eines Jahres.
Die Aktie ist zwar über die Zeit hinweg gestiegen. Das Muster, dem die Valoren von Nvidia nach den Quartalszahlen folgen, spricht indes eher für einen sinkenden als für einen steigenden Kurs. Laut einer Bloomberg-Analyse bewegte sich der Aktienpreis nach den jeweiligen Zahlenvorlagen wie in der folgenden Tabelle zusammengestellt. «T» steht für den Tag der Veröffentlichung; «T+5» für den fünften Tag nach der Präsentation.
| Datum | T | T+1 | T+5 | T+10 | T+30 |
| 27.8.25 | -0,1 | -0,9 | -5,6 | -2,5 | -2,0 |
| 28.5.25 | -0,5 | +2,7 | +4,7 | +5,4 | +16,4 |
| 26.2.25 | 3,7 | -5,1 | -7,4 | -8,6 | -10,2 |
| 20.11.24 | -0,8 | -0,2 | -7,9 | -1,3 | -11,1 |
| 28.8.24 | -2,1 | -8,4 | -16,4 | -7,1 | -5,4 |
| Schnitt | 0,0 | -2,4 | -6,5 | -2,8 | -2,4 |
Tabelle: Kursveränderung der Aktie von Nvidia in Prozent in den Tagen nach den Quartalszahlen. Quelle: Bloomberg.
Nur im Mai folgten auf die Quartalszahlen Tage mit steigenden Notierungen. Im Februar reagierten die Aktien des amerikanischen Technologieriesen unmittelbar positiv, fielen dann aber deutlich zurück. Generell gesagt: Die Geschäftszahlen haben sich immer wieder als Verkaufskatalysator erwiesen.
Die Gründe sind Gewinnmitnahmen sowie die stets sehr hohen Erwartungen, denen Nvidia anscheinend nicht voll gerecht wurde. Im letzten August beispielsweise sprang der Quartalsumsatz im Jahresvergleich um 56 Prozent auf 46,74 Milliarden Dollar hoch, womit die Analystenprognosen insgesamt übertroffen wurden. Knapp verfehlt wurden die Markterwartungen bei der Technik für Rechenzentren mit einem Umsatz von 41,4 Milliarden Dollar.
Dabei konnte Nvidia das Potenzial aufgrund des Handelsstreits zwischen den USA und China noch gar nicht ausschöpfen. Nach US-Exportsperren und Gegenwind aus Peking verkaufte Nvidia keine H20-Chips im chinesischen Markt. Das Handelshemmnis bestand allerdings schon seit einiger Zeit, sodass die Anleger dessen Einfluss abschätzen konnten.
Geschäftszahlen mit weltweiter Signalwirkung
Die nun also mit Spannung erwarteten Quartalsergebnisse des Chipspezialisten könnten Experten zufolge weltweite Kursturbulenzen auslösen. «Als Eckpfeiler der Investitionen in Künstliche Intelligenz (KI) werden die Zahlen darüber entscheiden, ob die Expansion weitergeht oder ob wir in eine Konsolidierungsphase eintreten», sagt Chris Murphy, leitender Anlagestratege beim Vermögensverwalter Susquehanna.
«Das Signal, das sie aussenden – in Bezug auf Nachfrage, Margen, Lieferkette und Investitionsbereitschaft – könnte die Stimmung in den Bereichen Halbleiter, Cloud-Anbieter und KI-Infrastruktur insgesamt beeinflussen», so Murphy weiter. Er geht davon aus, dass das Gesamtvolumen der Börsengeschäfte als Reaktion auf Nvidias Zwischenbilanz die Marke von zehn Billionen Dollar überschreiten wird.
Weltweit investieren Staaten und Unternehmen mehrstellige Milliardenbeträge in neue KI-Rechenzentren. Diese werden oft mit Rechnern auf Basis von Nvidia-Chips ausgerüstet. In den vergangenen Wochen mehren sich die Zweifel, ob die neuen Serverfarmen ausgelastet werden können und ob sich die hohen Ausgaben für Cloud-Anbieter wie Amazon Web Services (AWS), Google oder Microsoft rechnen werden.
Nervös macht Investoren zudem der Ausstieg des Technologie-Investors Softbank und des Hedgefonds des Milliardärs Peter Thiel bei Nvidia. Daher haben die Titel des Halbleiterkonzerns aus dem kalifornischen Santa Clara im Vergleich zu ihrem Rekordhoch vom Oktober rund 13 Prozent an Wert eingebüsst. Sie notieren aber immer noch fast 40 Prozent über dem Niveau vom Jahreswechsel.
(cash/Bloomberg/Reuters)
