Bereits seit einem Jahrzehnt haben viele Kreditnehmer ihre Zinskosten dadurch senken können, dass sie einfach neue Wertpapiere ausgaben, um bestehende Bonds zu refinanzieren. Das liegt daran, dass der Stimulus der Zentralbanken dafür gesorgt hat, dass die Renditen der Unternehmensanleihen niedriger waren als die Anleihe-Kupons. In den letzten Monaten hat sich dieser Vorteil jedoch reduziert, da die Zentralbanken zu einer Straffung der Geldpolitik übergehen und die Spreads sich ausweiten.

"Die Refinanzierungslücke schrumpft ziemlich schnell", sagte Greg Venizelos, leitender Kreditstratege bei AXA Investment Managers, einem Verwalter von rund 760 Milliarden Euro. "Wenn sich die Lücke komplett schließt, wird es noch weniger Motivation geben, Bonds zu tilgen und das Angebot könnte sich noch weiter nach unten ausrichten."

Der jüngste Andrang bei den Emissionen könnte von dem Wunsch der Kreditnehmer getrieben gewesen sein, sich attraktive Finanzierungskonditionen zu sichern, bevor die Kosten weiter steigen, sagte Venizelos. Und trotz des September-Ansturms - bei dem Unternehmen wie Heineken, Orange und Vodafone Group an den Markt gegangen waren - haben sich die Emissionen im Jahr 2018 verlangsamt.

Bis zum 26. September dieses Jahres belief sich der Umsatz von auf Euro lautenden Investment-Grade-Anleihen von Nicht-Finanz-Unternehmen auf rund 179 Milliarden Euro, 13 Prozent weniger als im gleichen Zeitraum des Vorjahres, zeigen von Bloomberg zusammengestellte Daten.

USA in Führung

Auf dem US-Markt ist der Zinszyklus weiter fortgeschritten als in Europa, und die Refinanzierungslücke wurde bereits Anfang des Jahres geschlossen. Dies erklärt, warum viele US-amerikanische Investment-Grade-Emissionen in diesem Jahr eher auf Ereignisse wie Fusionen und Übernahmen, als auf Refinanzierungen zurückzuführen waren.

In Europa haben sich die durchschnittlichen Finanzierungskosten zusammen mit dem Zinsanstieg erhöht, und die Kreditspreads wurden größer. Die fünfjährige deutsche Staatsrendite ist im vergangenen Monat von minus 0,23 Prozent auf minus 0,07 Prozent gestiegen, und Kreditspreads haben sich in diesem Jahr um fast 30 Basispunkte auf 114 Basispunkte ausgeweitet. Dies hat die Renditen von Euro-Unternehmensanleihen auf den höchsten Stand seit Anfang 2016 getrieben, zeigen die Bloomberg Barclays Indizes.

Steigende Zinsen

Der Trend steigender Zinsen hat letzte Woche durch Äußerungen des Präsidenten der Europäische Zentralbank, Mario Draghi, wonach der Anstieg der zugrundeliegenden Inflation "relativ kräftig" sei, einen neuen Schub bekommen und möglicherweise Argumente für eine Anhebung Ende nächsten Jahres geliefert. Die EZB fährt im Oktober die Wertpapierkäufe zurück und plant, ihr Anleihekaufprogramm zum Jahresende zu beenden.

Allerdings dürfte die Straffung der EZB nicht sehr weit führen. Höhere Zinsen könnten eine Rally des Euro entfesseln, die das Wirtschaftswachstum untergräbt, und Forderungen nach einer Ankurbelungen der Wirtschaft durch die Zentralbank sind immer in Reichweite.

Die EZB wird es auch nicht riskieren, die Kreditbedingungen in der Region zu erschüttern und ein "Taper Tantrum", wie 2013 auf den US-Märkten, auszulösen, als die Investoren hastig Bestände abstießen, nachdem die Federal Reserve angekündigt hatte, dass sie nicht länger Anleihen kaufen würde.

"Die EZB versucht, ein Taper Tantrum á la Fed zu vermeiden. Sie kommunizieren sehr deutlich im Voraus", sagte Gilles Pradere, ein Portfoliomanager bei RAM Active Investments mit Sitz in Genf, das rund 4,3 Milliarden Euro verwaltet.

(Bloomberg)