Seit Monaten schon wird bei Schweizer Aktien aus der zweiten Reihe kräftig zugelangt. Der SPI-Extra-Index, der die hiesigen Nebenwerte abbildet, hat seit dem Börsentiefpunkt im Februar mehr als 20 Prozent zugelegt, während der Leitindex SMI nur halb so viel vorrückte. "Wir haben eine Vernachlässigung erlebt. Jetzt kommt es zu einem Nachholeffekt", sagt Marc Possa zu cash. Der Fondsmanager ist spezialisiert auf Schweizer Small und Mid Caps und leitet seit 2011 den SaraSelect-Fonds.

Die Industrieholding Looser, der Biochemieanbieter Bachem oder der Metallverarbeiter Adval Tech gehören eher zur unbekannteren Sorte Unternehmen. Doch im aktuellen Jahr sind sie die erfolgreichsten Schweizer Aktien – mit Renditen von über 50 Prozent. Für Possa sind die vielerorts gesehenen starken Kursanstiege die Folge von Fehlentwicklungen im Vorfeld. In der Vergangenheit hiess es wiederholt, der Industriestandort Schweiz habe keine Legitimation mehr. Der starke Franken werde viele Firmen in den Ruin treiben.

"Nun werden wir eines Besseren belehrt. Die Anpassungsfähigkeit vieler Unternehmen ist enorm gross. Die innovative Kultur ergibt hohe Marktanteile und eine Prosperität", sagt der Fondsmanager im cash-Börsen-Talk.

Die eindrückliche Performance der kleinen Schweizer Aktien ist aber keinesfalls ein neues Phänomen. Wie der folgende Chart zeigt, lässt dieses Titelsegment schon seit Jahren die mittelgross- und vor allem die grosskapitalisierten Aktien weit hinter sich.

Quelle: VV Vermögensverwaltung

Aber es mehren sich die Stimmen, dass dem Markt für Leichtgewichte bald die Luft ausgehen könnte, dass grössere Korrekturen eine Frage der Zeit sind. Unlängst konnten zum Beispiel beim Chiphersteller U-Blox Anzeichen einer Übertreibung beobachtet werden: Nach enttäuschenden Geschäftszahlen stürzte die zuvor stark angestiegene Aktie jäh ab.

Für den Langfrist-Investor Marc Possa gehören solche Korrekturen dazu, bringen ihn aber nicht aus der Ruhe: "Wenn man weiss, wer ein Unternehmen führt, wie stark die Bilanz ist, wie gross der Marktanteil ist und wie es um die Innovationsfähigkeit steht, macht man sich weniger Sorgen." Bei vielen Aktien ist Possa schon seit Jahren dabei, manchmal tätigt er während Wochen keine Transaktion.

Was die Industrie hat und Banken nicht

Dominiert wird sein Portfolio von Industrietiteln, solide Geschäftsmodelle mit einem gewissen Schutz vor potenzieller Konkurrenz. Firmen, die etwas herstellen, "das zum Beispiel die Chinesen nicht so einfach kopieren können", wie Possa sagt. Dazu gehören der Elektrotechniker LEM, der Schraubenhersteller Bossard oder der Industriezulieferer Dätwyler.

"Wir haben in der Schweiz den Luxus von Marktführern in globalen Nischen. Wenn es keine Schweizer Gesellschaften gäbe, würde kein Flugzeug fliegen und keine Bahn und kein Auto fahren", wie er sagt.
Finanzunternehmen gehören dabei offenbar nicht dazu. Im SaraSelect-Fonds, der seit Anfang Jahr 15 Prozent im Plus steht, such man sie vergeblich. Die Eintrittshürden für Anbieter in die Finanzindustrie sind laut Possa immer noch sehr tief. Dementsprechend stehen ihre Geschäftsmodelle unter Druck.

Ein Blick auf die Bewertungen zeigt, dass viele Aktien trotz Nebenwerte-Boom immer noch attraktiv sind. Der IT-Dienstleister Also beispielsweise weist für 2016 ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von rund 10 auf. Vor allem in Relation zu den sehr tiefen Zinsen ist das für Marc Possa immer noch vernünftig.

Er befürchtet auch keinen Absturz der kleinkapitalisierten Aktien, sollten die Zinsen dereinst wieder steigen: "Die Zinsen werden nur steigen, wenn sich das konjunkturelle Umfeld verbessert. Weil die Small Caps in der Regel über industrielle Geschäftsmodelle verfügen, sollten sie von steigenden Zinsen nicht so stark betroffen sein."

Im cash-Börsen-Talk äussert sich Marc Possa ausserdem zu den Aktien aus dem SMI und sagt, welche er kaufen würde.