38 Prozent der Neupensionierten haben sich 2024 für das Kapital aus der Pensionskasse entschieden. Das sind 3 Prozentpunkte weniger als im Jahr 2023, aber mehr als in den weiter zurückliegenden Jahren. Denn zwischen 2015 und 2022 stieg der Anteil der Kapitalbezüger von 30 auf 37 Prozent. Hingegen sank der Anteil der Rentenbezüger von 51 Prozent im Jahr 2015 auf 44 Prozent im Jahr 2022 respektive auf 39 Prozent im Jahr 2024. Dies sind Befunde der am Mittwoch vorgestellten Pensionskassenstudie 2025 von Swisscanto. 

Eine gängige Erklärung für den mehrjährigen Trend sind die sinkenden Umwandlungssätze. Im Mittel sind sie in den vergangenen rund zehn Jahren von 6,13 auf 5,3 Prozent gefallen. Ein Altersguthaben von 100'000 Franken ergibt daher eine um 830 Franken tiefere Rente. Pro Jahr erhält man 5300 Franken, nicht mehr 6130 Franken. Sinkende Umwandlungssätze und damit tiefere Renten machen den Kapitalbezug damit offenbar attraktiver.

Zu einem anderen Schluss sind nun die Autoren der Swisscanto-Studie gelangt. «Der Umwandlungssatz ist nicht der zentrale Treiber der Kapitalbezüge», sagt Heini Dändliker von der Zürcher Kantonalbank, welche Swisscanto als Marke führt.

Dändliker belegt seine Aussage mit Resultaten der aktuellen Studie, für die 507 Vorsorgeeinrichtungen mit total 4,3 Millionen Versicherten und einem Kapital von 856 Milliarden Franken befragt wurde. Es zeigte sich, dass nur ein «schwach negativer Zusammenhang» zwischen dem Umwandlungssatz und dem Anteil reiner Kapitalbezüge besteht. Sprich: Die Sätze, über die aus dem Altersguthaben die Rente berechnet wird, haben fast keinen Einfluss darauf, wie viele Neupensionierte sich für das Kapital und gegen die Rente entscheiden. 

Laut der Studie gibt es zudem Gruppen von Vorsorgeeinrichtungen, bei denen sich der erwartete Zusammenhang komplett aufgelöst hat. So tauchen in der Auswertung Pensionskassen auf, die bei einem vergleichsweise tiefen Umwandlungssatz von 4,5 bis 5 Prozent keine reinen Kapitalleistungen verzeichnet haben. Umgekehrt gibt es Kassen, die Umwandlungssätze von 6,5 bis 7 Prozent bieten und zugleich einen zwischen 40- und 80-prozentigen Anteil Kapitalbezüger aufweisen. 

Folglich gibt es andere relevante Motive, welche die Wahl zwischen Kapital und Rente bestimmen. Laut Dändliker sind sie eher individueller Natur. Speziell: «Der hohe Anteil der Kapitalbezüge in der Finanzbranche lässt die Vermutung zu, dass die Wahl auch von der Finanzkompetenz der einzelnen Versicherten abhängig ist», so der ZKB-Experte. 

2. Säule: Neurentner aus dem Gesundheits- und Sozialwesen beziehen eher die Rente

Wie aus der Studie hervorgeht, entscheiden sich 42 Prozent der Neupensionierten aus der Finanz- und Versicherungsbranche ausschliesslich für das Kapital. 28 Prozent wählen die Rente und 30 Prozent eine Mischform. 

Anders die Neurentner des Gesundheits- und Sozialwesens: 37 Prozent von ihnen nehmen das Kapital, 48 Prozent die Rente und 15 Prozent einen Mix. Ein ähnliches Bild zeigt sich in der öffentlichen Verwaltung, wo die Umwandlungssätze nicht viel höher sind als im Finanz- und Versicherungswesen - 21 Prozent wählen das Kapital, 49 Prozent die Rente und 30 Prozent eine Mischung. Und im verarbeitenden Gewerbe setzen 36 Prozent auf das Kapital, 35 Prozent auf die Rente und 29 Prozent auf eine Kombination.

Damit ist noch kein zwingender Beweis erbracht, dass der berufliche Hintergrund die Kapital-Renten-Entscheidung wesentlich prägt. Plausibel ist jedoch, dass Leute, die von Berufs wegen mit Finanzfragen vertraut sind, eher geneigt sind, das angesparte Vermögen selbst zu verwalten. 

Weitere Gründe für den Trend zum Kapitalbezug sind steuerliche oder gesundheitliche Überlegungen sowie der Wunsch nach Flexibilität und Gestaltungsraum. Beispielsweise kann ein Teil des Geldes für eine längere Reise oder eine grössere Anschaffung verwendet werden. Hingegen: «Wer auf Nummer sicher gehen will und sich um nichts weiter kümmern möchte, nimmt die Rente», so Dändliker. 

Für ihn steht fest: «Die fixe Rente verliert laufend an Bedeutung.» Das gelte sowohl für die Versicherten als auch für die Pensionskassen - beide strebten nach Flexibilität. Der ZKB-Experte sieht die Zukunft deshalb in flexiblen Rentenmodellen. Damit führt er eine schon laufende Diskussion um solche Rentenmodelle weiter.

Für diese Konzepte spricht der Trend, dass sich Menschen öfter nicht ausschliesslich für das Kapital oder die Rente entscheiden, sondern eine Kombination wählen und ihrer persönlichen Situation so gerecht werden wollen. In den Jahren 2015 bis 2024 haben sich jeweils 19 bis 20 Prozent für einen Mix entschieden. 2024 waren es 23 Prozent. 

Reto Zanettin
Reto ZanettinMehr erfahren