Das charismatische einstige Wunderkind der Vermögensverwaltungsbranche lockt die an vorderster Front stehenden Vermögensbetreuer, die ihre Kunden mit ihren Milliarden in sein neues Zuhause bringen können: Bank Pictet, die grösste Privatbank der Schweiz.

Banker rund um den Globus, von Miami bis Hongkong, sind von Collardi kontaktiert worden, der vor einem Jahr eine zehnjährige Phase als Chief Executive Officer bei Julius Bär beendete. Der 44-jährige Bon Vivant habe Gespräche mit potenziellen neuen Mitarbeitern in der ganzen Branche geführt, darunter auch bei Credit Suisse, EFG International, HSBC und Lombard Odier sowie Julius Bär, wie neun mit der Angelegenheit vertraute Personen berichteten.

Ein teurer Kampf um Talente, der die Vergütungskosten in die Höhe treibt, würde eine Branche weiter belasten, die bereits unter Druck steht, selbst nach der längsten Aktien-Hausse. Eine strengere Regulierung, zunehmender internationaler Wettbewerb und das Ende des Bankgeheimnisses drücken auf die Gewinne der Schweizer Privatbanken.

Julius Bär ihrerseits bekommt die Auswirkungen des atemberaubenden Wachstumskurses unter Collardi zu spüren, unter anderem wie ihre Kunden überprüft wurden. Der Aktienkurs ist in diesem Jahr um 31 Prozent abgesackt. Pictet, die 1805 gegründet wurde, muss noch die Vorwürfe des US-Justizministeriums beilegen, dass die Bank reichen Amerikanern geholfen haben soll, Steuern zu umgehen.

Benefiz mit DiCaprio

Collardis breite Abwerbungsoffensive stellt eine bedeutende Veränderung gegenüber den in der Vergangenheit eher konservativen Einstellungsverfahren von Pictet dar, sagte eine Person mit Kenntnis der Pläne. Collardi kopiert eine Wachstumsstrategie, die er bereits bei Julius Bär verfolgt hat, und konzentriert sich auf zusätzliche Ressourcen in Asien. Die Bank könnte in den nächsten Jahren einige Dutzend neue Relationship Manager in der Region einstellen, wie zwei über die Pläne informierte Personen berichteten. Bei Julius Bär erhöhte er zwischen 2012 und 2017 die Zahl dieser Kundenberater von 800 auf 1'400. Pictet, ein partnerschaftlich geführtes Unternehmen, gibt nicht bekannt, wie viele Privatbanker es beschäftigt.

"Er hat Hunderte von Ex-Kollegen zu Julius Bär geholt", sagte Ray Soudah, Gründer der M&A-Boutique Millennium Associates in Zürich und ehemaliger Wealth-Management-Manager bei UBS. "Er fühlt sich wohl damit und sie sind bei ihm. Also könnte er es noch einmal tun."

Der Schweiz-Italiener begann seine Karriere bei der Credit Suisse in Genf und sammelte einige Erfahrungen in Singapur, bevor er 2006 als Chief Operating Officer zu Julius Bär ging. Drei Jahre später übernahm er im Alter von 34 Jahren den CEO-Posten und konzentrierte sich nach der Ausgliederung der GAM Asset-Management-Sparte auf das Privatbankengeschäft. Sein grösster Coup war der Erwerb des internationalen Privatbankgeschäfts der Bank of America im Jahr 2012.

Über die Jahre hat er sein Profil geschärft, er wurde das Gesicht des Unternehmens und liess sich auf Wohltätigkeitsveranstaltungen mit Stars wie Leonardo DiCaprio fotografieren. Ein ehemaliger Mitarbeiter bezeichnete ihn als eine dynamische Führungskraft, der er überallhin folgen würde. Pictet lehnte es ab, zu diesem Artikel Stellung zu nehmen, ebenso wie Julius Bär.

Pictet ist viel grösser als Bär

Relationship Manager sind wichtige Mitarbeiter, weil sie neue Kunden anlocken und Beziehungen zu bestehenden Kunden pflegen. Sie gehören damit zu den bestbezahlten Bankern. In der Regel verdienen sie ein Grundgehalt von rund 250'000 Franken und einen Bonus, der darauf basiert, wie viel Neugeschäft sie hereinbringen.

Analysten hatten darauf verwiesen, dass nach Collardis Abgang Abwerberisiken bei Julius Bär bestehen. Das ist noch die geringste Besorgnis im Jahr 2018. Der Aktienkurs war am Dienstag nach einer enttäuschenden Ergebnisvorlage um sieben Prozent gefallen. Die Bank prüft nun ihre Kundenportfolios - ein Verfahren, das unter Collardi begonnen wurde - um zu sehen, ob die Vermögenswerte sauber sind und ausreichend geprüft.

Im ersten Halbjahr wies Pictet ein verwaltetes und verwahrtes Vermögen von insgesamt 512 Milliarden Franken sowie Geld in der Vermögensverwaltungs-Franchise aus. Julius Bär berichtete diese Woche ein verwaltetes Kapital von 395 Milliarden Franken.

Die Expansionspläne von Collardi beschränken sich nicht nur auf Asien, das aufgrund seiner wachsenden Zahl an Millionären unter den Vermögensverwaltern als der heilige Gral gilt. Sogar im Heimatmarkt expandiert sie: Die Genfer Bank, die in der deutschsprachigen Schweiz bisher nur eine begrenzte Präsenz hatte, mietete dieses Jahr ein Gebäude am Paradeplatz in Zürich, dem Standort der UBS und der Credit Suisse.

(Bloomberg)