Stagflation: Das ist ein Begriff, der sowohl Politiker und Notenbankerinnen als auch Börsianer zusammenzucken lässt, wenn er aufs Tapet kommt. Er beschreibt das unheilvolle Zusammentreffen einer hohen Inflation und einer anhaltenden Stagnation der wirtschaftlichen Aktivität. Populär wurde der Begriff Anfang der 1970er-Jahre nach dem ersten Ölpreisschock von 1973.
Damals erreichte die Inflation ihren Höhepunkt bei 12,3 Prozent. Ausgelöst wurde die Teuerung vor allem durch einen negativen Angebotsschock bei Energierohstoffen, insbesondere bei Öl. Gleichzeitig – und das war das Verheerende – geriet damals am Ende des Nachkriegsbooms die Nachfrage in den Industrieländern arg ins Stocken. Doch ist die Situation mit heute überhaupt vergleichbar? Schliesslich sind wir noch weit weg von ähnlich hohen Inflationszahlen.
Stagflation sehr wahrscheinlich
Die Regierungen stehen unter dem Druck, soziale Belastungen durch höhere Ausgaben auszugleichen, zum Beispiel durch Subventionen zum Schutz der Armen vor hohen Energiekosten. Unterdessen müssen die Zentralbanken geldpolitisch vorsichtig vorgehen, wenn die US-Notenbank Fed die Zinsen stärker anheben will. Hebt die Fed die Zinsen und andere Notenbanken zu forsch an, wird dies das Wachstum zusätzlich belasten. Dabei könnte insbesondere dem Euroraum noch zusätzliches Unheil drohen, sollte der Verlust der Gaslieferungen erfolgen.
Das Gespenst einer sogenannten Lohn-Preis-Spirale steht dann noch immer im Raum. Damit ist die unheilvolle Wechselwirkung zwischen Preis- und Lohnanstiegen gemeint. Das Prinzip: Wenn die Preise steigen, gehen die Löhne hoch, was wiederum die Preise weiter hochtreibt - und so geht es weiter. Das Tückische: Solch eine Spirale wieder einzufangen, gehört zu den schwierigsten Unterfangen für Regierungen und Notenbanken.
Defensive Aktien bieten Schutz gegen Inflation und Stagnation
Würden sich die Stagflations-Tendenzen tatsächlich manifestieren und verschärfen, hätte das massive Auswirkungen auf sämtliche Anlageklassen. Die schlechteste Wahl wären dann eindeutig Obligationen. Während Inflation die Zinsen steigen lässt und damit die Kurse von Anleihen ohnehin belastet, vermindert sich dadurch auch der reale Rückzahlungswert.
Immobilien bieten sich als Sachanlage zwar durchaus als Schutz gegen eine Stagflation an. Allerdings sind insbesondere in Top-Lagen die Häuserpreise in der Vergangenheit derart angezogen, dass der Markt einigermassen heiss gelaufen ist. Ein Preisrückgang ist auch trotz der SNB-Zinserhöhung im Juni nicht eingetreten. Gold ist seit jeher ein Sicherheitsanker und eignet sich in Stagflationsphasen als gute Absicherung. Während der Teuerungsschübe der 1970er-Jahre erlebte auch das Edelmetall eine Rally.
Doch am Ende des Tages gilt mal wieder das Tina-Prinzip (There is no Alternative). Auch bei einer Stagflation gibt keine wirkliche Alternative zu dem Sachwert schlechthin: die Aktie.
Allerdings sollten Anlegerinnen darauf achten als Stagflations-Schutz vor allem auf Aktien von Unternehmen zu setzen, die eine starke Preismacht besitzen. Diese können höhere Preise an die Kundschaft weitergeben und sich somit den neuen Gegebenheiten anpassen. Zu nennen wäre hier vor allem global Konsumgüterkonzerne wie Nestlé, Procter & Gamble, Unilever, Johnson & Johnson oder 3M.
Vorsicht ist naturgemäss bei zyklischen Aktien geboten. Bei einer Stagflation überlegen sich Konsumenten zweimal, ob sie ein Produkt kaufen sollen, dass nicht zwingend zur Befriedigung der Grundbedürfnisse nötig ist. Am Schluss heisst es mal wieder: Qualität ist alles.
Dies ist eine aktualisierte Version eines cash-Artikels, der zuletzt am 9. März 2022 erschien .