Die RTL Group kauft den Pay-TV-Sender Sky Deutschland und will damit den US-Streamingplattformen Netflix und Amazon Prime Paroli bieten. Die Bertelsmann-Tochter kündigte am Freitag an, von Comcast 100 Prozent der Sky-Geschäfte in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Luxemburg und Südtirol auf bargeld- und schuldenfreier Basis zu übernehmen.

Der US-Medienkonzern bekommt 150 Millionen Euro in bar und kann - abhängig von der Entwicklung der RTL-Aktie - in den nächsten Jahren einen Nachschlag von bis zu 377 Millionen Euro erhalten. «Wir sehen uns im Verbund mit Sky als klarer nationaler Medienchampion in Deutschland, der alle Voraussetzungen und Ressourcen hat, um im Wettbewerb mit den US-Plattformen zu bestehen», sagte Thomas Rabe, Chef von Bertelsmann und der RTL Group, der Nachrichtenagentur Reuters.

Die Ankündigung kam an der Börse gut an. Die RTL-Aktie schoss im frühen Handel um über 14 Prozent nach oben auf 36,20 Euro und war damit der grösste Gewinner im Nebenwerteindex MDax. «Die in Aussicht gestellten Synergien sind enorm für RTL und das Chance-Risiko-Verhältnis des Deals sieht klar positiv aus», sagte ein Händler.

Der Zusammenschluss von RTL und Sky bringe zwei der stärksten Unterhaltungs- und Sportmarken Europas zusammen und schaffe ein einzigartiges Video-Angebot im Free-TV, Pay-TV und Streaming, erklärte Rabe. Mit künftig rund 11,5 Millionen zahlenden Streaming-Abonnenten holt das gemeinsame Unternehmen in Deutschland zu den grossen US-Wettbewerbern auf. Die Streaming-Dienste RTL+ und Wow von Sky wären dann zusammen deutlich vor Disney auf Platz 3, aber noch immer klar hinter Marktführer Netflix und Amazons Prime.

Fusion mit ProSiebenSat.1 vom Tisch

In der Vergangenheit hatte Rabe wiederholt mit einer Fusion mit dem bayerischen Konkurrenten ProSiebenSat.1 geliebäugelt, aber am grünen Licht der Kartellbehörden dafür gezweifelt. «Das Thema eines Zusammenschlusses mit ProSiebenSat.1 hat sich nun definitiv erledigt», sagte Rabe Reuters. «Sky ist für uns die deutlich bessere Option, weil das Geschäft komplementär ist zu RTL», erklärte er. Denn RTL finanziere sich vor allem über Werbung, Sky über Abos. «Eine weitere Konsolidierung für uns auf dem deutschen Markt ist nicht erforderlich und würden wir auch nicht anstreben.»

Der Sky Deal ist für den europäischen TV-Konzern RTL Group die grösste Transaktion seit der Gründung 2000. Die Transaktion soll 2026 über die Bühne gehen und nach drei Jahren 250 Millionen Euro an Synergien bringen. Leiten soll das gemeinsame Unternehmen Stephan Schmitter, Chef von RTL Deutschland. Der Hauptsitz von RTL Deutschland bleibt Köln, der von Sky Deutschland München.

Sky Deutschland erzielte mit gut 2000 Beschäftigten zuletzt zwei Milliarden Euro Jahresumsatz. Der Sender hat vor einigen Jahren hohe Verluste geschrieben. Sky-Chefin Dana Strong betonte, das Deutschland-Geschäft habe in den vergangenen drei Jahren dank der Sanierung grosse Fortschritte gemacht. RTL erwartet, dass Sky Deutschland 2025 die Gewinnschwelle erreicht. Vor rund zwei Jahren hatte auch ProSiebenSat.1 eine Übernahme von Sky Deutschland ausgelotet. Um einen Kauf schmackhaft zu machen, war Comcast damals sogar bereit, eine Mitgift von mehreren hundert Millionen Euro mitzugeben, wie Reuters im Mai 2023 von Insidern erfahren hatte.

Der variable Teil des Kaufpreises hängt vom RTL-Aktienkurs ab. Comcast kann demnach jederzeit innerhalb von fünf Jahren nach Abschluss des Deals die variable Vergütung auslösen - vorausgesetzt der Aktienkurs übersteigt 41 Euro. Bei 50 Euro etwa wären es 117 Millionen Euro, erläuterte Rabe. Bei einem Aktienkurs von 70 Euro wäre der Nachschlag für Comcast bei 377 Millionen Euro gedeckelt. RTL kann in bar, in eigenen Aktien oder in einer Kombination davon zahlen.

Mit dem Deal würde die RTL-Mutter Bertelsmann wieder rund 70 Prozent ihres Umsatzes mit Medien machen. «Das ist ein grosser Schritt zur Erreichung unserer mittelfristigen Ziele bis 2028», betonte Rabe. Dann peile Bertelsmann über 24 (2024: 19) Milliarden Euro Umsatz an, rund vier (3,1) Milliarden Euro operativen Gewinn und etwa zwei (1,0) Milliarden Euro beim Nettoergebnis.

(Reuters)