Der April hat sich an der Börse als einträglich erwiesen: Der Schweizer Aktienmarkt, gemessen am Swiss Performance Index SPI, liegt im Vergleich zu vor vier Wochen um 2,9 Prozent höher. Die Jahres-Negativperformance reduziert sich dadurch auf -2,5 Prozent.

Am Markt gibt es die Tendenz, gewisse saisonale Muster zu sehen: Während der Handel im April noch gut läuft, drohen im Mai fallende Kurse und im Anschluss daran ein für Anlegerinnen und Anleger unerfreulicher Sommer. "Sell in May and Go Away", so lautet eine Börsenweisheit aus der englischsprachigen Welt. Vor allem in den USA glaubt man daran. Die grossen US-Indices Dow Jones und S&P 500 haben sich in den vergangenen Jahrzehnten im Durchschnitt im Mai jeweils seitwärts entwickelt. Nur der Technologie-Index Nasdaq legt in diesem Monat häufig zu, im Schnitt der vergangenen 46 Jahre um jeweils fast 1 Prozent.

2018 mit anderen Vorzeichen?

Wie das Online-Portal "Market Watch" nun aber schreibt, sind die Vorzeichen in Jahren mit den Zwischenwahlen für einen Teil des US-Kongresses anders. Wegen der "Mid-Term Elections" im November könnten die Kurse wie früher beobachtet stärker unter Druck geraten als in anderen Jahren. Die Wahlen gelten als "political risk" und sorgen gemäss Marktbeochtern dafür, das die Unsicherheit hoch bleibt. Wenn dies zutrifft, stehen die Aktienmärkte der USA vor einer schwierigen Phase.

Weil die USA die grösste Volkswirtschaft der Welt sind und weil die Vorgaben des US-Marktes immer auch an der Schweizer Börse zu spüren sind, werden solche Gedankenspiele auch hierzulande beachtet. Ein Blick auf die April-Kursentwicklungen (siehe Tabelle) des dividendenadjustierten SPI der vergangenen zehn Jahre zeigt, dass es sich mit diese Monat am Schweizer Markt um einen guten Monat handelt: In sieben von zehn Jahren war die Performance positiv und nahe oder über 3 Prozent, auch wenn der April 2009, in dem sich der Markt von der Finanzkrise zu erholen begann, eine Sondererscheinung darstellt.

Doch auch die Mai-Performance der vergangenen 10 Jahre war in der Mehrheit der Fälle gut. Und dass die Kurse in der Periode Mai bis September fallen, war nur 2015, 2011, 2010 und 2008 der Fall gewesen. Zumindest was die Zeit seit der Finanzkrise betrifft, gibt es keinen definitiven Anhaltspunkt, dass die Kurse in den Sommermonaten negativ sind oder sich nur seitwärts entwickeln.

SPI-Performancewerte in den vergangenen 10 Jahren

 April-PerformanceMai-PerformancePerformace Mai-Sept
2017+3,3 Prozent+2,7 Prozent+4,7 Prozent
2016+2,7 Prozent+4,1 Prozent+3,4 Prozent
2015unverändert+1,8 Prozent-5,7 Prozent
2014+1,6 Prozent+2,7 Prozent+4,3 Prozent
2013+2,5 Prozent+1,7 Prozent+2,5 Prozent
2012-0,3 Prozent-3,4 Prozent+5,5 Prozent
2011+3,3 Prozent-1,1 Prozent-16,8 Prozent
2010-2,6 Prozent-4,6 Prozent-4,3 Prozent
2009+12,2 Prozent+2,8 Prozent+21,7 Prozent
2008+5,6 Prozent+0,6 Prozent-11,6 Prozent

Daten: cash.ch

Aber wird 2018 von alledem abweichen? Eine höhere Nervosität herrscht auch deswegen, weil sich die Kurse dieses Jahr sehr unstet entwickelt haben. Vielen Investoren steckt noch in den Knochen, dass der Markt im Februar massiv eingebrochen ist. Der SPI fiel vom Rekord bei 11‘040 Punkten im Januar innerhalb weniger Tage um 1000 Punkte und konnte den Rückgang bisher nicht wieder wettmachen.

Dazu kommen geopolitische Unsicherheiten wie der Handelskonflikt zwischen den USA und anderen grossen Wirtschaftsmächten. Neue Krisenzeichen wurden schliesslich vergangene Woche ausgemacht, weil die Renditen für US-Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit zum ersten Mal nach vier Jahren 3 Prozent erreichten. Steigende Anleihenrenditen gelten als mögliche Belastung für die Aktienmärkte.

Gute Zahlen, begrenztes Potential

Sollten sich Anleger auch in der Schweiz nun angesichts von Handelskonflikten, der Entwicklung des US-Anleihenmarktes und vor allem wegen gedämpften Aussichten Aktienverkäufe überlegen? Der cash-Insider, der sich vergangene Woche mit der Börsenweisheit auseinander gesetzt hat, hält dies für übertrieben - gestützt auf eine Studie der Bank Julius Bär.

 

 

Auch Thomas Della Casa, Anlagechef der Neuen Helvetischen Bank, rät vom Verkaufen ab. Die wirtschaftliche Entwicklung sei positiv, und nach den erfreulichen Unternehmenszahlen zum ersten Quartal dürften auch die Zweitquartals-Ergebnisse gut ausfallen. Anzeichen für ein rezessives Umfeld gebe es nicht. Die Zinsen stiegen zwar in den USA, aber nicht in Europa. Für Thomas Della Casa lautet daher der Schluss: "Es gibt keinen Grund, sich von Risiko-Assets wie Aktien zu trennen."

Beruhigende Worte äussert auch Alex Hinder, CEO von Hinder Asset Management: Ein massiver Grund zum Verkaufen bestehe nicht. Er warnt aber auch davor, sich in zu hohen Erwartungen zu ergehen: "Im Moment dürfte das Potential für Aktien begrenzt sein, und wir müssen uns noch eine Weile auf einen Seitwärtsmarkt einstellen."

Was Sie über die Börsenhektik wegen US-Anleihen wissen müssen

Die Renditen der US-Anleihen sind ein Faktor, der die nächsten Monate an der Börse prägen wird, wie Hinder sagt: "Gut für Aktien wäre, wenn die Zinsen für die zehnjährigen US-Staatsanleihen einen Peak erreichen würden: Ich denke, dies könnte in Lauf des Jahres bei etwa 3,25 Prozent erreicht werden und sich dann etwa für ein Jahr auf diesem Niveau halten."

Aktien könnten nach Hinders Einschätzung wenn, dann eher in der zweiten Jahreshälfte wieder anziehen. Damit bleibt zumindest der zweite Teil des eingangs erwähnten Zitats gültig. Denn dessen vollständige Version lautet: "Sell in May and Go Away, but Remember to Come Back in September."

Also lautet der Rat: Investiert bleiben, sich von einer zähen Performance nicht entmutigen lassen und mit den Halbjahreszahlen, welche die Unternehmen ab Ende Juli vorlegen, den Markt wieder genauer beobachten und sich auf einen steigenden Markt im Spätsommer und im Herbst freuen.