In der Schweiz könnten Quarantäne und Homeoffice-Pflicht bereits an diesem Mittwoch fallen. Mit der jetzt dominanten Coronavirusvariante Omikron steht möglicherweise in den kommenden Monaten der Übergang von der Pandemie zur Endemie bevor. Die Mutation ist zwar infektiöser, aber die Krankheitsverläufe sind weniger schwer. Eine Überlastung der Spitäler ist unwahrscheinlicher geworden.

Dieser Ausblick freut die in der Pandemie stark in Mitleidenschaft gezogene Reisebranche besonders. Diese hat wiederholt unter Lockdowns, Reisebeschränkungen und vor allem einer grossen Unsicherheit gelitten. Und die Schweiz ist jetzt mit ihrer optimistischen Haltung nicht allein, weltweit vollziehen oder planen Regierungen Öffnungsschritte. Eine Rückkehr zur "Normalität" beim Reisen mit Ferien am Meer oder einer Fernreise nach Übersee scheint zum Greifen nah. 

Europas grösster Billigflieger Ryanair spürt infolge der Omikron-Welle zwar weiter eine Zurückhaltung bei den Ticketreservationen - es wird vermehrt kurzfristig gebucht. Den Sommer plant Ryanair-Chef Michael O'Leary jedoch mit mehr Flügen als vor der Corona-Krise: Die angebotene Sommer-Kapazität liege derzeit 14 Prozent höher als im Sommer 2019. Das ist eine mutige Ansage und vielleicht ein Vorbote, wie schnell sich die Reisebranche mit dem Wegfall der Pandemie erholen könnte.

Jungfraubahn oder Titlisbahnen?

Dieser Optimismus ist auch in zaghaften Zügen an der Schweizer Börse zu beobachten. Die Aktien der Jungfraubahn gehören mit einem diesjährigen Kursplus von 5,5 Prozent zu den Gewinnern im Swiss Performance Index (SPI), der in derselben Zeitperiode 6 Prozent nachgibt. Der Titel liegt aber immer noch 21 Prozent unterhalb des Vor-Corona-Niveaus.

Kursverlauf der Jungfraubahn-Aktien seit Januar 2020 (Quelle: cash.ch).

Die Jungfraubahn ist mit dem beendeten Langzeitprojekt V-Bahn - kostete 320 Millionen Franken - gut darauf vorbereitet, wenn der internationale Reiseverkehr wieder mehr Ausländer in die Schweizer Berge lockt. Die V-Bahn bezeichnet zwei Seilbahnen, die die Talstation Grindelwald mit den Bergstationen Eigergletscher und Männlichen verbinden. Der Start in die Wintersaison 2021/2022 war dank inländischer Gäste bereits der beste der letzten zehn Jahre. Das finanziell solide Unternehmen dürfte in der Zeit nach Corona den früher erfolgreich begangenen Wachstumspfad wieder einschlagen.

Unter dem Wegbleiben internationaler Gäste in der Pandemie haben auch die Titlisbahnen gelitten. Das Tourismusunternehmen nimmt zwei von drei Franken mit dem Transport von Besuchern ein. Den Rest erwirtschaftet es mit Gastronomie und Hotellerie. Die Analysten sind wegen der absehbaren Rückkehr zur "Normalität" für das Unternehmen optimistisch. Das vorwärtsgewandte Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV), welches die prognostizierten Gewinne der nächsten zwölf Monate berücksichtigt, ist mit knapp 19 deutlich günstiger als das der Jungfraubahn mit 28. 

Gelingt Dufry 2022 der Befreiungsschlag?

Wegen der wackeligen Bilanz eine mutigere, aber schlussendlich auch chancenreiche Wette ist der Reisedetailhändler Dufry. Die weltweite Nummer eins der Branche betreibt in 65 Ländern rund 2500 Geschäfte an Flughäfen, Häfen und Bahnhöfen. Nimmt die globale Reisetätigkeit wieder zu, hat dies einen unmittelbar positiven Einfluss auf die Geschäftszahlen. Insbesondere die Expansion in den asiatischen Markt - unter anderem mit einer Partnerschaft mit Alibaba - ist neben der bewiesenen Fähigkeit, Kosten zu sparen, auf lange Sicht ein Pluspunkt beim Unternehmen aus Basel.

Zu Beginn des letzten Jahres sind die Aktien von Dufry nach den positiven Impfoffneuigkeiten in die Höhe geschnellt. Doch die Kursfantasie verpuffte schnell und der Titel sackte bis Mitte Dezember kontinuierlich ab. Seither verspüren die Aktien von Dufry wieder Rückenwind - allein dieses Jahr ging es 5 Prozent aufwärts. Dieser Drang nach oben dürfte noch deutlich stärker werden, falls Rebecca McClellan, Analystin bei der Bank Santander, mit ihrer Prognose recht bekommt. Diese hat die Aktie Mitte Januar mit einem Kursziel von knapp 68 Franken zum Kauf empfohlen. Gegenüber dem aktuellen Kurs von knapp 47 Franken entspricht dies einem Aufwärtspotenzial von 45 Prozent.

Kursverlauf der Dufry-Aktien seit Januar 2021 (Quelle: cash.ch).

An der Schweizer Börse ist mit LM Group auch ein Online-Reiseanbieter kotiert, dessen Fokus mehrheitlich auf Europa liegt. Wie bei Dufry steigt die Aktie seit Mitte Dezember in der Tendenz, wobei der befreiende Ausbruch nach oben noch ausgeblieben ist. Bei den Geschäftszahlen zum dritten Quartal konnte der Online-Reiseanbieter sich wieder ein Stück weit der Normalität annähern und verbuchte einen Gewinn.

Sollte das Sommergeschäft tatsächlich einen regelrechten Boost durch Reisehungrige erfahren, wird der Anbieter der Reiseportale Lastminute.com, Bravofly, Jetcost, Volagratis und Weg.de profitieren. Die Analysten sind beim prognostizierten Gewinn bereits optimistisch, so dass das vorwärtsgewandte KGV bei 18 zu liegen kommt.

ManuelBoeck
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