Nicht jedes Unternehmen ist dafür geeignet, an den Kapitalmarkt zu gehen, um seinen finanziellen Spielraum zu vergrössern. Zu kleine, operativ zu schwache oder stark verschuldete Unternehmen sollten von einem IPO (Initial Public Offering) absehen.

Die Zürcher Immobilienfirma Ledermann etwa zog im Oktober 2013 den geplanten Börsengang zurück. Gründe nannte das Unternehmen nicht. Aber es wird angenommen, dass die Aktie am Markt schlicht zu wenig liquide gewesen wäre.

Wenn ein Unternehmen aber gross und stabil genug ist, um an die Börse zu gehen, werden folgende Schritte gegangen. Der Ablauf kann insbesondere beim Bookbuilding von Fall zu Fall leicht variieren, aber die wichtigsten Stationen sind wie folgt:

Vorbereitung des IPO

Die Organisationsstruktur eines Unternehmens mit Verwaltungsrat und Geschäftsleitung muss den Börsenregeln entsprechen und allenfalls angepasst werden. Ein Börsenkandidat muss auch bereit sein, gewisse Buchhaltungsstandards anzuwenden: In der Schweiz sind dies meistens IRFS, Swiss GAAP FER oder US GAAP. Das Unternehmen muss auch in der Lage sein, Investoren regelmässig über den Geschäftsganz zu informieren und Geschäftsberichte zu publizieren.

Pilot Fishing

Ein IPO wird von Banken, sogenannten Syndikatsbanken, begleitet. Eine davon, in der Schweiz häufig eine Grossbank mit einer Investmentbank-Sparte, fungiert als "Lead Manager", genannt auch Bookrunner. Es ist die Bank, die das Orderbuch führt. Ein Börsengang wird indessen auch von Anwaltskanzleien, Wirtschaftsprüfern und Kommunikationsbüros begleitet.

Der Börsenkandidat wird auch von den Analysten der Banken durchleuchtet. Diese tasten auch mögliche Investoren auf deren Bereitschaft ab, Aktien zu zeichnen. Das Unternehmen braucht eine gewisse Verlässlichkeit, dass Geldgeber auch tatsächlich mitziehen. In aller Regel werden dabei aber nur Grossinvestoren berücksichtigt.

Wahl des "richtigen" Börsenplatzes

Der Emittent muss sich nicht nur entscheiden, an welchem Börsenplatz die Kotierung erfolgen soll, sondern auch, ob eine Mehrfachkotierung Sinn macht. Je kleiner ein Unternehmen, desto eher ist das ein Nachteil. Denn die Handelsvolumen an den verschiedenen Börsenplätzen sinken und die fehlende Liquidität kann zu unterschiedlichen Kursen führen.

Zudem: Nicht immer muss der Börsengang im Land des Hauptsitzes stattfinden.  An der Schweizer Börse gibt es mehrere ausländische Gesellschaften, zum Beispiel AMS (Österreich) oder Newron (Italien). Auch aus Schweizer Sicht kann ein fremder Kapitalmarkt sinnvoll sein. Gerade bei Biotech-IPO gehen Firmen gerne dahin, wo die Industrie zuhause ist, sprich an die amerikanische Technologie-Börse Nasdaq. So sind im vergangenen Jahr Crispr und AC Immune in New York aufs Parkett. Was bei einer Fremdkotierung allerdings beachtet werden muss: Aktiengesellschaften müssen die ausländische Regulation als auch die heimischen Regeln berücksichtigen.

Bookbuilding und Roadshow

Zur Preisfindung werden zunächst Investoren aufgefordert, den Börsenkandidaten zu beurteilen. Der Börsenkandidat muss während der Roadshow auch von sich aus aktiv Investoren informieren. Dabei verlangen diese möglichst grossen Einblick in die Bücher.

Während des Bookbuilding wird eine Preisspanne festgelegt, die sich aus den Geboten der Investoren und den Preisvorstellung des Börsenkandidaten entwickelt. Bei Galenica Santé betrug die Preisspanne zunächst 31 bis 39 Franken. Wegen hoher Nachfrage wurde die Preisspanne auf 37 bis 39 Franken eingegrenzt.

Emissionspreis und Kotierungsprospekt

Nach Bekanntgabe der Preisspanne läuft die offizielle Zeichungsfrist, in der Investoren in der Regel über die Syndikatsbanken Aktien erwerben. Wenn die Orderbücher geschlossen sind, steht der endgültige Emissionspreis fest. Dieser wird im Kotierungsprospekt veröffentlicht. Der Prospekt ist ein wichtiges rechtliches Dokument und enthält weitere Informationen zum sich kotierenden Unternehmen sowie zur Aktie.

Kotierung

Bei der Kotierung oder Listing werden die Aktien ins Handelsregister eingetragen und schliesslich ab der Handelseröffung am Tag des IPO gehandelt.

Eröffnungskurs

Mit dem Handel entsteht wie bei jeder Aktie ein Börsenkurs, der in aller Regel nicht identisch ist mit dem Emissionspreis. Der Eröffnungskurs und die Wertentwicklung in den ersten Tagen des Handels zeigen, wie erfolgreich ein IPO-Unternehmen am Markt ist.

Beim Börsengang des Immobilienplaners Peach Property, der vielen Anlegern als Beispiel eins weitgehend missglückten Debuts gilt, bestand im November 2011 ein Emissionspreis von 32 Franken (bei einer Preisspanne von 29 bis 37 Franken). Am ersten Handelstag stieg der Kurs auf 33,20 Franken. Dann begann innert Tagen ein jahrelanger Kurszerfall: Das Rekordtief erreichte die Peach-Property-Aktie Ende 2013 bei 9 Franken (akuteller Kurs: 19,10 Franken).

Mehrzuteilungsoption (Greenshoe)

Für den Fall, dass die Nachfrage das Angebot an Aktien übersteigt, können die Syndikatsbanken eine bereits definierte, zusätzliche Anzahl Aktien in Form einer Call-Option an den Markt bringen. Der Name Greenshoe kommt von der US-Firma Stride Rite, die früher Green Shoe hiess und die als erste solche Mehrzuteilungs-Papiere schuf.

Die Aktien kommen dabei entweder von alten Aktionären oder werden mit einer Kapitalerhöhung geschaffen. Der Greenshoe kann noch mehrere Woche nach dem IPO platziert werden und er stabilisiert oder stützt den Aktienkurs. Beim Börsengang des Handelskonzerns und Marktdienstleisters DKSH 2012 beispielsweise wurde die Mehrzuteilungsoption vollständig ausgeübt.

DKSH ist ein Beispiel für einen erfolgreichen Börsengang: Bei DKSH stieg der Kurs innerhalb des ersten Jahres nach dem Debüt von 48 Franken (Emissionspreis) auf 89,50 Franken (heute: 78,35 Franken).