Er ist ein irres Genie. Paranoid, teilweise tyrannisch, impulsiv, aber hochintelligent und voller Energie. Elon Musk. Chef von Tesla und SpaceX. Co-Gründer von Paypal. Reichster Mann der Welt. Neo-Besitzer des Kurznachrichtendienstes Twitter.

Die Hyperaktivität von Musk sei manchmal schwer zu ertragen, geradezu unangenehm sei es zuweilen, so eine Person, die Musk nahe steht, zu "Vanity Fair". Er zeige ein hohes Mass an degeneriertem Verhalten. "Es gibt eine Paranoia: Bist du für mich oder gegen mich?"

"Manchmal möchte ich wirklich den Raum verlassen, wenn er reinkommt", so die Person weiter. Musk zeige Tendenzen einer "totalen und vollständigen pathologischen Soziopathie" – analog zu anderen Tech-Titanen wie Mark Zuckerberg. "In ihrem Innersten scheren sie sich einen Dreck."

Musk hat die Mentalität eines Samurai

Musks Impulsivität ist legendär. Das Arbeitsklima bei Tesla oder SpaceX ebenfalls. Es gibt nur vollen Einsatz. Musk ist es egal, ob zuhause eine Familie wartet. Die Firma kommt zuerst. Die Angestellten müssen für das Unternehmen leben. Sie müssen sich verausgaben. Sonst gibts den blauen Brief.

"Meine Mentalität ist die eines Samurai. Ich würde lieber Seppuku begehen als zu versagen", sagt Musk über sich selbst – und genau diese Opferbereitschaft erwartet er von seinen Mitarbeitern.

"Die Liste der Leute, die nichts dagegen hätten, wenn ich weg wäre, wird immer länger", gibt Musk unumwunden zu.

Fünf Beispiele für erratisches Verhalten von Musk

Er ist ein Besessener. Ein Getriebener. Er will den Mars bevölkern, das Stau-Problem lösen, gegen die Klimaerwärmung ankämpfen. Dafür will er alles optimieren, jeden Prozess, selbst das Essen. "Wenn es einen Weg gäbe, nicht zu essen, damit ich mehr arbeiten kann, würde ich nicht essen. Ich wünschte, es gäbe eine Möglichkeit, Nährstoffe zu bekommen, ohne sich zum Essen hinzusetzen", so Musk.

Aber seine gigantischen Ziele hindern ihn nicht daran, kindisch und erratisch gegen Kritiker vorzugehen, wie fünf Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit zeigen.

1. Witze unter der Gürtellinie gegen Bill Gates

Der Microsoft-Gründer baute eine Short-Position in Tesla auf – ein völlig normales Verhalten, wenn man Milliarden verwalten muss und davon ausgeht, dass die Aktie sinkt. Musk reagiert mit einem Meme auf Twitter, stellt ein Bild von Gates neben ein Bild eines Mannes mit Babybauch und garniert das Ganze mit einem Erektionswitz.

Einsicht in das kindische Verhalten? Gibt es nicht. Musk fühlt sich persönlich angegriffen, wenn jemand gegen die Aktie von Tesla wettet, und verweigert anschliessend jegliche Kooperation, selbst wenn es um philantropische Themen geht, ganz nach dem Vorbild eines bockigen Teenagers.

2. Entlassung eines Tesla-Angestellten nach Youtube-Video

Musk ist berühmt dafür, eine kurze Lunte zu haben. Gewisse Manager sollen ihren Angestellten sogar eingebläut haben, den Arbeitsplatz von Musk möglichst zu meiden, weil sonst eine ziemlich willkürliche Entlassung ausgesprochen werden könnte. Ein falsch gewähltes Wort, ein Moment der vermuteten Illoyalität gegenüber der Firma oder den Verantwortlichen: Das reicht für das Ende der Arbeitsbeziehung, wie ein Vorfall vor wenigen Wochen wieder einmal zeigt.

Ein Tesla-Angestellter lud ein Video auf Youtube hoch, das ihn im eigenen Tesla zeigt. Das Auto ist im Robotermodus. Es gibt einen kleinen Zwischenfall. Der Angestellte zensiert den Zwischenfall nicht. Die Folge: Ende des Arbeitsverhältnis.

3. Harsche Drohung im Ringen mit saudischen Investoren

Im Rahmen eines Rechtsstreits wurde vor wenigen Tagen öffentlich, welche Botschaften Musk und ein Vertreter des saudischen Staatsfonds 2018 ausgetauscht haben. Musk hat im Vorfeld getweetet, er werde Tesla wieder von der Börse nehmen – für den Preis von 420 US-Dollar. "Das Funding sei gesichert", schrieb er. Die Börsenaufsicht SEC eröffnete eine Untersuchung.

Musk schrieb dann zum Vertreter der Saudis: "Das ist ein grosses Problem." Es sei äusserst wichtig, dass bestätigt werde, dass die Saudis "mit mir über die Transaktion sprechen". Mehr müsse nicht gesagt werden. "Wenn das nicht gesagt wird, werden wir nie wieder miteinander sprechen. Nie."

4. Rundmail zeigt die Mentalität des Tesla-Chefs

Im Oktober 2021 schickt Elon Musk eine Mail an alle Tesla-Angestellten. Darin hält er klar fest: "Wenn eine E-Mail von mir mit ausdrücklichen Anweisungen geschickt wird, sind nur drei Aktionen von Managern erlaubt: Erstens, eine Rückmail, um mir zu erklären, warum das, was ich gesagt habe, falsch war. Manchmal habe ich einfach völlig unrecht! Zweitens: Um weitere Klarstellung bitten, wenn das, was ich gesagt habe, unklar war. Drittens: Die Anweisungen ausführen. Wenn keine der oben genannten Massnahmen ergriffen wird, wird der Manager aufgefordert, sofort zu kündigen."

Vordergründig mag das Sinn ergeben, aber differenziert betrachtet, führt diese Anweisung in einer Firma, die die Leute entlohnt, fast sicher zu einer sektenhaften Kultur, in der Fehler und Abweichungen bestraft werden.

5. Das rasche Blockieren von Kritikern

Normalerweise beschäftigen die Tech-Firmen ein Heer an PR-Leuten, die für das Polieren des Images der Firma zuständig sind. Musk hat mit den Jahren aufgehört, grössere Summen in die Kommunikation zu stecken. Er ist sein eigener Komm-Minister, impulsiv am Drücker. Wer ihm nicht passt, wird blockiert, ignoriert, zur Seite gedrückt. Das Verhalten hat er im Nachgang zum Pädo-Tweet-Prozess ausgebaut. Es geht so weit, dass selbst harmlose Meinungsartikel den Bannstrahl erfahren. 

Das jüngste Beispiel: Henry Mance, Autor der Financial Times. Er kam zum Fazit, dass Musk die Menschheit wahrscheinlich nicht retten werde. Das alleine hat für den Beziehungsbruch gereicht. 

Dieser Artikel erschien zuerst im Digitalangebot der "Handelszeitung" unter dem Titel: "Twitter-Käufer Elon Musk: Intelligent, irre, impulsiv"