Die amerikanischen Börsenkonzerne sprechen mit der Marktaufsicht SEC bereits seit mehreren Monaten über eine laxere Regulierung, damit der US-Kapitalmarkt attraktiver wird, wie Reuters von vier mit der Angelegenheit vertrauten Personen erfuhr. Im Visier haben die Nasdaq und die New Yorker Börse dabei vor allem hochbewertete Startup-Unternehmen, die an den Kapitalmarkt gelockt werden sollen. Die diskutierten Reformen umfassen den Insidern zufolge niedrigere Kosten für einen Börsengang, weniger umfangreiche Offenlegungspflichten sowie weniger Einmischungsmöglichkeiten für Minderheitsaktionäre. Auch die Regierung von Präsident Donald Trump hat sich gelockerte Kapitalmarktregeln als Ziel gesetzt, um das Wirtschaftswachstum anzukurbeln.
Zu konkreten Gesprächen äusserten sich die genannten Beteiligten zwar nicht, machten sich aber öffentlich für Änderungen stark. «Wir müssen die öffentlichen Märkte attraktiver machen, denn nur so können wir den Zugang zu diesen Unternehmen wirklich demokratisieren. Das ist also einer unserer Hauptschwerpunkte», sagte Nasdaq-Präsident Nelson Griggs zu Reuters. Jaime Klima, leitende Managerin bei der New Yorker Börse Nyse für Regulierungsfragen, betonte, dass die Börse «sich weiterhin für unsere börsennotierten Unternehmen bei Regulierungsbehörden und politischen Entscheidungsträgern einsetzen wird.» Die Regulierungsbehörde SEC, die vom neuen Vorsitzenden Paul Atkins geleitet wird, erklärte, sie wolle Vorschriften lockern, die die Kapitalbildung behindern können. «Die SEC erwägt, regulatorische Belastungen anzugehen, die die Kapitalbildung untergraben, einschliesslich (der Sicherstellung), dass Börsengänge wieder etwas sind, was Unternehmen gerne tun», sagte ein Sprecher der Behörde. Seit dem Jahr 2000 ist die Zahl der an den US-Börsen notierten Aktiengesellschaften nach Angaben der Nasdaq um 36 Prozent auf 4.500 gesunken.
Gelockerte Vorschriften gingen jedoch häufig zu Lasten der Anleger, die dadurch einem erhöhten Verlustrisiko ausgesetzt sind, warnen Experten. «Historisch gesehen haben Anleger und Emittenten die US-Kapitalmärkte als die besten der Welt angesehen. Das liegt am Regulierungssystem», sagte Jill Fisch, Professorin für Wirtschaftsrecht an der University of Pennsylvania. «Es liegt daran, dass die Märkte besser funktionieren, wenn es vollständige Informationen gibt. Die Preise für Wertpapiere sind genauer. Das ist gut für alle.» In den vergangenen Jahren hatten die globale Finanzkrise 2008, der SPAC-Boom und der Handel mit Meme-Aktien nach der Corona-Pandemie zu einer verstärkten aufsichtsrechtlichen Überwachung der Unternehmen geführt. Als Apple 1980 an die Börse ging, war der Börsenprospekt 47 Seiten lang. Im Vergleich dazu umfasst ein typischer Börsengangsprospekt heutzutage 250 Seiten, einschliesslich umfangreicher allgemeiner Formulierungen zu Risikofaktoren, sagt Jay Ritter, Finanzprofessor an der Universität von Florida.
(Reuters)