In der neuen Börsenwoche bleiben die weiteren Entwicklungen in der US-Politik im Blick der Anleger. «Erstmals nach fast sieben Jahren gibt es wieder einen Government Shutdown in den USA. An den Kapitalmärkten gibt man sich dennoch vergleichsweise entspannt», schreiben die Experten der Helaba.
Letzte Versuche der Republikaner von Präsident Donald Trump und der Demokraten, sich auf eine Übergangsfinanzierung zu einigen, blieben in der alten Woche erfolglos. Die Finanzierung zahlreicher Regierungsbehörden ist seit Mittwoch ausgesetzt. Die Haushaltssperre dürfte die Vorlage wichtiger Konjunkturdaten verhindern, die auch für die US-Notenbank Fed von Bedeutung sind. Dazu gehörte etwa der mit Spannung erwartete US-Arbeitsmarktbericht, der am Freitag ausfiel.
Laut Experten setzen Anleger jedoch darauf, dass das Fehlen der Daten die US-Notenbank Fed dazu anregt, sich umso stärker auf die Zahlen privater Anbieter zu konzentrieren. Da diese zuletzt überraschend stark ausgefallen sind, spekulieren Marktteilnehmer, dass die Fed die Zinsen im Oktober erneut senkt. Die neu entflammten Zinshoffnungen blieben für die Aktienmärkte nicht ohne Folgen.
Der Schweizer Aktienmarkt hat am Freitag zum sechsten Mal in Folge mit einem Gewinn geschlossen. Gründe dafür waren neben dem KI-Hype und den Hoffnungen auf US-Zinssenkungen die starken Pharmawerte und die Kursgewinne der Grossbank UBS.
Auch die US-Börsen haben am Freitag ihren Rekordlauf fortgesetzt. Diesmal war auch der Dow Jones Industrial dabei und sprang erstmals über 47'000 Punkte. Bis Handelsschluss bröckelten die Gewinne insgesamt aber etwas ab.
Der Dow schloss letztlich 0,51 Prozent höher auf 46'758,3 Punkten. In der abgelaufenen Handelswoche hat der bekannteste Wall-Street-Index damit um 1,1 Prozent zugelegt.
Mit plus 0,01 Prozent auf 6'715,8 Punkte ging der breite S&P 500 am Freitag aus dem Handel, nachdem er im Verlauf ebenfalls auf einen Höchststand geklettert war.
Der überwiegend mit Technologiewerten bestückte Auswahlindex Nasdaq 100 gab nach einem Rekordhoch im frühen Handel bei knapp unter 24'960 Punkten seine Gewinne wieder ab. Er verlor letztlich 0,43 Prozent auf 24'785,5 Punkte. Auf Wochensicht steht hier ein Plus von 1,2 Prozent zu Buche.
Wie lange dauert der Shutdown?
Die meisten Analysten sind sich einig, dass die konjunkturellen Folgen eines kurzen Stillstands mit der Zeit ausgeglichen werden könnten. Sollte der Shutdown länger als drei Wochen anhalten, dürfte dies die Entwicklung der US-Wirtschaft jedoch negativ beeinflussen.
«Als Faustregel gilt, dass jede Woche Stillstand das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 0,1 bis 0,2 Prozentpunkte reduzieren könnte», warnt Carsten Klude, Chefökonom bei M.M. Warburg. Aufgrund der verhärteten Fronten im US-Kongress zwischen Republikanern und Demokraten ist dies Experten zufolge nicht auszuschliessen.
Einige der vergangenen Shutdowns endeten schon nach einem Tag, der bislang längste zog sich über 34 Tage. Das wahrscheinlichste Szenario laut Klude bleibt jedoch «eine Einigung binnen Tagen oder wenigen Wochen, getrieben durch öffentlichen Druck aufgrund der Auswirkungen auf Bundesbedienstete und wichtige Dienstleistungen.»
Das Staatssekretariat für Wirtschaft Seco eröffnet die neue Konjunkturdatenwoche am Montag mit den Arbeitsmarktdaten für September 2025. Am Freitag veröffentlicht das Amt zudem den Konsumentenstimmungsindex für den abgelaufenen Monat.
Im Euroraum wird das Barometer der Beratungsfirma Sentix für Oktober erwartet. Dieses zeigt an, wie Börsianer auf die Konjunktur in der Euro-Zone blicken. Im Fokus am Dienstag und Mittwoch stehen Daten für die deutsche Industrie im August. «Die Zahlen dürften auf den ersten Blick sehr unterschiedlich ausfallen», sagte Commerzbank-Ökonom Ralph Solveen mit Blick auf Prognosen für starke Aufträge und eine schwächere Produktion. «Bereinigt um einige Sondereffekte dürften sie aber übereinstimmend zeigen, dass eine nachhaltige Belebung der Industrie-Konjunktur noch auf sich warten lässt.»
Ausserdem blicken Anleger auf die wöchentlichen Zahlen zu den Erstanträgen auf US-Arbeitslosenhilfe. Diese sind für Marktteilnehmer besonders wichtig, seitdem der Shutdown den Bericht des US-Arbeitsministeriums für September ausfallen liess.
Prothesenherstellers Ottobock vor Börsengang
Unternehmensseitig ist die hiesige Agenda weitgehend leer. In Deutschland findet am Donnerstag ein Autogipfel statt. Teilnehmen werden Hersteller, Arbeitnehmervertreter sowie die Ministerpräsidenten der Bundesländer mit Autoindustrie, erklärten Regierungskreise gegenüber Reuters. Es soll angesichts der schwierigen Lage in der Branche vor allem über die Rahmenbedingungen und Arbeitsplätze gesprochen werden.
Ebenfalls am Donnerstag blicken Anleger auf die Erstnotiz des weltgrössten Prothesenherstellers Ottobock an der Frankfurter Börse. Das Unternehmen peilt einen Marktwert von bis zu 4,2 Milliarden Euro an. Es wäre der erste Börsengang in Deutschland im streng regulierten Prime Standard in diesem Jahr.
(Reuters)