Der Swiss Market Index (SMI) kann bisher auf ein einigermassen erfolgreiches Jahr zurückblicken. Seit Jahresanfang hat der Index 3,1 Prozent zulegt. Inklusive der ausbezahlten Dividenden beläuft sich der Totalertrag auf 6,4 Prozent. Die ausgewerteten Fundamentaldaten sprechen mittelfristig für eine Fortsetzung des Aufwärtstrends, auch wenn ein Strategie kurzfristig nur bescheidenes Potenzial sieht. 

Der SMI und die darin vertretenen 21 Gesellschaften halten sich verhältnismässig gut, wenn man die 39-prozentigen US-Exportzölle und den starken Franken berücksichtigt. Die Analysten der UBS begründen dies in einem jüngst veröffentlichten Kommentar damit, dass nur 1 bis 2 Prozent der gesamten Umsätze der SMI-Unternehmen von den Zöllen betroffen sein dürften. Diese seien weniger für den Schweizer Aktienmarkt als vielmehr für die gesamte Schweizer Wirtschaft relevant, so die UBS-Experten.

Insgesamt geht Stefan Meyer, CIO Equity Strategist bei der UBS, trotz des ungünstigen Währungsumfelds, neuer US-Zölle und Preisrisiken in der Pharmaindustrie weiterhin von einem mittleren einstelligen Gewinnwachstum im SMI in Schweizer Franken für dieses und nächstes Jahr aus. Dies werde durch einen relativ geringen Basiseffekt unterstützt.

Der Schweizer Einkaufsmanagerindex (PMI), ein wichtiger Indikator für die verarbeitende Industrie, lag seit Januar 2023 unter der 50-Punkte-Marke, was auf eine Kontraktion hindeutet und ein stagnierendes oder negatives Wachstum in den kommenden Monaten signalisiert. Meyer von der UBS erwartet nun, dass der PMI in den nächsten Quartalen die 50-Punkte-Marke überschreiten wird. Im Laufe des Jahres 2026 dürften sich die wirtschaftlichen Aussichten entsprechend aufhellen.

Gemäss UBS-Analyse liegt das vorwärtsgerichtete Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) des SMI basierend auf Konsensprognosen leicht über dem historischen Durchschnitt. «Angesichts der etwas zu optimistischen Gewinnprognosen, insbesondere für 2026, erscheint uns die Bewertung des Schweizer Aktienmarktes als angemessen», meint der UBS-Stratege. Daher sei die Auswahl der einzelnen Aktien entscheidend. In ihrem Basisszenario erwartet der UBS-Experte Meyer den SMI per Ende 2025 bei 12'200 Punkten und im Juni 2026 bei 12'600 Punkten. Das ergibt über die nächsten neun Monate ein Aufwärtspotenzial von 5,5 Prozent zuzüglich der Dividendenerträge, die im Frühjahr 2026 ausbezahlt werden. 

Höhere Konsenserwartungen

Ein Blick auf die Konsenserwartungen gemäss Daten von Bloomberg zeigt, wo der Schuh beim Potenzial in den letzten zwei Jahren gedrückt hat. Die Gewinnerwartungen bei den 21 SMI-Titeln war für 2023 und 2024 jeweils 20 Prozent zu hoch. Für die nächsten zwei Jahre prognostizieren die Experten nun einen Anstieg des Gesamtgewinns auf 703 Franken (2025), 782 Franken (2026) und 821 Franken (2027). 

Die Bloomberg-Daten deuten bei den SMI-Unternehmen zudem auf einen noch deutlicheren Anstieg des erwirtschafteten Cashflow über die nächsten Jahre hin. Dieser sollte von 610 Franken 2024 auf 964 Franken im Jahr 2028 ansteigen. Wird dieser Cashflow auf den aktuellen Indexpreis umgerechnet, so ergibt sich für 2024 ein Preis-/Cashflow-Verhältnis (P/CF) von 19,8x und für 2028 eins von 12,5x. Handelt der SMI 2028 auf einem unveränderten P/CF-Verhältnis von 19,8x im Rahmen des langjährigen Durchschnitts, so hat der Index über die nächsten gut drei Jahre ein Aufwärtspotenzial von knapp 50 Prozent.

Selbst für den Fall, dass die Gewinnerwartungen zu hoch sind und es zu Gewinnrevisionen gegen unten wie in der Vergangenheit kommt, bestünde nach wie vor ein Aufwärtspotenzial. Wird nur die Hälfte des Cashflow-Verbesserung Tatsache, so ergibt dies auch dank den Dividendenzahlungen immer noch eine annualisierte Gesamtrendite von mehr als 10 Prozent. Das läge über dem zehnjährigen Durchschnitt von 6,8 Prozent. 

Werden die Einschätzungen der Analysten zu den einzelnen SMI-Titeln hinzugezogen, so beläuft sich mit dieser Bottom-Up-Methode das durchschnittliche Kursziel für den SMI auf 13'110 Punkte - das entspricht einem Aufwärtspotenzial von gut 10 Prozent. 

Erweiterte Anzahl Schwergewichte könnte Party verderben

Über die letzten Jahrzehnten prägten am hiesigen Aktienmarkt die drei Schwergewichte Nestlé, Novartis und Roche die Kursentwicklung des SMI, da diese drei Titel mehr als 50 Prozent der SMI-Börsenkapitalisierung auf die Waagschale brachten. Die Zeit der dominanten drei Schwergewichte scheint nun aber abgelaufen und man sollte eher von den «schweren Sieben» sprechen. 

Einerseits fielen Nestlé und Roche über die letzten drei Jahren mit Kursrückgängen auf, die drei Firmen zusammen machen nur noch 46 Prozent des Index aus. Zudem musste Nestlé als wertvollste Schweizer Firma den Thron an Roche abgeben. Roche bat eine Börsenkapitalisierung von 216 Milliarden Franken, gefolgt von Nestlé mit 186 Milliarden Franken und Novartis mit 181 Milliarden Franken.

Andererseits haben in den letzten drei Jahren die Valoren der UBS (+117 Prozent), ABB (+107 Prozent), Richemont (+40 Prozent) und Zurich Insurance (+31 Prozent) überdurchschnittlich zugelegt. Damit wurde die Indexkonzentration im SMI weiter verstärkt. Die sieben Schwergewichte ABB, Nestlé, Novartis, Richemont, Roche, UBS und Zurich Insurance machen knapp drei Viertel des hiesigen Leitindexes aus.  

Bis auf ABB haben diese Schwergewichte kombiniert das Potenzial, weitere Kursgewinne im SMI auszubremsen. Nestlé steht vor einer Rosskur, um Wachstum und Verschuldung wieder ins Lot zu bringen. Roche muss mit den letzten Jahren getätigten Investitionen erfolgreiche Medikamentenlancierungen generieren.

Novartis wiederum steht vor Herausforderung, die sinkenden Umsätze der in den nächsten Jahren auslaufenden Patente durch neue Blockbuster-Medikamente aufzuwiegen. Den zwei Pharmakonzernen könnte zudem die US-Regierung einen Strich durch die Rechnung machen, wenn diese mit dem Ansinnen auf tieferen Pharmapreise Erfolg haben sollte oder mit der Zollkeule Schweizer Pharmaexporten beschneidet.

Sollte der Konsum in China nicht wie erhofft anspringen und die US-Zölle in dieser Höhe bestehen bleiben, könnte dies die Valoren von Richemont zurückhalten. Bei der UBS hängt die weitere Kursentwicklung von der erfolgreichen Integration der Credit Suisse und der damit verbundenen Kosteneinsparungen ab.

Die Aktien der Zurich Insurance sind auf der anderen Seite im Vergleich zu den europäischen Pendants teuer bewertet. Einzig ABB dürfte auch in den nächsten zwei Jahren vom Boom bei KI und der globalen Elektrifizierung profitieren. Zusätzlich könnte die definitive Abspaltung der Robotics-Sparte den Valoren Rückwinden verleihen. 

Thomas Daniel Marti
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