Analysten werden bei Nestlé genau hinschauen, wie sich das Mengenwachstum (Real Internal Growth) entwickelt. Das Unternehmen gab im Sommer an, im zweiten Halbjahr diesbezüglich wieder zu wachsen. Analysten sind sich aber uneinig, ob das im dritten Quartal bereits gelungen ist oder ob Nestlé zum fünften Quartal in Folge einen Rückgang der Verkaufsmengen verzeichnet. Klar scheint aber: ein allfälliges RIG-Minus wäre deutlich kleiner als im Q2 (- 1,1 Prozent).

Einen starken Beitrag haben nach Expertenmeinung wohl erneut die üblichen Wachstumsmotoren geleistet: Kaffee und Tierfutter. Dabei dürfte dem Unternehmen auch helfen, dass sich gewisse Lieferschwierigkeiten nun wieder abschwächen. Diese hatten vor allem beim Tierfutter zu Engpässen geführt. Die grosse Frage ist aber, wie sich die Nachfrage gerade in Zeiten der Rezession weiter entwickelt. Beobachter werden Angaben des Managements zur Konsumentenstimmung deshalb sehr genau verfolgen.

Die Preiserhöhungen dürften nach Meinung der Analysten derweil im dritten Quartal etwas zurückgegangen sein nach 9,1 bzw. 9,8 Prozent in den beiden Vorquartalen. Insbesondere in den USA, wo die Preiserhöhungen am frühesten durchgesetzt wurden, sei mit einem Rückgang bzw. einem geringeren Wachstum zu rechnen, heisst es. Die Verlangsamung bei den Preiserhöhungen dürfte zudem wiederum das Volumen positiv beeinflusst haben, davon gehen manche Experten aus.

Das Management rechnet für das Gesamtjahr mit einem organischen Wachstum von 7 bis 8 Prozent und einer operativen Marge zwischen 17,0 und 17,5 Prozent. Nestlé dürfte diese Guidance laut Analysten bestätigen. Gewinnzahlen weist das Unternehmen nach neun Monaten allerdings nicht aus.

Nestle hat ein laufendes Aktienrückkaufprogramm in Höhe von 20 Milliarden Franken über den Zeitraum von 2021 bis 2023. Etwa 10 Milliarden Franken wurden durch Portfolio-Optimierung und die Reduzierung der Beteiligung an L'Oréal finanziert. Laut aktuellen Angaben auf der Webseite von Nestlé wurden bislang (Stand 11. Oktober) knapp 126 Millionen Aktien zurückgekauft im Wert von rund 14,4 Milliarden Franken.

Im bisherigen Jahresverlauf gehören die Titel von Nestlé zu den deutlichen Verlierern unter den Blue Chips. Während sich der Gesamtmarkt gemessen am SMI kaum verändert hat, haben Nestlé einen Rückgang von gut 4 Prozent verzeichnet. Auch letztes Jahr gaben die Titel beinahe 16 Prozent nach.

Trend zu Diätmitteln?

Im Sog der gesamten Lebensmittelbranche geriet Nestlé kürzlich an der Börse stark unter Druck wegen einer Aussage zu Diätmitteln. Ein Walmart- Vertreter gab an, dass sein Arbeitgeber eine Veränderung im Konsumverhalten von Menschen feststelle, die das Diabetes-Medikament Ozempic oder andere appetitzügelnde Medikamente einnähmen. Einige Tage lang stand daraufhin der ganze Sektor auf den Verkaufslisten der Anleger. Immerhin hat Nestlé diverse ungesunde Produkte im Angebot, wie etwa seinen Kassenschlager Kitkat.

Vor wenigen Tagen kündigte Nestlé die Restrukturierung seiner Teigfabrik in Wangen (SO) an. Rund 90 der insgesamt 200 Stellen sollen dort wegfallen. Das Unternehmen gibt sein White-Label-Exportgeschäft auf und setzt stattdessen auf die Eigenmarken wie beispielsweise Buitoni-Pizzateig.

In den letzten Monaten hat Nestlé gleich mehrere wichtige Personalien bekanntgegeben. Die wichtigste davon war wohl im Mai die Ernennung von Anna Manz zur neuen Finanzchefin. Wann genau Manz ihren Vorgänger François- Xavier Roger ablöst, ist allerdings noch nicht ganz klar. Sie muss zuerst von ihrem Engagement an der Londoner Börse, wo sie aktuell noch als Finanzchefin amtet, entbunden werden. Zuletzt hiess es, sie stosse spätestens im Juni 2024 zu Nestlé.

Doch nicht nur das Finanzdepartement wird künftig von einer Frau geleitet, sondern auch die Gesundheitssparte Nestlé Health Science. Dort übernimmt Anna Mohl per 1. Januar die Nachfolge von Greg Behar, der eine neue Stelle ausserhalb von Nestlé antritt. Ausserdem tritt Stephanie Pullings Hart ebenfalls per 1. Januar die Nachfolge von Magdi Batato als neue operative Chefin beim Nahrungsmittelkonzern an. Ihr Vorgänger geht dann in Pension.

Nestlé will gesünder werden und setzt deshalb auf das sogenannte Health Star Rating. Der Konzern will den Umsatz, den er mit Produkten erzielt, die über ein Health Star Rating von 3,5 und höher verfügen - also den gesünderen Produkten - bis 2030 um 20 bis 25 Milliarden Franken erhöhen. Als Basisjahr gilt 2022. Damit entspricht das neue Ziel einer Steigerung um rund 50 Prozent.

Nach langer Suche ist Nestlé sein Erdnussallergiemittel Palforzia losgeworden. Das Geschäft, das Nestlé 2020 für 2,3 Milliarden Franken übernommen hatte, ging zu einem unbekannten Preis an das auf Allergiemittel spezialisierte Schweizer Biopharma-Unternehmen Stallergenes Greer. Ausserdem hat Nestlé im September bekanntgegeben, den brasilianischen Premium- Schokoladenhersteller Grupo CRM zu übernehmen. Damit will das Unternehmen im "High-End-Geschenksegment" wachsen.

(AWP/cash)