Die Versandapotheke DocMorris dürfte für das abgelaufene Geschäftsjahr 2023 gemäss Konsensus-Auswertung der Nachrichtenagentur AWP einen Reinverlust von 100 Millionen Franken ausweisen. Der adjustierte Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen sollte bei minus 33,3 Millionen zu stehen kommen.

DocMorris hatte im vergangenen Jahr mit 1,04 Milliarden Franken gut 10 Prozent weniger umgesetzt. Dies teilte das Unternehmen bereits im Januar mit. In Lokalwährungen betrug das Minus 7,4 Prozent. Nicht mehr berücksichtig wurde das anfangs 2023 an die Migros verkaufte Schweizer Apothekengeschäft. Der Verkauf war damals für das in finanzielle Schieflage geraten Unternehmen ein Befreiungsschlag. Dem Online-Apotheker flossen knapp 300 Millionen Franken zu und die Eigenkapitalquote verbesserte sich auf 49 Prozent per Ende Juni (von 32 Prozent per Ende 2022), wie DocMorris mit den Halbjahresresultaten im Sommer 2023 meldete.

Das Unternehmen hat Anfang Jahr die Guidance für das bereinigte Betriebsergebnis bestätigt. Analysten erwarten nun wenig überraschend einen deutlichen Betriebsverlust. Noch deutlicher dürfte der Reinverlust ausfallen. Immerhin dürfte es der Online-Apotheke gelungen sein, die Verluste gegenüber dem Vorjahr deutlich zu reduzieren.
 
Die Schätzungen zum bereinigten Betriebsergebnis entsprechen der Guidance des Unternehmens oder sind etwas optimistischer: DocMorris hatte im Januar bei der Umsatzpräsentation einen adjustierten EBITDA von -30 Millionen bis -40 Millionen Franken in Aussicht gestellt. Die Gewinnschwelle wurde weiterhin erst für das laufende Jahr 2024 erwartet - ohne allerdings dabei die anfallenden Marketingkosten für das E-Rezept zu berücksichtigen. Mittelfristig soll eine EBITDA-Marge von 8 Prozent erreicht werden.

Marktbeobachter dürfte nun interessieren, ob die Zielsetzung für das laufende Jahr weiterhin gilt. Vor allem aber sind zukunftsgerichtete Aussagen zum elektronischen Arztrezept in Deutschland von Interesse. Dieses soll die Umsätze von DocMorris künftig in neue Höhen katapultieren. Entsprechende Erwartungen haben bereits über Jahre hinweg massgeblich den Aktienkurs beeinflusst, negativ wie positiv.

E-Rezept-App als Wachstumstreiber

Guten Nachrichten für die Thurgauer Gruppe gab es zudem aus Deutschland. Im nördlichen Nachbarland nimmt das elektronische Rezept offenbar zunehmend an Fahrt auf, nachdem dieses seit Jahresbeginn für Arztpraxen verpflichtend ist. Dies zeigen Daten der für das E-Rezept zuständigen Gesellschaft Gematik. 

E-Rezepte können auf drei Wegen eingelöst werden: Indem man die elektronische Gesundheitskarte der Krankenkasse in der Apotheke in ein Gerät steckt, mit einem ausgedruckten QR-Code auf Papier oder über eine spezielle E-Rezept-App über eine Versandapotheke.

Wie oft der für DocMorris relevante volldigitale Einlöseweg via App genutzt wurde, bleibt derzeit aber offen. Gerade auch, weil dieser im Vergleich zum Einlöseweg in einer stationären Apotheke mittels digitaler Gesundheitskarte noch immer eher kompliziert sei, wie DocMorris und ihr Hauptkonkurrent Redcare Pharmacy kritisiert hatten.

Nun kommt es hier aber offenbar bald zu einer entscheidenden Weichenstellung. Denn jüngst hat Gematik beschlossen, die NFC-Lösung zur Einlösung via App so anzupassen, dass für die Anwendung kein PIN mehr benötigt wird. Gerade diesen Umstand hatten die Versandapotheken beanstandet. 
Die offizielle Freigabe dieser Anpassung dürfte in den kommenden Tagen erfolgen. Analysten gehen davon aus, dass dies die Umsätze von DocMorris und Redcare Pharmacy deutlich ankurbeln wird.

Die Aktien von DocMorris sind im bisherigen Jahresverlauf um etwa 13 Prozent auf rund 79 Franken gestiegen und haben damit den Gesamtmarkt (SPI) klar geschlagen. Im letzten Jahr gehörten die Papiere mit einem Plus von rund 189 Prozent zudem zu den grössten Gewinnern.

Allerdings hatten die Aktien in der Vergangenheit schon deutlich höher notiert. Mit der Einführung des E-Rezepts in Deutschland verbundene Phantasien hatten den Kurs anfangs 2021 gar auf Werte über 500 Franken hochgetrieben. Nach abermaligen Verzögerungen bei der Einführung des E-Rezept war der Kurs bis Ende 2022 dann aber bis auf unter 25 Franken gefallen. Seither zeichnet sich eine Erholung ab.

Gemäss AWP-Analyser bewerten Analysten den Titel acht Mal mit Kaufen, 2 Mal mit Halten und ein Mal mit Verkaufen. 

(AWP)