Warren Buffett und sein Partner Charlie Munger bei Berkshire Hathaway sind dafür bekannt, keine grossen Fans von Tech-Aktien zu sein. Das Hauptargument der zwei Investmentlegenden ist, dass die Geschäftsmodelle dieser technologie-lastigen Firmen zu kompliziert sind. "Wenn viel Technologie vorhanden ist, werden wir das wohl meist nicht verstehen", wird Buffett nach einer Frage bei der Jahresbilanz von Berkshire vor einigen Jahren zitiert.

Über das letzte Jahrzehnt hat sich Berkshire aber doch bei drei Technologie-Firmen eingenistet, die künftig vom Boom für Anwendungen mit Künstlicher Intelligenz (KI) profitieren dürften. 

Die grösste Position von Berkshire im Tech-Bereich ist immer noch Apple. "Apple ist anders als die anderen Unternehmen, in die wir investiert sind. Es ist einfach ein besseres Unternehmen“, sagte Buffett während der letzten Jahrestagung von Berkshire in Omaha, Nebraska. Berkshire investierte im Mai 2016 eine Milliarde Dollar in Apple und hat diese Beteiligung bis März 2023 auf 151 Milliarden Dollar ausgebaut. Mittlerweile macht Apple mit 46 Prozent fast die Hälfte seines 328-Milliarden-Dollar-Aktienportfolios aus.

Viele Marktkommentatoren fragen sich allerdings, wo dieser "iBot" von Apple bleibt. Im Gegensatz zu Apple ist Microsoft als erstes grosses Techunternehmen auf den KI-Zug aufgesprungen und hat sich mit 10 Milliarden an OpenAI, dem Entwickler von ChatGPT, beteiligt. Apple scheint dagegen eine andere Strategie zu verfolgen, die weniger spektakulär ist als bei Microsoft mit ChatGPT oder Google mit Bard. 

Ein Grossteil der KI-Arbeit von Apple konzentriert sich derzeit auf die Verbesserung des Alltagserlebnisses seiner Produkte. Beispielsweise basieren aktuelle Kameraverbesserungen wie Fotostyle und die Möglichkeit, ein Motiv aus einem Foto herauszulösen, auf Software-Entwicklungen mit Künstlicher Intelligenz. Ein genauerer Blick zeigt allerdings, dass Apple durchaus im grossen Massstab an KI arbeitet. Das selbstfahrende Auto ist ein riesiges KI-Projekt und das Headset nutzt KI für die Live-Darstellung der Umgebung eines Trägers und die Erstellung realistischer Avatare, schreibt Bloomberg in einem Artikel. Das neue Headset von Apple soll am Montagabend der Öffentlichkeit präsentiert werden.

Erstaunlich, dass sich der Apple-CEO Tim Cook bisher nicht gross zum Thema generative KI, der Technologie hinter ChatGPT, geäussert hat. Während der jüngsten Mitteilung zum Quartalsumsatz des Unternehmens sagte Cook lediglich: "Das Potenzial ist sicherlich sehr interessant.“ Er fügte hinzu, dass Apple sich zwar nicht zu Produkt-Roadmaps äussert, es aber "sehr wichtig ist, bei der Herangehensweise an diese Dinge bewusst und überlegt vorzugehen.“ Zahlreiche Berichte deuten darauf hin, dass das Unternehmen nach Experten für generative KI sucht. Angesichts der Vorliebe von Apple für Geheimhaltung ist deshalb hinter den Kulissen wahrscheinlich noch mehr los. 

Ein E-Commerce- und Cloud-Pionier

Obwohl Buffett den Kauf nicht selbst angestiftet hat, hält Berkshire einen beträchtlichen Anteil an Amazon. Diese Beteiligung von etwas mehr als 10 Millionen Aktien entspricht 1,21 Prozent am E-Commerce-Dienstleister. Der aktuelle Wert dieser Beteiligung beläuft sich derzeit auf rund 1,2 Milliarden Dollar.

Amazon setzt seit langem KI ein, um Nutzern personalisierte Produktempfehlungen zu geben, den Lagerbestand zu planen und um seinen umfangreichen Auftragsabwicklungs- und Logistikbetrieb zu unterstützen sowie Lieferungen zu beschleunigen. Das Unternehmen bietet seit Mitte April KI und maschinelles Lernen über Amazon Web Services (AWS), seinen Cloud-Computing-Betrieb, an.

Unternehmen im Einzelhandel haben die Möglichkeit, den Kundenservice durch den Einsatz von Chatbots mit künstlicher Intelligenz (KI) zu verbessern. ”Diese Chatbots von AWS helfen, die menschliche Sprache zu verstehen und besser zu analysieren", schreibt Amazon. Durch die Implementierung dieser KI-Chatbots auf ihren Websites können Unternehmen die Reaktionszeiten verkürzen, ein besseres Kundenerlebnis schaffen und gleichzeitig die betriebliche Effizienz verbessern, erklärt Andy Jassy, CEO von Amazon, bei Lancierung der Dienstleistung. 

Investment in "Schneeflocke" ist naheliegend

Der Data-Warehouse- und Datenanalyse-Spezialist Snowflake rundet die drei grössten KI-Beteiligungen von Berkshire Hathaway ab. Die Investmentgesellschaft besitzt mehr als 6 Millionen Aktien mit einem Wert von mehr als einer Milliarde US-Dollar. Einer der Hauptgründe für das Investment dürfte sein, dass die Versicherungsgesellschaften, an denen Berkshire Hathaway seit Jahrzehnten beteiligt ist, die Dienstleistungen von Snowflake für das Speichern und Analysieren von Daten an verschiedenen Standorten verwenden.

Ob gerade jetzt der richtige Zeitpunkt ist, der KI- und Technologie-Rally an der Wall Street nachzurennen, scheint dagegen fraglich. Gemäss Bloomberg-Konsens hat Apple über die nächsten zwölf Monate noch ein Aufwärtspotenzial von 175 auf 183 Dollar, Amazon von 124 auf 137 Dollar und Snowflake von 175 auf 183 Dollar. 

Diese Kursziele erscheinen auf einen Zeitraum von 12 Monaten bescheiden. Einmal mehr dürfte sich die Strategie “buy-the-dip” aufdrängen. Dabei kaufen langfristig orientierte Anlegerinnen und Anleger eine Aktie, wenn der Titel konsolidiert oder aus anderen Gründen tiefer notiert. Damit wird das Risiko verkleinert, nahe am Höchstkurs zu kaufen.