Die Halbleiterwerte waren 2025 die Zugpferde an Wall Street. So stieg der US-Halbleiter-Index «SOXX» gemessen am «iShares Semiconductor ETF» seit Jahresbeginn um 25 Prozent. Mit einer Top-Performance von plus 220 Prozent wartete das Schwergewicht Micron Technologies auf, während Broadcom und Nvidia auf ein Plus von 47 respektive 35 Prozent kamen. Diese drei Einzeltitel haben sich in den letzten drei Jahren mehr als verfünffacht.
Von einer solch starken Performance können die europäischen Technologiehardwarehersteller nur träumen. Selbst Platzhirsch ASML brachte es in den letzten 36 Monaten nur auf ein Kursplus von 80 Prozent. Der holländische Hersteller von Lithografie-Maschinen ist weltweit führend beim Druck von Mikrochips. Bei diesem Prozess werden mit ultraviolettem Licht winzige Muster auf Silizium-Wafer projizieren.
Ein Blick auf die Aktienfavoriten der Deutschen Bank lässt erwarten, dass die Europäer sich auch in Zukunft nicht zu Börsenüberfliegern wie Nvidia & Co entwickeln dürften. Da verschiedene Marktstrategen von einer Überbewertung bei den US-Pendants warnen, könnten sich europäische Techaktien aufdrängen, da diese mit einer deutlich moderateren Bewertung aufwarten. Denn weniger Aufwärtspotenzial heisst im Normalfall auch, in Baissen weniger Abwärtsrisiko.
Die säkularen Wachstumstrends scheinen für die europäischen Player nach wie vor intakt. Erstens werde der akute Speichermangel wohl weiterhin die Schlagzeilen beherrschen und dazu führen, dass die Investitionen in Memory-Speicher die üblichen Bewertungsspannen überschreiten, da die Erwartungen bis 2027 und 2028 steigen. Zweitens dürfte der durch KI-Investitionen bedingte Rückgang der Verfügbarkeit wichtiger Komponenten wie Speicher, passive Bauelemente oder Optik die Mainstream-Kategorien belasten und zu geringeren Stückzahlen und verzögerten Markteinführungen führen.
Künstliche Intelligenz bleibt das dominierende Wachstumsthema
Als drittes Argument erwarten die Experten der Deutschen Bank im Hinblick auf die KI-Investitionen ein weiteres steigendes Interesse an Photonik und Optik, das angesichts von Engpässen bei den Verbindungen auch im nächsten Jahr ein anhaltendes Thema bleiben wird.
Viertens dürfte die steigende Test- und Verpackungsintensität weiterhin ein wichtiges Thema im Bereich KI-Silizium sein. Fünftens dürfte der Übergang zur 800-V-Stromarchitektur ab 2027 in KI-Rechenzentren für viel Aufsehen sorgen, auch wenn die Kursentwicklung in einigen Fällen wie zum Beispiel Aixtron bereits übertrieben sei.
Zudem wird eine moderate Entwicklung im Bereich Edge-KI erwartet, die dem bisher ähnlich enttäuschenden Thema wie dem Internet der Dinge neuen Schwung verleihen werde. Ebenso steht der Markt vor einem deutlichen Wendepunkte bei der Lokalisierung in China, die die am stärksten gefährdeten Unternehmen in den Fokus rücken werde.
Zuoberst auf dem Zettel haben die Experten der Deutschen Bank zwei Werte: Einerseits ASML aufgrund des Potenzials für eine weitere Neubewertung und andererseits Comet. Grund dafür ist der voraussichtliche Speichermangel, der aufgrund der erwarteten Aufwärtsbewegung bis weit in das Jahr 2026 anhalten dürfte
Auch ASM International zählt zu den Top-Picks, nachdem die Aktie nach der starken Unterperformance der letzten Monate, die zu einem Rückgang des Aufschlags von 20 Prozent gegenüber ASML und damit zu einem Abschlag von 20 Prozent geführt hat, im Vergleich zu anderen Halbleiterunternehmen deutlich attraktiver geworden ist. Im Backend-Bereich bevorzugen die Analysten der Deutschen Bank weiterhin BE Semidonductors, da das Unternehmen mit 35 bis 50 Prozent stark von wichtigen Entwicklungen im Bereich KI-Rechenzentren profitiert und die anhaltende Testintensität weiterhin eine starke Rolle spielt.
Bei den Halbleiterherstellern für die Automobil- und Industriebranche steht Infineon in der Pole-Position. Das Unternehmen nutze die wachsenden Chancen im KI-Rechenzentrumssektor besser, auch wenn ein Nachschub an Automobilkomponenten im Jahr 2026 nicht garantiert werden kann.
Im Bereich der breit gefächerten Halbleiter bevorzugen wir trotz des Risikos, dass die KI-Produktion aufgrund von Engpässen die Produktion anderer Produkte verdrängt, Soitec. Der Aktienkurs notiert auf einem Neun-Jahres-Tief und profitiert stark vom Bereich Siliziumphotonik. Dieser Bereich dürfte 15 Prozent des Umsatzes in 2026 ausmachen, während das Geschäft mit RF-SOI-Halbleitern endlich die erwarteten Liefermengen erreicht. RF-SOI-Halbleiter - Radio Frequency Silicon-on-Insulator - nutzen eine spezielle Wafer-Struktur mit einer isolierenden Siliziumdioxid-Schicht, um Transistoren aufzubauen.
Schliesslich gefällt den Experten der grössten deutschen Bank im Bereich der Telekommunikationsausrüstung Nokia - aufgrund seiner Nutzung einer bedeutenden optischen Chance, die sich im Bereich KI & Cloud abzeichnet, obwohl die Umsatzbeteiligung am Rechenzentrumssektor heute noch relativ gering ist. Der Umsatz in diesem Bereich beträgt erst 6 Prozent des Gesamtumsatzes im dritten Quartal 2025, aber der Auftragseingang ist seit Jahresbeginn um das Dreifache gestiegen.

