Die Dividende dürfe nicht isoliert betrachtet werden, sagt Peter Vanderlee, der beim weltweit fünftgrössten Vermögensverwalter Legg Mason einen Hochdividendenfonds managt. Sein Grundsatz lautet deshalb: "Eine solide Bilanz und viel freier Cashflow ermöglicht es Unternehmen nicht nur, eine attraktive Dividende zu bezahlen, sondern diese über die Zeit auch zu erhöhen." Vanderlee setzt seit Jahren auf dividendenstarke Titel. Derzeit trifft dies auf zahlreiche amerikanische Firmen zu, wie er im Gespräch mit cash sagt.

In einer jüngst erschienen Strategiestudie brach auch die US-Bank Goldman Sachs eine Lanze für dividendenstarke Aktien – und zwar auch bei anziehender Konjunktur. Voraussetzung sei weiteres Potenzial für Dividendenerhöhungen, was wiederum von soliden Bilanzen abhänge. Diesbezüglich stünden die europäischen Firmen mittlerweile so gut da wie vor dem Ausbruch der Finanzkrise.

Bei der Suche nach Dividenden-Titel sei aber entscheidend, dass die Ausschüttung auch während eines wirtschaftlichen Abschwungs gewährleistet werde, so Vanderlee. Es gebe zahlreiche US-Firmen, die in den letzten Jahrzehnten ihre Dividende ohne Unterbruch erhöhten – auch in Rezessionen. "Johnson & Johnson, Kimberly-Clark oder auch Procter & Gamble sind alles Beispiele von Firmen, die ihre Dividende seit über 40 Jahren ohne Unterbruch erhöht haben", so Vanderlee.

Beständiger Schweizer Titel

Zu erwähnen ist auch Coca-Cola. Der Softdrink-Gigant hat in diesem Jahr zum 51. Mal in Folge die Dividende nach oben angepasst. Zu diesen beständigen Titeln gehört auch einer aus der Schweiz. Wer vor zehn Jahren die Nestlé-Aktie gekauft und seither die Dividende kontinuierlich reinvestiert hätte, läge heute rund 100 Prozent im Plus. Aktuell liegt die Dividendenrendite des Nahrungsmittelmultis bei 3,2 Prozent.

Nestlé ist denn auch die einzige Schweizer Aktie, die Vanderlee in seinem Fonds hält, obwohl es an der Schweizer Börse Titel mit weitaus höheren Dividendenrenditen gibt. Mit einem Wert von 14,8 Prozent ist diesbezüglich die Kardex-Aktie absoluter Spitzenreiter. Im Swiss Market Index (SMI) sind es die Aktien von Zurich (6,6 Prozent), Swiss Re (5,2 Prozent) und Swisscom (4,8 Prozent), die mit hohen Dividendenrenditen locken. Der aktuelle Durchschnitt unter den Blue Chips liegt bei 2,9 Prozent.

Bei der Ausschüttung hoher Dividenden stellt sich immer auch die Gefahr, dass das Management zu wenig Geld für Investitionen in der Firma zurückbehält und so das Unternehmen aushöhlt. Misstrauisch wird Vanderlee deshalb gegenüber Firmen in folgender Konstellation: Das Unternehmen befindet sich in einem sich verschlechternden Umfeld, die Bilanz ist mit hohen Schulden belastet und gleichzeitig schüttet die Firma eine hohe Dividende aus.

Hohe Rendite trotz ‹taper›

"Vor diesem Szenario muss man sich in Acht nehmen. Denn eine Kürzung der Dividende ist dann sehr wahrscheinlich. Und das wirkt sich in der Regel auch auf den Aktienkurs aus", sagt der Dividenden-Spezialist. Entscheidend ist deshalb, neben der Dividendenrendite auch die Gesundheit des Unternehmens und seines Umfelds genau zu kennen.

Vanderlee glaubt auch bei steigenden Zinsen an dividendenstarke Titel. "Als Ben Bernanke am 23. Mai das Wort 'taper' in den Mund nahm, lag der 10jährige Treasurie-Bond bei 1,6 Prozent. In den darauffolgenden Wochen stieg dieser Wert auf 3 Prozent, was einem Umfeld steigender Zinsen gleichkommt. Und trotzdem konnten wir mit dividendenstarken Titeln hohe Renditen erzielen."