Strategische Verzettelung, Skandale, eine umstrittene Übernahme und Top-Manager, die so oft wechselten wie sie Fehler begingen: Um den Ruf der Vermögensverwalterin EFG International war es lange nicht zum besten bestellt. Dies schlug sich drastisch im Aktienkurs nieder. Die Zwei-Jahres-Performance ist um 27,5 Prozent negativ.

Die aktuell 7,78 Franken teure Aktie war sogar einmal 61 Franken wert – genau genommen Mitte 2007. Doch die 7,78 sind auf vergangenen Wochen blickend ein erstaunlicher Anstieg: Innerhalb der letzten zwei Monate  hat die Aktie ihren Wert um 37 Prozent verbessert.

Positive Überraschungen

Über den Sommer machte sich die Bank zweimal positiv bemerkbar. Ende Mai hob Moody’s den Ausblick zum A3-Rating von "negativ" auf "stabil", was das Vertrauen in die krisenhafte Privatbank stärkte. cash.ch schrieb damals, die EFG-Aktie gehöre zu den wenigen zu Unrecht "auf der Strecke gebliebenen" Titeln an der Schweizer Börse.

Noch besser kam das Halbjahresergebnis an, das EFG am 26. Juli vorlegte. Der Betriebsgewinn verbesserte sich von 342 auf 609 Millionen Franken. Der Zusammenschluss mit der Tessiner BSI, welche die EFG wie erwähnt von Kontroversen und dem Malaysia-Staatsfonds-Skandal begleitet seit vergangenem Jahr integriert, scheint voranzugehen. CEO Joachim Strähle stellte Ende Juli eine weitere Stabiliserung in Aussicht.

 

 

"Mit dem Halbjahresresultat hat EFG insgesamt positiv überrascht", sagt Andreas Venditti, der für die Bank Vontobel die EFG-Aktie analysiert. Allerdings ist die EFG aus Sicht des Bankenkenners auch etwas eine Blackbox. "Die Schätzunsicherheit war gross, insbesondere weil die Höhe der Restrukturierungskosten unklar war und auch mangels einer vergleichbaren Historie der BSI." Da BSI und EFG nicht mehr gesondert ausgewiesen würden, könne die Entwicklung der beiden Einheiten nicht mehr separat beurteilt werden.

Bei der BSI hat sich die Höhe der verwalteten Vermögen möglicherweise halbiert. Normal ist nach Übernahmen ein Abfluss von 10 bis 20 Prozent. In der gesamten EFG-Gruppe flossen im ersten Halbjahr 5,5 Milliarden Franken ab, auch wenn sich die die zugrundeliegenden Geldströme offenbar positiv entwickelten. Dennoch: "Erst im nächsten Jahr wird eine verlässliche Vergleichsbasis zur Verfügung stehen", sagt Venditti, der auf die EFG-Aktie derzeit bloss ein "Hold" (Halten) ausstellt.

Unsicherheiten blieben

Während Moody’s mit dem Ausblick signalisiert, dass sich die Risiken reduziert haben, belässt Fitch den negativen Ausblick vorerst. Unsicherheiten verbleiben aber nicht nur bei der Neugeldentwicklung. Zwar lässt EFG Kundenberatern relativ viele Freiheiten, was sie als Arbeitgeber attraktiv macht. Der Weggang einzelner Kundenberater kann die Gruppe aber empfindlich stören. Auch die unklare Positionierung zwischen Privatbank, Fondsgesellschaft und Finanzboutique birgt Gefahren. Schliesslich kann auch die BSI-Integration weiter Probleme verursachen.

Der Aktie tat dies in den vergangenen Tagen keinen Abbruch, wenn auch aus relativ offensichtlichen Gründen. "Die EFG-Aktie mag ein Aufholpotential von einer tiefen Basis aus haben", sagt Andreas Venditti. In den vergangenen Wochen war zudem das Umfeld für Bank-Aktien relativ gut, wie etwa der rasante 10-Prozent-Kursanstieg bei Julius Bär verdeutlicht. Zudem: "Starke Kursbewegungen der EFG-Aktien an gewissen Tagen können auch aufgrund des eher geringen Handelsvolumens vorkommen, da rund drei Viertel der Aktien im Besitz der beiden Hauptaktionäre sind", sagt Venditti.

Die griechisch-schweizerische Reedersfamilie Latsis besitzt 44,2 Prozent an EFG, die Banco Pactual (die frühere BSI-Muttergesellschaft) 30 Prozent. Dies erhöht theoretisch die Chance, dass EFG einmal von den Grossaktionären verkauft wird. Allerdings sind Mehrheitsaktionäre nicht gerade förderlich für Übernahmefantasien.

Auch wenn die aktuelle Börsen-Schwalbe noch keinen Kursfeuerwerks-Sommer macht, ist die EFG-Aktie für risikofreudige Anleger durchaus einen Blick wert. In der Zwischenzeit können sich Aktionäre immerhin über eine Dividendenrendite von 3,2 Prozent freuen.