Die Wirtschaft brummt und die Beschäftigungslage ist so gut wie seit Jahren nicht mehr. Von diesem geradezu idealen Umfeld müsste eigentlich auch die Aktie des bekannten Stellenvermittlers Adecco profitieren. Aus genau diesem Grund wurde sie zu Jahresbeginn in Analystenkreisen noch als heisser Tip für das Börsenjahr 2018 gehandelt (cash berichtete).
Doch das Gegenteil ist der Fall: Die Aktie leidet unter einer zermürbenden Kursschwäche. Alleine seit Ende Februar errechnet sich mittlerweile ein sattes Minus von 17 Prozent. Bei den Unternehmen aus dem Swiss Market Index wird Adecco damit im bisherigen Jahresverlauf damit die undankbare Rolle des Schlusslichts zuteil.
Vorwiegend firmenspezifische Gründe
In den letzten Tagen drückten in ganz Europa Programmverkäufe bei konjunkturabhängigen Aktien auf die Kurse. Denn wie aus Londoner Kreisen zu vernehmen ist, ziehen grosse US-Anlagefonds Gelder aus diesem Titelsegment ab.
Kursentwicklung der Adecco-Aktie (rot) im Einjahresvergleich mit dem SMI (grün) (Quelle: www.cash.ch)
Die Kursschwäche hat jedoch auch firmenspezifische Gründe. Als Adecco Anfang März mit einem enttäuschenden Jahresergebnis aufwartete, reagierte die Börse nicht zimperlich und strafte die Aktie des Stellenvermittlers mit einem Tagesverlust von gut 8 Prozent ab.
Beim organischen Umsatzwachstum übertraf das Unternehmen die Analystenerwartungen im Schlussquartal zwar, wusste bei der Gewinnentwicklung allerdings nicht zu überzeugen.
Marktführerschaft in Gefahr
Ähnlich verhielt es sich, als Adecco am Mittwoch vor einer Woche den Zahlenkranz für das erste Quartal vorlegte und beim operativen Gewinn selbst die pessimistischsten Annahmen verfehlte. Auch an diesem Tag verlor die Aktie gut 5 Prozent an Wert.
Adecco ist gefordert. Am Umsatz gemessen hat der niederländische Rivale Randstad zuletzt nämlich zum Marktführer aus Zürich aufgeschlossen und gilt als besser für die Digitalisierung gerüstet.
Dem versucht man bei Adecco mit dem Vorstoss in wachstumsträchtige Geschäftsfelder entgegenzuwirken, was sich das Unternehmen einiges kosten lässt. Erst vor wenigen Wochen kaufte der Stellenvermittler für umgerechnet rund 400 Millionen Franken den Weiterbildungsspezialisten General Assembly.
Aktie günstig, aber...
Für diese zukunftsträchtige Übernahme nimmt Adecco im laufenden Jahr eine leichte Gewinnverwässerung in Kauf. Ausserdem wird das Aktienrückkaufprogramm in Höhe von 300 Millionen Franken für einige Monate ausgesetzt (cash berichtete).
Anleger, die mit einer anhaltenden wirtschaftlichen Hochwetterlage rechnen, dürfen durchaus einen Blick auf die Adecco-Aktie werfen. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 11 für das kommende Jahr ist sie nämlich ziemlich günstig bewertet. Auch die Dividendenrendite scheint mit fast 4 Prozent attraktiv hoch. Sowohl die tiefe Bewertung, als auch die Dividendenaussichten wären jedoch in Frage zu stellen, sollten sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im weiteren Jahresverlauf eintrüben. Das macht die Aktie zu einer Wette auf die zukünftige Wirtschaftsentwicklung.