Lyft ist am Freitag an die Börse gegangen und debutierte mit einem Aktienpreis von 72 Dollar. Die Aktie ging mit einem Kursanstieg von 8,7 Prozent aus dem Handel. Das macht den amerikanischen Fahrdienst, der noch etwas im Schatten von Uber steht, gegenwärtig 22,4 Milliarden Dollar wert. Das IPO gilt zunächst also als geglückt, weil mit dem Einstandspreis und dem Börsenwert Erwartungen deutlich übertroffen wurden.

Lyft ist nicht das einzige Tech-Unternehmen, das in diesen Tagen den Börsengang wagt. In Planung ist dieser Schritt bei weiteren Tech-Grössen, die vor noch nicht allzu langer Zeit als Start-ups angefangen haben. 

Uber Technologies

Geschätzter Börsenwert: Bis zu 120 Milliarden Dollar

Uber steht sinnbildlich für das Thema "Disruption", weil der Fahrdienst weltweit das Taxigewerbe unter Druck setzt und dafür auch schon mit Verboten belegt worden ist. Über einen Börsengang des über eine App gesteuerten, 2009 gegründeten Fahrtenvermittlers wird seit einer gefühlten Ewigkeit gesprochen.

Banken wie Goldman Sachs und Morgan Stanley attestieren Uber eine Bewertung von 100 bis 120 Milliarden Dollar. Für einen Investor wie das Anlagevehikel der Königsfamilie von Saudi-Arabien, das 14 Prozent an Uber hält, wäre ein IPO ein enormer Geldregen. Die Saudis haben zugegriffen, als Uber etwa mit 67 Milliarden Dollar bewertet wurde. Nur: Die enorme Marktkapitalisierung, die Uber in Aussicht gestellt wird, birgt auch massive Probleme. 

120 Milliarden Dollar sind etwa zehn Mal so viel wie der Umsatz, den das Unternehmen erreicht, was aus Anlegersicht ein beträchtliches Risiko mit sich bringt. Verschärft wird das Problem dadurch, dass Uber zwar deutlich wächst, aber auch enorm Verlust schreibt. 2018 betrug das Minus 1,8 Milliarden Dollar.

Um profitabel zu werden, müsste Uber zum Beispiel die Preise erhöhen und auf andere Transportmittel wie das Teilen von Scootern und Velos oder auf selbstfahrende Autos ausweichen, weil sie ohne Fahrer funktionieren und kostengünstiger zu betreiben sind. Für einen Börsengang bleibt die Ausgangslage von Uber schwierig.

Pinterest

Geschätzter Börsenwert: Mindestens 12,3 Milliarden Dollar

Pinterest ist vorletzte Woche mit den IPO-Plänen konkret geworden. Die 2010 gegründete Suchmaschine für Bilder bezeichnet sich selbst nicht als Soziales Netzwerk, ist aber klar auch eine Plattform, wo sich aktuell rund 250 Millionen Nutzer austauschen können. Eigentlich interessant ist Pinterest aber für Unternehmen, die über diese digitale Pinwand Waren und Dienstleistungen anpreisen. Die Website verpackt ihre Inhalte in eine Lifestylewelt, die bewusst an Wünsche und Sehnsüchte appeliert, wie Menschen ihre Alltagswelt verbessern und verschönern können. Pinterest will 100 Millionen Dollar einnehmen, allerdings dürfte der Erlös des IPOs im Endeffekt eher höher ausfallen.

Das Unternehmen mit Sitz in San Francisco wies einen Verlust von 63 Millionen Dollar für das vergangene Jahr aus. Damit ist Pinterest zwar unprofitabel, weist aber dank eines deutlichen Umsatzwachstums nicht Verluste in Höhe von hunderten Millionen Dollar aus wie etwa Lyft oder Uber. Zudem reduzierten sich die Verluste im vierten Quartal. Ein Risiko im Geschäftsmodell von Pinterest ist das sich rasch wandelnde e-Commerce-Geschäft und eine rasante Veränderung, wie Nutzer die Sozialen Medien im Alltag einsetzen: Pinterest könnte schnell als veraltet gelten. 

Slack

Geschätzter Börsenwert: 7,1 Milliarden Dollar

Der Kommunikationsdienst für Büros will dem Vernehmen nach über eine Direktplatzierung an die Börse. Das heisst: Bestehendes Kapital der bisherigen Besitzer wird an neue Investoren gebracht, frisches Kapital wird nicht aufgenommen.  

Rund 50'000 Unternehmen bezahlen Gebühren dafür, dass ihre Mitarbeiter Slack nutzen und so weniger von e-Mails als Kommunikationsmittel abhängig sind. Beobacher schätzen, dass Slack mit dem Börsengang 10 Milliarden Dollar Wert erreichen kann.

Wie schon der Musikstreamingdienst Spotify würde sich Slack mit der Direktplatzierung die hohen Gebühren sparen, welche IPO-begleitende Banken verlangen. Das Risiko gegenüber einem traditionellen Listing besteht darin, dass die Nachfrage weniger präzise gesteuert ist und sich der Aktienkurs ohne Banken als Zwischenhändler recht instabil entwickeln kann. Auch erfahren Anleger bei einem "direct listing" weniger über ein Unternehmen. Beim IPO-Verfahren werden genauere Analyseprozesse durchgeführt.

Ein Grundproblem dieser IPOs, das sich auch bei Lyft zeigt, ist: Diese Firmen geniessen beim Börsengang einen Vertrauensvorschuss. Auf der einen Seite steht der Reiz des Neuen, die Faszination von technologischen Umwälzungen im Alltag und die innovativen und vielleicht in Zukuft hoch profitablen Geschäftsmodelle. Auf der anderen Seite müssen Anleger die hohen Verluste dieser Unternehmen berücksichtigen. Lyft hat im vergangenen Jahr 911 Millionen Dollar Verlust geschrieben und kann bisher keine Angaben machen, wie man schnell in die Gewinnzone vorstossen will. 

Die genannten Unternehmen gehen mit dem Börsengang den Schritt von einer Finanzierung durch Risikokapital in die Welt der Kapitalaufnahme über die Börse. Damit treffen Sie auf eine neue Realität. Der Nimbus des Neuen und Bahnbrechenden verblasst mit einem IPO. Ab dann gelten die Resultate. Sollten sich die Anzeichen für einen wirtschaftlichen Abschwung vermehren, kommen unprofitable Unternehmen schneller unter Druck. Für Anleger heisst dies meistens, dass dann auch die Kurse sinken.

Dazu kommt: Im Kielwasser dieser IPOs schwimmende Tech-Investoren sind oft nicht an langfristigen Engagements interessiert. Sie geniessen den Hype, hoffen auf rasche Gewinne und ziehen sich dann zurück. Bei Spotify stieg der Kurs - trotz Direktplatzierung recht stabil - in den ersten fünf Monaten nach dem Börsengang im April 2018 um 40 Prozent, sank dann aber. Aktuell ist der Kurs etwa gleich wie beim Börsengang. Beim Instant-Messenger Snapchat zeigt der Kurs seit dem IPO im Frühling 2017 fast nur gegen unten, der Wertverlust bis dato beläuft sich auf 63 Prozent. 

Eine andere Geschichte erzählen könnte Zoom: Das Start-up bietet einen einfach zu bedienenden und günstigen Videokonferenzdienst für Unternehmen und Bildungseinrichtungen an und will auch ein Produkt für Alltagskonsumenten lancieren. Vor allem ist das erst acht Jahre alte Unternehmen schon profitabel. Mit einer Milliarde Dollar bewertet, hat das Unternehmen am vor wenigen Tagen an der Techbörse Nasdaq ein IPO beantragt. Zoom peilt dabei  eine Börsenkapitalisierung von 100 Millionen Dollar an, dürfte aber mehr einnehmen.