Logitech, Holcim, Credit Suisse und Novartis sind momentan die vier SMI-Aktien mit den höchsten Kurspotentialen. Der Mittelwert der 12-Monats-Prognosen für den Aktienkurs der drei Firmen beträgt zwischen 18 und 34 Prozent (siehe Tabelle). Nur handelt es sich auch um vier Aktien, mit denen Anlegerinnen und Anleger an der Schweizer Börse in den vergangenen Monaten nicht nur Freude hatten. Sie sind jene vier Aktien, die in der bisherigen-Jahresperformance negativ abschneiden. 

Bei Logitech, Holcim und Novatis raten die Analysten auch vor allem zum "Buy". Es stehen jeweils mehr Kauf-Empfehlungen aus als "Hold"- und "Sell"-Ratings zusammengezählt.

Unsicherheiten und «tote Hunde»

Der Kursrückgang dieser Aktien hat zum einen dazu geführt, dass die Differenz zu noch nicht revidierten Kurszielen grösser geworden ist. Aber woher kommen diese Diskrepanzen sonst noch? Christian Gattiker, Leiter Research bei der Vermögensverwaltungsgruppe Julius Bär, erklärt: "Hohe Unterscheide zwischen dem Aktienkurs und dem Kurspotential gibt es bei so genannten 'toten Hunden': Aktien also, die zwar Potential haben, bei denen aber ein Trigger für einen Kursanstieg fehlt."

Analysten fragten sich bei solchen Titeln, wann sich ein erwarteter Wert realisiere. Und: "In einem hohen Kurspotential ohne entsprechende Kaufempfehlung spiegelt sich auch ein gewisser Grad an Unsicherheit", so Gattiker.

SMI-Aktien mit positivem Kurspotential

AktieDurchschn.
Kursziel
12-Monate-
Kurs-
Potential
Buy/Sell/
Hold
Kurs seit
1.1.2021
Logitech99,30 Fr.33,8 Prozent9/5/1-13,6 Prozent
Holcim60,84 Fr.26,6 Prozent21/6/0-0,7 Prozent
Credit Suisse11,06 Fr.18,7 Prozent9/16/3-18,1 Prozent
Novartis89,85 Fr.17,8 Prozent18/8/3-8,6 Prozent
UBS18,85 Fr.13,0 Prozent16/10/2+33,8 Prozent
Alcon81,91 Fr.8,9 Prozent15/8/2+28,4 Prozent
Sika384,29 Fr.8,6 Prozent19/2/1+46,9 Prozent
Zurich435,40 Fr.8,3 Prozent15/10/1+7,8 Prozent
Swiss Re95,70 Fr.7,9 Prozent11/9/4+6,8 Prozent
Lonza738,80 Fr.6,3 Prozent15/8/1+29,6 Prozent
ABB34,12 Fr.5,6 Prozent15/19/2+30,5 Prozent
Roche (GS)385,32 Fr.4,8 Prozent17/10/2+19,5 Prozent
Partners Group1675 Fr.2,6 Prozent19/7/0+57 Prozent
Nestlé125,09 Fr.1,5 Prozent22/9/1+18,3 Prozent
Richemont140,54 Fr.1,1 Prozent17/11/2+71 Prozent

Daten: Bloomberg

Vor allem die Aktie der Credit Suisse müssen Anlegerinnen und Anleger deswegen kritisch unter die Lupe nehmen. Der Unterschied zwischen Empfehlungen - hier überwiegt "Hold" - und dem "Price Target" ist besonders gross, zumal das letzte, ziemlich mutlose Strategie-Update der Grossbank die Fantasie der Märkte nicht anregen konnte. Der Markt sieht die Lage anders als die Analysten. Bei Logitech, Holcim und Novartis wiederum bräuchte es zuversichtlichere Guidances, bessere Margenausblicke oder generell noch etwas mehr Vertrauen in die Zielmärkte, dass die Kurse wieder anziehen würden. 

Denn die hohen Kursziele bei Aktien wie Logitech, Holcim und Novartis haben ihren Grund. Es sind sehr leistungsfähige, gut organisierte Unternehmen mit einer starken Stellung in ihren Märkten. Wer dort investieren will, muss aber auf die entsprechenden Trigger warten, oder an sie glauben. In der aktuellen Lage sind Investments in solche Titel eine Wette darauf, dass es die Zündung für einen Kursanstieg geben wird - egal, ob es sich um einen Wachstumstitel wie Logitech, einen Zykliker wie Holcim oder einen defensiven Titel wie Novartis handelt. 

Defensive Aktie fallen weniger auf

Generell weisen defensive Aktien häufig weniger grosse Sprünge bei den Kursziel-Änderungen auf. Bei Zyklikern und Wachstumstiteln sind die Erwartungen besonders noch, und entsprechend optimistisch sind auch Analysten. 

Wer am Schweizer Aktienmarkt investiert, sollte das Augenmerk vor allem auf das "Mittelfeld" bei den Kurspotentialen richten. Aktien wie Alcon, Sika oder Lonza, aber auch Zurich und Swiss Re sowie der Genussschein von Roche verfügen über Kurspotential zwischen 5 und 9 Prozent. Zum Teil liegt dies daran, dass die Kurse schon stark angestiegen sind und sich damit die Differenz zum gemittelten Kursziel reduziert hat.

Sika beispielsweise ist bereits eine der performancestärksten SMI-Aktien - nach Drittquartalszahlen vor drei Wochen schwächelte der Kurs zwar etwas, doch die angekündigte Milliardenübernahme des BASF-Bauchemiegeschäfts vergangene Woche katapultierte den Kurs um 10 Prozent nach oben. Auch für die Pharmatitel Roche, Alcon und Lonza sowie die Versicherer Zurich und Swiss Re sind die Aussichten intakt.

SMI-Aktien mit negativem Kurspotential

AktieDurchschn.
Kursziel
12-Monate-
Kurs-Potential
Buy/Sell/HoldKurs seit
1.1.2021
Swisscom504,47 Fr.-1,2 Prozent4/12/8+7 Prozent
SGS2755 Fr.-2,1 Prozent4/15/4+5,5 Prozent
Swiss Life476,38 Fr.-7,6 Prozent8/5/2+25,6 Prozent
Geberit678,05 Fr.-8,4 Prozent2/12/9+33,8 Prozent
Givaudan4081,67 Fr.-10,0 Prozent9/12/7+20,8 Prozent

Was aber, wenn das Kursziel unter dem aktuellen Aktienpreis liegt? Sechs von 20 SMI-Titeln zeigen dieses Muster. Bei vier von ihnen - Swisscom, SGS, Geberit und Givaudan - überwiegen zudem die Hold-Empfehlungen. Und böse Zungen sagen, dass ein "Halten"-Rating oft eine versteckte Verkaufsempfehlung sei. Im Kurs dieser vier Aktien ist jedenfalls nicht viel Leben. Sie zu kaufen drängt gerade nicht.

14 Kurszielerhöhungen an einem Tag

Eine besondere Rolle spielt im Moment Richemont. Sehr gute Halbjahreszahlen Ende der vergangenen Woche lassen fast schon Euphorie um diesen Luxusgüter-Titel entstehen. Am Montag erhöhten mindestens 14 Banken und Broker die Kursziele. Die Bank of America geht soweit, den aktuell 138 Franken teuren Titel auf ein Kursziel von 200 Franken zu setzen. Damit ist das Potential mit 1,1 Prozent wieder knapp positiv. Möglich ist, dass weitere Analysten das Kursziel nachziehen. 

Wie Bär-Research-Chef Gattiker versichert, werden Kursziele und Ratings durchaus zeitnah geändert. Die Herausforderung für Sell-Side-Analysten sei aber: Eine Veränderung des Aktienkurses, bevor neue Daten verfügbar sind. Denn so ausgeklügelt die Analysen hinter Kurszielen sind, auch folgendes gilt für Anlegerinnen und Anleger: Kursziele und Ratings seien schliesslich eher grobe Wegweiser für das, was möglich sei, sagt Gattiker: "Der beste Frühindikator ist die Kursentwicklung selbst, denn diese suggeriert, was der Markt erwartet." 

So gesehen sind die beiden aktuellen Top-Aktien im SMI Richemont und Sika. Bei 12 respektive 10 Prozent Plus in einer Woche und hohen Kurssteigerungen bereits in den vergangenen Monaten traut ihnen der Markt noch einiges zu. Umso besser, dass auch Kursziele und Ratings dazupassen.