Für die Wirtschaft in Europa würde dieses Szenario in einer Rezession münden, warnte der Deutschlandchef der BNP Paribas, Lutz Diederichs, am Montag bei einer Konferenz in Frankfurt. Dann müssten Kreditinstitute für ihre Darlehen an Unternehmenskunden mehr Kapital vorhalten.

Ähnlich hatte sich bereits die Finanzchefin der Commerzbank, Bettina Orlopp, in einem Interview mit Focus Money geäussert. 

Die für die deutsche Gasversorgung besonders wichtige Pipeline Nord Stream wird zwischen dem 11. und 21. Juli für eine regulär vorgesehene Wartung abgeschaltet. Angesichts der Sanktionen gegen Russland und der von Moskau bereits veranlassten Drosselung der Lieferungen wächst die Sorge, dass die Gastrasse nach Ende der planmässigen Arbeiten einfach nicht wieder angestellt wird.

Die Rückstellungen der deutschen Banken für mögliche konjunkturelle Folgen des Krieges gegen die Ukraine sind bisher geringer als die grossen Reserven, die diese auf dem Höhepunkt der Pandemie gebildet hatten. Das Land ist jedoch in hohem Masse von Gasimporten aus Russland abhängig. Ein vollständiger Lieferstopp wäre ein schweren Schlag für die Wirtschaft. Der CEO der Deutschen Bank, Christian Sewing, hatte erklärt, ein solches Ereignis würde “eine tiefe Rezession” auslösen.

Banken in Deutschland sorgen sich zudem immer mehr um eine drohende Rezession. Die Geldhäuser befürchten, dass die mögliche Leitzinserhöhung der Europäischen Zentralbank (EZB) bei ihrer nächsten Ratssitzung nicht ausreichen wird, um der Inflation entgegenzuwirken. "Der anhaltende Preisdruck hat ein enormes disruptives Potenzial, und er erhöht das Risiko einer globalen Rezession im nächsten Jahr," sagte Sewing auf der Branchenkonferenz Eurofinance Summit. "Ich kann nicht verleugnen, dass ich mir Sorgen darüber mache, was uns in den nächsten 12 Monaten bevorsteht."

Über die Wahrscheinlichkeit einer Rezession in der zweiten Jahreshälfte 2023 hat der Deutsche-Bank-Chef in den vergangenen Wochen bei diversen Branchenkonferenzen gesprochen. Es gebe ein seltenes Zusammenspiel von Risikofaktoren, darunter der Russland-Krieg, die Energiekrise, die Pandemie und die Inflation. "Wir steuern auf ein Jahrzehnt hoher Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität zu," sagte er am Montag.

Auch andere Banken in Deutschland bereiten sich auf die Möglichkeit einer Rezession vor. "Wir rechnen mit einer realen Rezession, wenn Gaslieferungen gestoppt werden," sagte Jan Holthusen, leitender Volkswirt bei der DZ Bank, auf dem Eurofinance Summit. Holthusen sagte, er gehe davon aus, dass die Inflationsrate in den kommenden Jahren auch nur langsam wieder sinken würde.

Die negative Konjunkturprognose führte zu einem Einbruch der Aktienkurse der Deutschen Bank und der Commerzbank um 20 Prozent im vergangenen Monat. Aktienkurse von europäischen Banken fielen dagegen im Durchschnitt nur um 8,3 Prozent. Das Risiko einer Banken- oder einer Eurokrise sahen die Banken an der Eurofinance Summit jedoch nicht. Die Geldhäuser seien auf eine Krise besser vorbereitet als vor der Finanzkrise 2008, sagte die Finanzchefin der Commerzbank, Bettina Orlopp. Die aktuelle Krise sei allerdings genauso so schwerwiegend wie damals die Eurokrise, sagte Orlopp.

(Bloomberg/Reuters)