"Was sich für die kombinierte Bank bereits heute sagen lässt: Wir können mit Zuversicht nach vorne blicken. Denn die Aussichten für UBS sind besser denn je". Das schrieb UBS-CEO Sergio Ermotti in einem Gastbeitrag im "Tages-Anzeiger" vom Samstag.

Die Zeilen kamen anlässlich eines kleinen Jubiläums. Wir wissen: Vor drei Monaten kam es zum “Shotgun Wedding” (US-Ausdruck für unfreiwillige Zusammenschlüsse) zwischen der UBS und der Credit Suisse. Und seit einer Woche hat die UBS die Credit Suisse auch offiziell geschluckt.

Was nun bevorsteht: Harte Arbeit. Etwas weniger euphorisch als am Samstag liess sich Ermotti denn auch am Swiss Ecomonic Forum von letzter Woche verlauten: "Uns steht ein holpriger Weg bevor".

Dieser Weg ist mit einer grossen Portion Unsicherheiten gepflastert. Denn an der Börse ist die Aktie der UBS seit der Zwangshochzeit bestenfalls Mittelmass. Mit einem Plus von rund 7 Prozent hat die Aktie der UBS in den letzten drei Monaten zwar etwa gleich gut abgeschnitten wie der Swiss Market Index und besser als die des Konkurrenten Julius Bär.

Entwicklung der UBS-Aktie seit Jahresbeginn 2023.

Entwicklung der UBS-Aktie seit Jahresbeginn 2023.

Quelle: cash.ch

Auf internationalem Parkett sieht der Performance-Vergleich etwas weniger schmeichelhaft aus - und der Vergleich relativiert die "Besser-denn-je-Aussichten" von Ermotti. Zwar sei die europäische Konkurrenz weniger gut geeignet für Vergleiche mit der UBS, da es sich bei den Instituten um klassische Kreditbanken und keine Vermögensverwalter handle, schreibt Vontobel-Analyst Andreas Venditti, der ein “Kaufen”-Rating auf der UBS-Aktie hat, auf cash-Anfrage.

Dennoch haben einige europäische Banken ein vergleichbares Modell. Laut dem europäischen Bankenindex von Bloomberg hat die Aktie der italienischen Mediobanca in den letzten drei Monaten 27 Prozent zugelegt, Unicredit aus Mailand deren 22 Prozent, die niederländische Grossbank ING 16 Prozent, die britische HSBC und die deutsche Commerzbank je plus 12 Prozent, die französischen Institute Société Générale und BNP Paribas je plus 11 Prozent. In diesem Index steht die UBS mit der Performance von 7 Prozent auf Platz 28 von 42 Mitgliedern seit dem Schlusskurs vom 17. März, dem Wochenende vor der Übernahme.

Auch in den USA haben die Aktien von JP Morgan und Goldman Sachs in den letzten drei Monaten mit 13 und 10 Prozent besser abgeschnitten als die UBS. Einzig Morgan Stanley und Bank of America (je plus 5 Prozent) blieben leicht hinter der UBS zurück.

Weshalb bleiben die Investoren bei der UBS-Aktie zurückhaltend? Bei einem Bankenkoloss, der mit einer Bilanzsumme von 1,6 Billionen Dollar und verwalteten Vermögen von über 5 Billionen Dollar künftig saftige Gewinne abzuwerfen verspricht? Die naheliegendste Antwort: Übernahmen und Integrationen bringen immer Unsicherheiten und sind für Firmen potenzielle Minenfelder.

Grösstes Minenfeld für die UBS ist das Investmentbanking der Credit Suisse

Aktien von Konzernen, die grosse Übernahmen stemmen, reagieren nicht selten mit teils lange andauernden Kursabschlägen. Der Investoren-Argwohn bei der UBS/Credit Suisse wird dadurch gesteigert, da es sich um keine Wunschhochzeit handelte. Das Erbe der CS bringt viele Unabwägbarkeiten, etwa mögliche Strafen aus früheren, juristisch noch unabgeschlossenen Skandalen der Bank.

Das grösste Minenfeld für die UBS ist das Investmentbanking der Credit Suisse, es zählte im März 17’000 Mitarbeiter. Im Zentrum stehen mögliche Wertberichtigungen, welche teuer zu stehen kommen könnten: “Den Wertberichtigungen für die Investment Banking Assets der Credit Suisse sind Unsicherheiten zuzuordnen”, schreibt Bankenanalyst Roland Pfänder von Oddo Bhf auf cash-Anfrage. Die grosse Frage sei, wie hoch die finalen Wertberichtigungen ausfallen, so Pfänder.

Die Rating-Agentur S&P Global beliess kürzlich ihre Ratings der UBS nach dem Vollzug der CS-Akquisition auf “negativ” mit Verweis auf die Ausführungsrisiken der Integration und Restrukturierung der Credit Suisse. Insbesondere erwähnt wurde dabei der geplante Abbau eines grossen Teils der Investmentbanking-Aktivitäten der Credit Suisse.

Wie viele Gelder ziehen Kunden aus der UBS-Vermögensverwaltung ab?

Um die Vermögensverwaltung, dem Herzstück der UBS, ranken sich ebenfalls viele Fragen, und “möglicherweise bestehen Unsicherheiten, was die Entwicklung der verwalteten Vermögen betrifft: Bleiben die Credit-Suisse-Kunden der neuen UBS treu oder wandern Assets zu anderen Banken ab beziehungsweise wie viele?”, schreibt Bankenanalyst Roland Pfänder. Die Restrukturierungsaufwendungen würden auch wohl davon abhängig sein, wie viele Assets under Management und anderes Geschäft der Credit Suisse weitergeführt werden könne und solle.

Nicht unterschätzt werden darf auch der Bereich Asset Management, wo Gelder von Institutionellen Anlegern verwaltet werden. Um grosse Klumpenrisiken aufgrund von Produkteüberhang von UBS und Credit Suisse zu vermeiden, werden etwa Pensionskassen auf Drittanbieter ausweichen (müssen). Hier werden Milliardensummen aus der kombinierten Bank abfliessen. 

Antworten auf die Fragen und Unsicherheiten der Investoren wird die UBS wohl erst anlässlich der Veröffentlichung der Zweitquartalszahlen geben. Dieser Termin wurde von der Bank kürzlich auf den 31. August verschoben.

22 von Bloomberg erfasste Analysten, welche sich in den letzten drei Monaten zur UBS-Aktie geäussert haben, sehen die Aktie der Grossbank in zwölf Monaten im Schnitt bei 21,20 Franken. Das liegt etwa 15 Prozent höher als die derzeitige Notierung. Viele Investoren wären damit angesichts der Mammutaufgabe der UBS sicher schon einmal zufrieden.