Nach einem starken Januar steht die Schweizer Börse wieder dort, wo sie Anfang Dezember gestanden hatte. Gemessen am Swiss Market Index (SMI) sind die Kurse in diesem Jahr bereits knapp 7 Prozent gestiegen. Seit dem letzten Tiefpunkt kurz nach Weihnachten beträgt das Plus sogar mehr als 10 Prozent.
Diese Rückkehr an die Schwelle zu 9000 Punkten ging so schnell vonstatten, dass von einer V-förmigen Erholung die Rede ist. Mit anderen Worten, der Leitindex ist so rasch gestiegen, wie er zuvor gefallen war. Geht diese Erholung nun in gleichem Tempo weiter?
V-Erholung: Der SMI im Verlauf der letzten zwölf Monate (Quelle: cash.ch)
Blicken wir zuerst ein Jahr zurück: Anfang Februar 2018 stand der Swiss Market Index (SMI) nur unwesentlich höher als heute, bei 9100 Punkten. Der grosse Unterschied zur Situation vor Jahresfrist ist der eingetrübte Ausblick, den viele Anlageexperten mittlerweile eingenommen haben.
Starke Unternehmenszahlen, niedrige Zinsen und ein intaktes wirtschaftliches Umfeld sollten die Aktienmärkte auch 2018 unterstützen. Doch es kam bekanntlich anders: Die Volatilität kehrte in überraschendem Ausmass an die Märkte zurück. Entgegen vieler Prognosen sank der SMI im Jahresverlauf bis auf 8139 Punkte. Genauso wie dieser Absturz wohl zu heftig ausfiel, dürfte auch die aktuelle Gegenbewegung nicht von langer Dauer sein.
Nachlassende Dynamik
Denn inzwischen hat sich vielerorts die Meinung durchgesetzt, dass die weltweite Konjunkturdynamik nachlässt. In besonderem Ausmass zeigt sich das in China und in Europa. Der chinesische Einkaufsmanagerindex für die Industrie verharrte zuletzt unter der kritischen Schwelle von 50, die Wachstum signalisiert. Einerseits drückt der Handelsstreit mit den USA auf den Auftragseingang chinesischer Firmen. Andererseits schwächelt auch die Binnenkonjunktur. Im Zollstreit müssen beide Seiten bis Ende Februar eine Einigung erreichen, weil ab März verschärfte US-Strafzölle auf chinesische Einfuhren in die USA gelten. Keine dauerhafte Lösung wird an der Börse bestimmt nochmals für eine Negativreaktion sorgen.
In Europa häufen sich gerade die Negativmeldungen zur Konjunktur. Die Wirtschaftsstimmung in der Euro-Zone hat sich laut Münchner Ifo-Institut deutlich verschlechtert und Italien – die drittgrösste Volkswirtschaft der Euro-Zone – ist zum Jahresende sogar in eine Rezession gerutscht. Auch Deutschland stellt sich auf weniger rosige Zeiten ein. Die dortige Regierung hat unlängst ihre Wachstumsprognose für das laufende Jahr von 1,8 auf 1 Prozent gesenkt.
Mit ihrer zunehmenden Nervosität gegen Jahresende haben die Aktienmärkte also wieder einmal eine Abschwächung der Konjunktur antizipiert. Mittlerweile haben sich aber auch einige Ergebnisenttäuschungen von Unternehmen hinzugesellt. Aus Schweizer Sicht besonders wichtig waren die Jahreszahlen der beiden Pharma-Schwergewichte. Während Novartis mit vorsichtigen Zielvorgaben für Ernüchterung unter Anlegern sorgte, waren die Roche-Titel nach starkem Ergebnis und zuversichtlichem Ausblick gesucht.
Auch der Uhrenhersteller Swatch konnte die ohnehin nicht allzu hohen Markterwartungen erfüllen und wurde an der Börse abgestraft. Ganz zu schweigen von mehreren kleinen und mittelgrossen Unternehmen, die auf schwierige Geschäfte im Schlussquartal 2018 zurückblicken und folglich ihre selbst gesteckten Ziele nicht erreichen werden.
Tiefere Gewinne erwartet
Analysten haben bereits ihre Schätzungen für die im vierten Quartal erzielten Unternehmensgewinne reduziert. Sie rechnen damit, dass die Gewinne der im europäischen Index Stoxx 600 gelisteten Konzerne im Schnitt um sechs Prozent gestiegen sind. Das wäre nicht einmal die Hälfte des Zuwachses im Schlussquartal 2017.
Für den weiteren Verlauf des SMI ist insbesondere das Zahlenset von Nestlé am 14. Februar wichtig. Der Nahrungsmittelhersteller ist aufgrund seiner Grösse für knapp 18 Prozent der SMI-Performance verantwortlich. Daneben dürfte die Zahlensaison kaum mehr für viel Kursfantasie sorgen (cash berichtete)
Im Gegensatz zur Konjunkturabkühlung und zum schwächeren Gewinnwachstum der Unternehmen sorgt die amerikanische Notenbank mit ihrem Zwischenstopp bei den Zinserhöhungen für Erleichterung bei Anlegern. Ob das allerdings reicht, um den Börsen nachhaltig Luft zu verschaffen.
Grosse Investoren wie die Zürcher Kantonalbank (ZKB) haben jedenfalls eben erst ihre Aktienquote reduziert. Die ZKB sieht den SMI in einem mittelfristigen Abwärtstrend. Die UBS erachtet einen Tagesschlusskurs von 9027 Punkten als entscheidend. Steigt der Leitindex darüber, sind 9175 Punkte das nächste Ziel. Schafft er diese Hürde nicht, warte erst bei 8854 Punkten wieder eine Unterstützung, wie die UBS in einer tagesaktuellen Chartanalyse schreibt.
Auch der Blick etwas weiter zurück zeigt, dass der SMI seit längerem seitwärts tendiert. Mit wenigen Ausreissern bewegen sich die Kurse seit rund anderthalb Jahren in einem Korridor zwischen 8700 und 9200 Punkten. Die Dynamik fehlt also schon seit geraumer Zeit. Und wenig deutet darauf hin, dass sich daran bald etwas ändert. Auf SMI-Anleger dürften vielmehr weitere Kursbuckel warten.