Die Credit Suisse nimmt bei der Schweizerischen Nationalbank (SNB) Kredite im Volumen bis zu 50 Milliarden Franken auf und wird damit zur ersten global systemrelevanten Bank seit der Finanzkrise, die massgeschneiderte Hilfe erhält. 

Mit der Intervention konnte die Abwärtsspirale an den Finanzmärkten zwar erstmal gebrochen werden. Doch Experten sind nicht überzeugt, dass das Institut damit aus dem Schneider ist. "Der Ausgang ist völlig ungewiss", erklärt Hans-Peter Burghof, Bankenprofessor an der Universität Hohenheim. Im Folgenden ein Überblick über mögliche weitere Entwicklungen:

Weiter wie bisher

Die Credit Suisse ist mit insgesamt über 50'000 Mitarbeitern einer der weltgrössten Vermögensverwalter. Vertrauen in die Stabilität des Instituts ist entscheidend für den Geschäftserfolg. Nach Jahren der Fehlschläge und Skandale erodierte dieses Vertrauen zuletzt aber. Alleine im vierten Quartal zogen Anleger über 110 Milliarden Franken ab. Zwischenzeitlich ebbten die Abflüsse zwar markant ab.

Mit der Unsicherheit um ein Überschwappen der von der amerikanischen Silicon Valley Bank ausgehenden Krise griff erneut Verunsicherung um sich. Um mögliche Geldabzugs-Aufträge von Kunden umsetzen zu können, zapft Credit Suisse nun tranchenweise die SNB-Gelder an. Zudem hofft die Bank, dass mit der Unterstützung der Notenbank Ruhe einkehrt und sie sich wieder dem laufenden Konzernumbau zuwenden kann. Dieser soll die Credit Suisse ab 2024 in die schwarzen Zahlen zurückbringen. Allerdings ist die komplizierte Operation angesichts der Marktverwerfungen nun noch schwieriger geworden.

Übernahme

"Unseres Erachtens nach ist der Status quo keine Option mehr," sagt JP Morgan-Analyst Kian Abouhossein. Dafür seien die Zweifel der Geschäftspartner inzwischen zu gross geworden. Er hält eine Übernahme durch den Erzrivalen UBS für die wahrscheinlichste Option. Allerdings hat die grösste Schweizer Bank wiederholt klargemacht, dass sie die Credit Suisse nicht kaufen will, zuletzt am Mittwoch.

Den Banken-Riesen von der Wallstreet, die sich die Credit Suisse mit ihrem Börsenwert von noch rund acht Milliarden Franken locker leisten könnten, dürfte das Risiko zu gross sein. Wieviel im Feuer ist, zeigt das Ergebnis 2022. Die Kosten für die Sanierung und der Kollaps der Erträge im Investmentbanking brockten dem Konzern einen Verlust von 7,3 Milliarden Franken ein.

Als europäischer Käufer kommt etwa die französischen BNP Paribas in Frage. Für die Deutsche Bank wäre Credit Suisse wohl ein attraktives Ziel. Trotz der Stabilisierung in den vergangenen Jahren wäre die Übernahme für die Frankfurter aber ein Herkulesakt. "Die Tage einer unabhängigen Credit Suisse sind gezählt", meint auch Stephan Sola, Manager des Plutos Schweiz Fonds.

Teilverkäufe

Die Liquiditätsspritze der SNB dürfte die Credit Suisse kurzfristig entlasten. Aber das grundlegende Problem der schwachen Geschäftsergebnisse ist nach Einschätzung von KBW-Analyst Thomas Hallett nicht ausgeräumt. Er hält eine Aufspaltung der Bank für die wahrscheinlichste Lösung.

Am meisten abwerfen würde seiner Meinung nach das Schweizer Geschäft mit einem Wert 12,4 Milliarden Franken. Dieser Bereich könnte an einen anderen Finanzkonzern verkauft oder an die Börse gebracht werden. Ein grosser Teil der Vorbereitungen für einen IPO hat Credit Suisse bereits vor Jahren gemacht.

Auch das Asset Management und die Vermögensverwaltung für Reiche und Superreiche sind Verkaufskandidaten. Die Vermögensverwaltung, der Hallett einen Wert von 9,5 Milliarden Franken beimisst, würde Experten zufolge gut zur Schweizer Privatbank Julius Bär passen.

Staatshilfe

Eine Übernahme oder Teilverkäufe haben den Nachteil, dass die Vorbereitungen wohl Monate in Anspruch nehmen. Reichen die 50 Milliarden Franken der SNB nicht aus, um die Lage schnell zu stabilisieren, könnten nach Ansicht von Analysten Staatshilfen zum Thema werden.

Denkbar wären etwa eine volle Einlagengarantie der Notenbank, eine Aktienbeteiligung des Staates oder eine Übernahme von Vermögenswerten durch die SNB. Mit einem solchen Programm hatte die Schweiz die UBS 2008 gerettet und sich damit Applaus von Experten geholt. Insidern zufolge nimmt der Druck auf die Regierung in Bern zu, etwas zu unternehmen. Denn Kollegen in anderen Hauptstädten sehen Bern in der Verantwortung, den Ausbruch einer weltweiten Finanzkrise zu verhindern. Medienberichten zufolge findet am heutigen Donnerstag eine Notfallsitzung des Bundesrats zur Credit Suisse statt.

(Reuters)